Erste Ansage von Babler als SPÖ-Chef: Mehr Macht für Mitglieder
Die Möglichkeit einer Siegerrede wurde Andreas Babler am Parteitag genommen. Jetzt konnte er sie nachreichen: Gestern wollte Babler die Wahl noch nicht annehmen und bat die Kommission, das Ergebnis noch einmal nachzuzählen. Das ist nun unter Aufsicht eines Notars geschehen, der neue Vorsitzende heißt Andreas Babler - und nicht, wie am Parteitag verkündet, Hans Peter Doskozil.
Zum ersten Mal wurde Babler also als SPÖ-Parteivorsitzender angekündigt und sprach in seiner neuen Funktion zwar nicht vor den Delegierten am Parteitag, aber dafür im Parlament vor den Fernsehkameras. Zuerst entschuldigt er sich für „das Versagen des Apparates“ und zeichnet dann ein fatales Bild seiner eigenen Partei: „Die SPÖ liegt gerade ziemlich am Boden. Mich würde es nicht wundern, wenn wir noch weiter in den Umfragen abrutschen.“
Mehr innerparteiliche Demokratie
Geht es nach Babler, sollen die SPÖ-Mitglieder künftig nicht nur direkt über den Vorsitz abstimmen dürfen, sondern auch über mögliche Koalitionsabkommen. Eine entsprechende Regelung gibt es bereits bei der deutschen Schwesterpartei SPD. Babler will auch den nächsten ordentlichen SPÖ-Bundesparteitag, der planmäßig erst 2024 anstünde, auf den Herbst 2023 vorverlegen.
Die Ausgangslage ist für Bablers Antritt denkbar ungünstig. „Natürlich hätte ich mir gewünscht, mein Amt unter anderen Bedingungen anzutreten,“ räumt der Traiskirchner Bürgermeister ein. Er kann seinen in vielerlei Hinsicht überraschenden Wahlsieg nun kaum feiern und muss sich um Schadensbegrenzung sowohl innerhalb der Partei als auch in der Außenwahrnehmung bemühen.
„Ich habe als Vorsitzender kandidiert, um der Partei Einigkeit, Stolz und Würde zurückzugeben,“ so Babler. Das dürfte jedoch schwierig werden, denn: In der Partei regieren Wut und Enttäuschung über „die Unfähigkeit und diesen Dilettantismus", wie ein Funktionär aus Niederösterreich es ausdrückt. „Ich bin gern der böse Klassenkämpfer, vor dem sich alle fürchten. Aber das Bild, das wir jetzt abgeben, ist nur mehr peinlich“, sagt ein Gewerkschafter zu profil.
Babler gab anschließend auch einen kurzen Ausblick auf die künftige sozialpolitische Linie der SPÖ. Er sprach die Kündigungen bei Kika/Leiner an: Wie heute bekannt wurde, verlieren 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job. „In einer sozialdemokratischen Welt sind die Menschen keine Bittsteller, sie haben Rechte. Wir haben viel zu tun, bei der Teuerung, der Arbeitszeitverkürzung und beim Kampf gegen Kinderarmut,“ so Babler.
Der neue Parteivorsitzende muss nun schnell ein Personalpaket vorlegen, das es allen Lagern der Partei recht macht: Er braucht einen neuen Bundesgeschäftsführer und einen Klubchef.
Hans Peter Doskozil hatte indes schon gestern angekündigt, dass das Kapitel Bundespolitik hiermit für ihn abgeschlossen sei. Der Doch-nicht-Parteichef trat dabei als fairer Verlierer auf, gratulierte Babler zum Sieg und sagte: „Man muss Parteiinteressen über Einzelinteressen stellen.“ Seine eigenen Einzelinteressen - den Parteivorsitz und das Bundeskanzleramt - legte er nach Jahren der Querschüsse ad acta.