Ewald Nowotny und die Hypo: Flottes Finale
Bad Bank? Anstaltslösung? Gesellschaftslösung? So kreativ die Task-Force der Hypo Alpe-Adria bei der Namensgebung ihrer diversen Modelle auch war, es ging immer nur um eine Sondermülldeponie für die faulen Kredite der republikeigenen Bank und schlussendlich um den niedrigsten Preis für den Steuerzahler.
Eines kam für Ewald Nowotny, der die Taskforce seit dem Rückzug von Klaus Liebscher vor zwei Wochen leitete, nie in Frage: eine Dead Bank.
Konsequenterweise spielt die Insolvenz der Hypo im Papier der Task Force nur eine untergeordnete Rolle. Zuletzt wurde eine Variante präferiert, die, wenn alles glatt geht, bis Ende des Monats politisch stehen wird. Die Südosteuropa-Töchter sollen in einer noch zu gründenden Gesellschaft des Bundes gebündelt werden, welche diese auch veräußern wird. Damit blieben die nicht werthaltigen Assets unter dem Dach der Hypo Bank International, die somit zur Bad Bank würde. So oder so: Die Staatsverschuldung wird sich in jedem Fall erhöhen, schlimmstenfalls um einen zweistelligen Milliardenbetrag, das Maastricht relevante Budgetdefizit bliebe aber unter der zulässigen Drei-Prozent-Grenze des BIP.
In den vergangenen zwei Wochen ging es also, gemessen am Schlendrian seit 2009, vergleichsweise flott.
Die Notenbank kann weder ein Management noch einen Eigentümer ersetzen, verteidigte sich Ewald Nowotny jüngst im profil-Interview gegenüber dem Vorhalt, er habe nicht genug Druck für eine Lösung gemacht.
Das kann man so streng sehen. Muss man aber nicht.
Bei OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny liefen seit der Notverstaatlichung des Instituts 2009 alle Fäden zusammen, er war mit allen Seiten Finanzministerium, Kanzleramt, Vorstand der Bank, Aufsichtsrat, Fimbag, auch der Taskforce im ständigen Gespräch. Es war also nicht so, dass er untätig gewesen wäre. Auch machte er nie einen Hehl aus seiner Meinung, wonach die Hypo ordnungsgemäß abgewickelt werden sollte; doch gesteigerten Ehrgeiz, eine rasche Lösung vehement einzumahnen, entwickelte er nicht.
Übereinstimmend wird von konservativer wie von sozialdemokratischer Seite erzählt, Nowotny habe, wann immer es in Sachen Hypo Gesprächsbedarf gegeben habe, sofort einen Termin freigeschaufelt, habe aufmerksam zugehört, sei immer vorbereitet und in die Materie bestens eingelesen gewesen; wie hart diese Verbindlichkeit an der Konfliktscheue schrammte, lässt sich daran ablesen, dass er jedes Konzept, das ihm vorgelegt wurde, wohlwollend zur Kenntnis genommen haben soll. Was insofern überrascht, gab es doch vor allem zuletzt eine beachtliche Bandbreite an Ideen.
Nowotny trat am 1. September 2008 das Amt des Notenbank-Gouverneurs an, kurz vor Ausbruch der Finanzkrise. Im November schnürte die Regierung ein Bankenhilfspaket. Als am 15. Dezember 2008 durchsickerte, die Hypo habe um Staatshilfe angesucht, war hinter den Kulissen zwischen Europäischer Zentralbank, den staatlichen Notenbanken und den europäischen Regierungen längst paktiert, dass in Europa keine systemrelevante Bank in die Pleite geschickt würde. Nowotny, EZB-Ratsmitglied, war daran gebunden. Die Hypo war vor allem wegen ihres Engagements in Südosteuropa sys-temrelevant und erhielt letztlich auch deshalb staatliches Partizipationskapital. Not distressed, also grundsätzlich gesund, attestierten die OeNB-Prüfer, wiewohl den OeNB-Spitzen klar war, dass die Hypo in gravierenden Schwierigkeiten steckte. Diese Entscheidung basierte auf Annahmen, die so nie eintreten sollten: Weder stand die Konzernmutter der Hypo, die Bayerische Landesbank (BLB), auf strammen Beinen, noch spielte die Bank 2009 die vom Management prophezeiten Gewinne ein, noch erholte sich die Konjunktur. Es ist bezeichnend für die Absicherungspolitik der Notenbank, dass das Haus daher fünf Monate später sein Urteil revidierte: Hätte die Bayerische Landesbank nicht 700 Millionen Euro frisches Kapital zugeführt, wäre das Klagenfurter Bankhaus als distressed zu benoten gewesen wäre, hieß es nun.
Nowotny sollte sich erst im Dezember bei den Verstaatlichungsverhandlungen wieder einschalten. Seite an Seite mit der ÖVP und unterstützt von Jean-Claude Trichet, dem damaligen Chef der Europäi-schen Zentralbank, überzeugte er die SPÖ, das Institut der Republik zu überantworten. Für seine Verhältnisse fand Nowotny damals durchaus deutliche Worte: Diese Lösung ist zweifellos im Interesse Österreichs, da eine Insolvenz mit deutlich höheren Kosten für den Steuerzahler verbunden gewesen wäre. An die Adresse Münchens: Das Verhalten der BayernLB ist scharf zu kritisieren. Und schon damals brachte er eine Bad Bank ins Spiel: Der werthaltige Teil, der gesunde Kern, gehört weitergeführt, aber andere Teile können nicht fortgeführt werden.
Dann freilich war Funkstille, obwohl es durchaus gute Gründe für den Notenbanker gegeben hätte, sich zu Wort zu melden: 2011, als das Hypo-Management dem Finanzressort, der Notenbank und dem Hypo-Aufsichtsrat ein durchgerechnetes Bad-Bank-Modell vorlegte; 2012, als klar war, dass die Hypo erneut frisches Geld brauchte; 2013, als die EU dem Finanzministerium wegen Untätigkeit die Schließung des Instituts in Aussicht stellte.
Nun mag die Notenbank Papier produziert haben, um Umstrukturierungskos-ten zu berechnen; Nowotny mag zahlreiche Versuche gestartet haben, um Maria Fekter zum Handeln zu bewegen. Tatsache ist: Passiert ist nichts.
Wir fanden keine Beachtung, sagt er heute. Offen ist freilich, ob in diesen Unterredungen Klartext gesprochen wurde. In den Sitzungen der Taskforce noch unter Klaus Liebscher sei das Problem Hypo eher im Konjunktiv debattiert worden, konkrete Vorschläge wären nicht auf den Tisch gekommen, erinnert sich ein Sitzungsteilnehmer. Und da saß Nowotny immerhin am Tisch.
Wirklich in die Gänge kam der Gouverneur erst wieder im November des Vorjahres. Das Finanzministerium hatte noch unter Maria Fekters Verantwortung Insolvenz-Szenarien erheben lassen. Ein Konkurs der Hypo ist auszuschließen, stellte Nowotny öffentlich klar und konterte mit Berechnungen, wonach eine ungeordnete Abwicklung der Hypo einen volkswirtschaftlichen Schaden von jedenfalls 26 Milliarden Euro nach sich ziehe. Worauf dieses Schock-Szenario basierte, blieb offen. Doch einmal in Schwung, mahnte Nowotny nun zur Eile: Wir brauchen eine rasche Lösung noch in diesem Quartal. Je länger wir das verschieben, umso teurer wird es, betonte er im Jänner.
Eine Feststellung, die so deutlich schon früher hätte getroffen werden müssen.