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Fatale Kombi: Wie Opioide und Alkohol gemeinsam töten

Die Zahl der Drogentoten in Österreich steigt. Mehr als 90 Prozent der Todesfälle sind auf Opioide zurückzuführen. Warum diese Zahl alarmierend ist und was man dagegen tun könnte.

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Die Zahlen zeigen einen besorgniserregenden Trend: Von 2018 bis 2022 ist die Anzahl der Menschen, die in Österreich an einer Überdosis starben, von 154 auf 248 gestiegen. Für die meisten war ein Opioid-Mischkonsum tödlich. Europaweit verlieren nur in Dänemark mehr Menschen aufgrund von Opioiden ihr Leben.  

Expert:innen zufolge spielt hier einerseits die Corona-Pandemie eine grundlegende Rolle: Sie hatte Auswirkungen auf die psychische Gesundheit vieler Menschen und ließ den Konsum von Psychopharmaka ansteigen. Diese enthalten oft Wirkstoffe, die zur Gruppe der Opioide gehören. Andererseits hat der Mischkonsum von Alkohol und anderen Substanzen zugenommen – eine oft fatale Kombi.

140.000 Benzos-Abhängige

In Österreich starben laut der Europäischen Drogen Agentur (EUDA) im Jahr 2022 92,4 Prozent der Drogenopfer an einer Opioid-Überdosis. Opioide sind psychoaktive, aus dem Milchsaft der Mohn-Pflanze hergestellte Substanzen. Sie enthalten hauptsächlich Morphin und Codein und haben eine schmerzlindernde Wirkung. Das wahrscheinlich bekannteste Opioid ist Heroin, auch Benzodiazepine oder Fentanyl gehören zu dieser Gruppe. 

Während Heroin primär am Schwarzmarkt gekauft wird, gelten beispielsweise Benzodiazepine (kurz: Benzos“) als Medikamente, die gegen psychische Erkrankungen wie Angststörungen verschrieben, aber auch oft missbraucht werden. Wie viele Österreicher:innen abhängig von Benzos sind, ist nicht genau erfasst, da ihr Verkaufspreis unter der Rezeptgebühr liegt und die Anzahl der verkauften Dosen nicht erhoben wird. Man schätzt diese Zahl allerdings auf zirka 140.000. 

Heroin gehört neben Cannabis, Kokain und Crack zu den am häufigsten genommenen Drogen. Aufgrund Österreichs geographischer Lage ist Heroin, das meist aus Afghanistan über den Westbalkan ins Land gelangt, eine beliebte Droge. Seitdem die Taliban in Afghanistan die Opiumproduktion im eigenen Land immer weiter zurückfährt, besteht in Österreich die Sorge, dieses Opioid könnte durch einen noch gefährlicheren Stoff – wie etwa Fentanyl – substituiert werden.

Fentanyl vorerst keine Gefahr in Österreich

Das vor allem aus US-Amerika bekannte Opiod Fentanyl hat dort bereits zu mehreren 100.000 Todesopfern geführt. Es wird vor allem als Schmerzmittel eingesetzt - in Österreich wird es allerdings selten verschrieben. Folglich gibt es hierzulande bisher nur vereinzelt Todesfälle durch eine Fentanyl-Überdosis.

Das bestätigt auch Daniel Lichtenegger, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität, im Gespräch mit profil. Im Blick behält man diese Zahlen trotzdem, sollte sich der Konsum hier verändern.

Hierzulande ist man zudem, so Lichtenegger, ausreichend mit Substitutionspräparaten ausgerüstet. Gefährlich wird es allerdings, wenn Suchtkranke diese Wirkstoffe, die vor allem in Form von Tabletten oder Pflastern verschrieben werden, missbräuchlich aufkochen und injizieren. warum?

Benzos-Alkohol-Cocktail

Opioidabhängigkeit ist  – abgesehen von Alkohol – Österreichs größtes Drogenproblem: Laut dem Gesundheitsministerium werden mehr als 80 Prozent aller Behandlungen von Personen mit Drogenproblemen aufgrund von Opioidabhängigkeiten durchgeführt. 

Besonders gefährlich werden Benzos oder Heroin, wenn sie in Kombination mit anderen Drogen wie Kokain oder mit Alkohol eingenommen werden. Diese Kombi führt auch zu den meisten Todesfällen, weil es durch den Mischkonsum zu Organversagen, etwa im Herzmuskel, oder zu Atemstörungen kommen kann. Der hohe Anteil der Opioide bei risikoreichen Drogen spiegelt sich auch in den Daten der drogenbezogenen Todesfälle wider, so das Gesundheitsministerium.

Verstärkte Zusammenarbeit notwendig

Diese Daten zeigen, dass sich das Bild tödlichen Drogenkonsums in Österreich verändert: Es ist nicht diese klassische Fokussierung, die wir vor 30 Jahren hatten, als die Leute den sogenannten goldenen Schuss hatten. Die meisten sterben heute an einer Kombination anderer Substanzen mit Opioiden“, so Gabriele Fischer, Leiterin der Drogenambulanz, Suchtforschung und -therapie Wien. 

Was es ihrer Meinung nach braucht? Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Hausärzt:innen, die die Opioide auch verschreiben dürfen, und Psychiater:innen, die Suchtkranke betreuen. Es kann nicht sein, dass abhängige Personen hoch dosierte Psychopharmaka einfach so in der Apotheke bekommen“, so Fischer. Da brauche es ein neues Konzept.

Rettende Nasensprays

Außerdem fordert Fischer mehr Nyxoid-Nasensprays im öffentlichen Raum. Diese Nasensprays können Personen mit einer Opioid-Überdosis das Leben retten. Seit März 2024 wird Nyxoid erstmals von der Österreichischen Gesundheitskasse verschrieben. Laut Fischer sollten etwa Polizist:innen stets Nyxoid mit sich tragen, um diese bei einem  Überdosis-Verdacht spritzen zu können. Wird das Nasenspray fälschlicherweise angewandt, zeigt es keinerlei Wirkung. 

Zu wenig Obduktionen im Osten des Landes

Was es für eine effektive Drogenpolitik braucht, ist eine  bessere Datenlage. Hier sieht Daniel Lichtenegger ein österreichweites Problem. Es werde, so der Experte, nicht genug obduziert. Während in westlichen Bundesländern 80 bis 85 Prozent der Toten obduziert werden, ist die Obduktionsrate im Osten des Landes mit unter 50 Prozent deutlich geringer. Lichtenegger wünscht sich eine bundesweite Obduktionsrate von hundert Prozent. So könne man besser nachverfolgen, in welchen Regionen welche Substanzen konsumiert werden, und könne Hinweise auf eventuelle Kartelle oder Trends in den Gebieten erkennen.

Die steigende Zahl der Drogentoten in Österreich ist also gut erklärbar. Expert:innen wie Gabriele Fischer und Daniel Lichtenegger haben Lösungsvorschläge für die Politik parat. Offen bleibt die Frage, ob und wie schnell sie umgesetzt werden können. 

Natalia Anders

Natalia Anders

ist Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.