"Der Euro hat keine Chance mehr“

Interview. Hans-Olaf Henkel über eine Zweiteilung der Währungsunion

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Interview: Christina Hiptmayr

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Einst waren Sie glühender Befürworter des Euro, nun machen Sie sich für eine Teilung der Eurozone stark. Warum?
Henkel: Ich sehe für den Einheits-Euro keine Chance mehr, es sei denn zulasten der Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Kontinents. Die Versprechen der Politik - nämlich den Euro zu stabilisieren und zu verhindern, dass nach der Rettung Griechenlands andere Länder in Schwierigkeiten geraten - sind nicht aufgegangen. Wir laufen mit großer Geschwindigkeit von einer Währungsunion in eine Transferunion, in der wir wahrscheinlich einen neuen Schutzschirm nach dem anderen aufspannen müssen.

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Und mit Ihrem Vorschlag könnte man sich aller aktuellen Probleme entledigen?
Henkel: Der Weg dorthin ist grundsätzlich nicht einfach. Aber ich halte es für unverantwortlich zu behaupten, man habe einen eleganten Ausweg aus der Misere gefunden. Noch unverantwortlicher ist es allerdings zu behaupten, es gebe keine Alternative zum derzeitigen Kurs. Wir haben im Euroraum zwei unterschiedliche Wirtschaftssysteme: Im Norden wird auf Haushaltsdisziplin und geringe Inflation Wert gelegt, im Süden war man gewohnt, die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten, indem man Abwertung sowie eine höhere Inflation und höhere Zinsen zuließ. Diese Unterschiede müssen in einer Währung reflektiert werden.

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Was schwebt Ihnen konkret vor?
Henkel: Ich schlage vor, dass vier oder fünf Länder gemeinsam den derzeitigen Euroverbund verlassen, um eine eigene neue Währung zu gründen. Der alte Euro bleibt unter französischer Führung weiterhin bestehen, und zusätzlich gibt es dann den "Nord-Euro“, so will ich ihn mal nennen, unter der Führung der Bundesbank.

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Welche Länder sollen unter diesem "Nord-Euro“ Platz finden?
Henkel: Das wären jene Länder, denen zukünftig die Rolle der Geberländer zufällt, also Deutschland, Österreich, Finnland, die Niederlande und wahrscheinlich auch Estland.

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Welche Vorteile hätte dieses Konstrukt?
Henkel: Die Länder des "Nord-Euro“ hätten mit weniger Inflation zu kämpfen und müssten nicht für mangelnde fiskalische Disziplin anderer mithaften. Die Südländer hätten mit einem abgewerteten Euro wieder eine Chance zu wachsen. Im Augenblick sehen wir ja, dass diese Länder sich buchstäblich zu Tode sparen. Anstatt zu sinken, schwillt das Defizit an, die Arbeitslosigkeit steigt, die Anzahl der Unternehmen schrumpft, und die Steuerbasis sinkt. Ohne eine Zweiteilung, so wie ich sie vorschlage, werden die Probleme Griechenlands, Portugals, Spaniens, ja auch Italiens nicht mehr zu lösen sein. Ohne eine Währung, die den real existierenden Wirtschafts- und Finanzkulturen in Europa entspricht, werden wir das nie wieder hinkriegen. Man muss ja auch aus der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre lernen. Ich für meinen Teil habe gelernt, dass ein Einheitszins in unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen keinen Sinn ergibt. In Deutschland etwa ist er derzeit viel zu niedrig, in Spanien zu hoch.

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Eine Abwertung des "Süd-Euros“ würde vermutlich zu einem Sturm auf die Banken führen.
Henkel: Um das zu verhindern, muss frühzeitig ein Wechselkurs festgelegt werden, damit hätte man sofort unterschiedliche Zinssätze. Die Griechen und Portugiesen würden gar nicht auf die Idee kommen, ihr Geld in "Nord-Euros“ anzulegen, denn da würden sie weniger Zinsen bekommen als bei ihren eigenen Banken.

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Die Exportwirtschaft der Nordländer dürfte über eine aufgewertete Währung auch nicht begeistert sein.
Henkel: Natürlich wird es nicht leicht für die exportierende Wirtschaft, aber dafür hat man auch eine geringere Inflation. Und man darf nicht vergessen, dass etwa Österreich und auch Deutschland in den vergangenen Jahren sehr viel mehr importiert haben und dass immer mehr Vorleistungen der Exporte zuvor importiert werden müssen. Zudem wirkt sich eine Senkung der Importkosten positiv auf die Kaufkraft aus.