Österreich

EU-Wahl: Die Stunde der Fernsehköchinnen, Skitrainer und Kaiserenkel

Spitzenkandidaten dringend gesucht, dieses Motto gilt für mehrere Parteien für die Europawahl im Juni. Das passt zur seltsamen Geschichte der EU-Wahl in Österreich: Bei keinem anderen Urnengang tummeln sich derart viele Prominente, Skurrilos und Politlaien.

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Ein großes Griss herrscht nicht gerade um die Poleposition für die Wahl zum Europäischen Parlament im Juni: Klimaministerin Leonore Gewessler wollte nicht, die Grünen mussten deshalb peinlicherweise ihren Wahlkongress verschieben. Auch die ÖVP holte sich mehrere Neins ab, von Europa-Ministerin Karoline Edtstadler genauso wie von Außenminister Alexander Schallenberg und von Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm.

Damit gingen gleich beide Regierungsparteien ohne Spitzenkandidatin oder Spitzenkandidaten für die EU-Wahl ins Superwahljahr 2024.

Einfach die Nummer 1 der Europawahl 2019 für 2024 zu verlängern, wie das die SPÖ mit Andreas Schieder und die FPÖ mit Harald Vilimsky taten, kam für ÖVP und Grüne nicht infrage: Othmar Karas, schwarzer Langzeit-Europaabgeordneter, entfremdete sich zusehends von seiner Partei, las ihr harsch wegen Populismus die Leviten, tritt nicht mehr an und überlegt unter „OK“ eine eigene Kandidatur bei der Nationalratswahl. Und Werner Kogler, der 2019 als EU-Spitzenmann der Grünen das Comeback aus der außerparlamentarischen Opposition einläutete, ist derzeit als Vizekanzler und Parteichef anderweitig beschäftigt und steht nicht zur Verfügung. Immerhin bei den NEOS, die Europa zu ihrer DNA zählen, hat Helmut Brandstätter Interesse angemeldet, er muss sich wie alle 62 Kandidaten der Pinken einer offenen Vorwahl stellen.

Richtig enthusiastische Vorwahlstimmung für die wichtige Entscheidung um das Europaparlament sieht aber anders aus, dabei wäre das gerade in Österreich mehr als notwendig: Liegt das Land doch laut Eurobarometer auf dem beschämenden letzten Platz bei der Zustimmung zur EU.

Seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 konkurrierte Österreich mit Großbritannien um die mieseste Europastimmung – nach dem Brexit ist Österreich unangefochten Schlusslicht.

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin