Österreich

Ex-Wochenblick-Mitarbeiter heuert bei exxpress von Richard Schmitt an

Das neue Onlinemedium exxpress verspricht „gehobenen Boulevard“ mit „bürgerlich-mittiger“ Ausrichtung. Doch einer der Redakteure schrieb in früheren Storys von einer „Zombie-Apokalypse“, von vertuschten Flüchtlingswellen und dem „Imperium der Globalisten“.

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Zum Start jedes neuen Mediums steht immer dasselbe Versprechen: Das Projekt werde besser und aktueller als alles, was der Medienmarkt bisher gesehen hat. Da ist das neue Onlinemedium „exxpress“ keine Ausnahme, es soll in den nächsten Tagen starten. Geleitet wird es von Richard Schmitt, einst Onlinechef von „Krone“ und von ö24, finanziert wird es unter anderem von der Juristin Eva Schütz-Hieblinger. Weil Schütz-Hieblinger unter Türkis-Blau im Kabinett von ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger arbeitete und weil ihr Mann auf der Spenderliste der ÖVP zu finden war, wird viel über eine türkise Schlagseite von „exxpress“ gemunkelt. Schmitt wiederum stand bisher eher im Verdacht, ein gutes Verhältnis zu Heinz-Christian Strache zu pflegen – der Ex-FPÖ-Chef sagte über Schmitt im Ibiza-Video, er sei einer der besten Journalisten bei der „Krone“. Später wollten Strache und Schmitt ein Online-Medium gründen, dazu kam es nicht.
 

Nun macht Schmitt mit Schütz-Hieblinger gemeinsame Sache – er verspricht im Gespräch mit profil: „exxpress“ werde „gehobenen Boulevard“ liefern, die zukünftige Blattlinie beschreibt er als „bürgerlich-mittig“. Was das heißen soll? „Der Begriff ist überhaupt nicht schwammig. Wir sind weder rechts noch links, werden uns in der Mitte einer österreichischen Mehrheitsbevölkerung positionieren und dieser aus der Seele schreiben.“ Eine Million Euro stehen dafür pro Jahr zur Verfügung, 150 „Exklusiv-Artikel sind bereits für die nächsten Wochen vorbereitet“, sagt Schmitt. Mehrheitseigentümerin Schütz-Hieblinger selbst versuchte ihre ÖVP-Nähe in einem Interview zu relativieren: In ihrer Jugend habe sie die Grünen gewählt.

Gegen eine mittige Positionierung von „exxpress“ spricht allerdings die Personalauswahl: Das Medium, das in den nächsten Tagen online gehen soll, verstärkte sich ausgerechnet mit einem ehemaligen Mitarbeiter des „Wochenblick“; einem FPÖ-nahen Blatt, das am rechten Rand positioniert ist, Verschwörungstheorien und Angstmache inklusive. Beim „Wochenblick“ tobte sich der nunmehrige „exxpress“-Mitarbeiter ordentlich aus: „Der große Wirtschafts-Crash kommt. Ein tödliches Virus breitet sich über den Erdball aus. Die ‚Zombie-Apokalypse‘ scheint nahe“, schrieb er im Februar des Vorjahres im „Wochenblick“. Und zwei Monate später: „Der Euro ist gescheitert. Für die Gemeinschaftswährung sind die Stunden bereits gezählt – da sind sich die Experten einig.“ Das Ende der Währungsunion blieb aus, die „Zombie-Apokalypse“, was immer das sein soll, ebenso.

Der Autor der vermeintlichen Prophezeiungen heißt René Rabeder, bis zum Vorjahr war er Chef vom Dienst beim „Wochenblick“. Im Vorfeld der Wien-Wahl 2020 versuchte er beim Team HC Strache anzudocken – allerdings erfolglos. Das erzählen mehrere ehemalige Strache-Parteifunktionäre gegenüber profil. Nun heuerte Rabeder bei „exxpress“ an, wie er profil am Telefon bestätigt. Als einer von neun Redakteuren. Bemerkenswert: Rabeders Texte im „Wochenblick“ lesen sich passagenweise wie Presseaussendungen der Freiheitlichen. Er argumentierte, die rechtsextreme Identitäre Bewegung sei gar nicht als rechtsextrem zu klassifizieren, hegte Sympathien für private Milizen in den USA, die im Falle einer Amtsenthebung von Ex-Präsident Donald Trump zum Bürgerkrieg bereit wären, warnte vor den Nationalratswahlen 2019 davor, dass eine neue Flüchtlingswelle vertuscht werde, zürnte gegen das „Imperium der Globalisten“ und bezeichnete Fernsehserien wie den „Tatort“ als  „reine ‚Umerziehungsformate‘ für Erwachsene, in denen immer wieder das Bild der ‚Gewalt von rechts‘ und die heilsbringenden Vorteile einer offenen ‚Multi-Kulti‘-Gesellschaft gezeichnet werden“.

Ob Rabeder bei seinem neuen Arbeitgeber ähnlich brachial formulieren darf, ist offen. Ebenso die Frage, ob und wie sehr „exxpress“ Partei ergreifen wird. Dazu „exxpress“-Chef Schmitt: „Ich habe mir seine Texte angesehen, die sind bürgerlich-mittig.“ Neben Rabeder wurden Ex-Redakteure der Krone, von Ö24 und der „Wiener Zeitung“ verpflichtet. Und: Der Wirtschaftskolumnist Christian Ortner.

Fest steht: Parteiische Online-Medien sind im Vormarsch. Trendsetter war – wie so oft – die FPÖ, die für ihre Sympathisanten eine digitale Parallelrealität zimmerte. Später zog die SPÖ mit mehreren Blogprojekten nach. Die ÖVP setzte in den Social Media bisher auf die Strahlkraft ihres Spitzenpersonals – doch seit drei Wochen gibt auch der türkise Parlamentsklub einen Blog („Zur Sache“) heraus, der aussieht wie eine gewöhnliche Online-Zeitung. Die Seiten erzielen beachtliche Reichweitenerfolge.

Welche die erfolgreichsten parteiischen Medien in den Social Media sind, lesen Sie im aktuellen profil. Das E-Paper ist bereits hier verfügbar.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.