FPÖ-Chats, Teil 6

Fellner an Strache: „Sieht so aus als wären wir ein gutes Duo 😉​😉​”

Der frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wollte nicht nur den ORF umbauen. Auch im Boulevard suchte er Verbündete.

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„Journalisten sind sowieso die größten Huren auf diesem Planeten”, erklärte Heinz-Christian Strache 2017 auf einer Finca in Ibiza. Nur einen Namen nahm er aus: Richard Schmitt, damals Chefredakteur der Online-Ausgabe der „Kronen Zeitung” und später Leiter des „Exxpress”. Schmitt sei „einer der besten dort, die es gibt”, erklärte Strache einer vermeintlichen Oligarchennichte. Im von der „Süddeutschen Zeitung” und vom „Spiegel” veröffentlichten Ibiza-Video wurden Straches Worte im Mai 2019 publik. 

Neue Chats, die profil vorliegen, zeigen nun, dass Schmitt Strache im März 2019 auch bezüglich ORF „helfen” wollte. Die Freiheitlichen planten damals einen Umbau des Öffentlich-Rechtlichen, bei dem vermeintlich parteigetreue ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter gefördert und kritische Journalistinnen und Journalisten entfernt werden sollten, wie profil und „Der Standard” zuerst berichteten

Doch Strache suchte offenbar nicht nur im ORF nach Verbündeten. Auch in die „Kronen Zeitung” und zum Boulevardblatt Oe24 hatte der frühere FPÖ-Chef gute Kontakte in die höchste Ebene, wie die neuen Chats zeigen. 

So tauschte sich Strache regelmäßig und detailreich mit zwei Redakteuren der „Kronen Zeitung” aus. Einer davon war Richard Schmitt, dem Strache Mitte März zwei Artikel über Lena Schilling schickte. Schilling erfuhr damals als ein Kopf der „Fridays for Future”-Demonstrationen Aufmerksamkeit. Später wurde sie Kolumnistin in der „Kronen Zeitung”, nun ist sie die EU-Spitzenkandidatin der Grünen.

Heinz-Christian Strache, 20. März 2019

Das ist die „ einfache “ Schülerin Lena Schiller ( war in Oe24 und in zig Zeitungsinterviews ) - eine , der dauernd in den Medien gehypten „Initiatorinnen” der Schüler-Klima-Demo vergangene Woche

Richard Schmitt, 20. März 2019

Hi, heftig, schau mir das an. Sehen wir uns heut am Abend? Und kannst Du mit mir am Nachmittag irgendwann kurz über den ORF reden? Wollen gern helfen, liebe Grüße, Richard

Heinz-Christian Strache, 20. März 2019

Ich melde mich heute! Lg

In seinem Austausch mit Strache sei es konkret um eine von der damaligen Regierung geplante große ORF-Reform gegangen, durch die die ORF-Gebühr abgeschafft und der öffentlich-rechtliche Rundfunk in eine AG umgewandelt hätte werden sollen, erklärt Schmitt auf Anfrage: Da habe ich mein Wissen über die politische Verhaberung von bekannten ORF-Mitarbeitern angeboten, damit derartige Unsitten endlich abgestellt werden.

Anweisungen von der „Krone”-Spitze

Schmitt lieferte Strache auch Informationen aus der „Krone”-Redaktion. Etwa, dass die Führung der Zeitung ihrer Redaktion Anweisungen zur politischen Berichterstattung gab - für Schmitts Geschmack allerdings offenbar zu wenig: 

Heinz-Christian Strache, 1. Mai 2019

Lieber Richard! Offene Frage vertraulich: Hat es eigentlich wieder von der Chefetage eine Anweisung gegeben bezüglich Berichterstattung und Krone-Linie gegenüber der FPÖ?

Richard Schmitt, 1. Mai 2019

Hi, nein, derzeit gibts leider viel zu wenig Anweisungen … machen einige, was sie wollen. Mehr dazu jederzeit mündlich. Bei mir läuft’s so wie immer, das weißt Du aber ohnehin - liebe Grüße, Richard

Heinz-Christian Strache, 1. Mai 2019

Verstehe. Da dürfte zur Zeit jeder machen was er will, da der Kopf wo anders ist! Danke :-)

Richard Schmitt, 1. Mai 2019

Ja, leider - muss auch gg ORF tatenlos zusehen …

Schmitt betont auf Anfrage, bei den Anweisungen” habe es sich lediglich um die Blattlinie der Kronen Zeitung” gehandelt: Es gibt bei jedem Medium eine gewisse weltanschauliche Linie, die ein Herausgeber od. CR gerne grundsätzlich eingehalten sieht, das war gemeint, sonst gar nichts.” Allgemein hält der ehemalige Chefredakteur des Exxpress” fest: Es existieren derartige Textnachrichten auch von anderen Politikern anderer Parteien mit mir. Dass Politiker Journalisten kontaktieren, um ihre Inhalte/Ansichten in deren Medien unterzubringen, ist wirklich nicht neu. Dazu kamen viele Anrufe oft bis Mitternacht.”

Der frühere Vizekanzler Strache reagierte auf Anfrage von profil nicht.

„Gutes Duo” auf oe24

Bei einem anderen Boulevardblatt tat sich die FPÖ zunächst schwer: Dass „oe24” den Ex-FPÖ-Abgeordneten Ewald Stadler regelmäßig einlud, sorgte in einer internen blauen Whatsapp-Gruppe für Empörung. Anfang 2019 ging Strache mit seiner Wut zur Quelle, dem damaligen Chef der „Österreich”-Gruppe, Wolfgang Fellner: 

Heinz-Christian Strache, 21. Jänner 2019

Bezüglich Ewald Stadler bewerten wie seine oe24-Einladung als äußerst unfreundlichen Akt uns gegenüber und ersuchen dies zu beenden! Mit freundlichen Grüßen

Heinz-Christian Strache, 21. Jänner 2019

Evi vorbestrafter FPÖ-Hasser, diskutiert mit dem Silbertstein-Akteur Fussi gegen uns!

Fellner reagierte darauf nicht. 

Zwei Monate später versuchte es Strache erneut und machte sich einen Termin bei dem Herausgeber aus. Danach florierte die Beziehung offenbar: Strache bot Fellner im April an, einen Link zu „oe24” auf seiner Facebookseite zu posten. Am nächsten Tag dankte Fellner dem damaligen Vizekanzler:

Wolfgang Fellner, 11. April 2019

Danke für die super-Quote gestern: 84.199 Zuseher live (doppelt so viel wie Vilimsky - Karas auf Puls 4) plus 48.259 bei der Wiederholung nachts plus 112.900 livestream. Sieht so aus als wären wir ein gutes Duo 😉​😉​

Heinz-Christian Strache, 11. April 2019

Sg Herr Fellner!

Ich freue mich, wenn wir beide etwas Positives davon haben und das Interesse so groß ist. Ein spannendes Duo!

Danke und Mit freundlichen Grüßen HC Strache

Die Beziehung Fellner-Strache verlief jedoch auch weiterhin nicht reibungslos. Im April 2019 trat Ewald Stadler erneut auf „oe24” auf - „obwohl sie mir etwas anderes zugesagt haben”, wie Strache am Karfreitag betonte.

Heinz-Christian Strache, 20. April 2019

Es ist schade, aber zur Kenntnis zu nehmen, dass ihr Wort - bezüglich Mölzer statt Stadler - leider nicht zählt! Aber sie können auch nicht länger erwarten, dass wir Stadler - mit seinem pathologischen Hass gegen uns - in ihrer Sendung unterstützen. Das soll dann bitte er mit Inseraten in Zukunft machen!

Mit freundlichen Grüßen und frohe Ostern

Fellner versucht zu beruhigen: Mölzer sei auf Urlaub, daher sei Stadler eingesprungen.

Wolfgang Fellner, 20. April 2019

[...] Ich verstehe Ihre Aufregung nicht - etwas mehr Dankbarkeit und Kooperation wäre angesagt wenn ich ihren Wunsch-diskutanten sofort (!) auf den Sender hole [...]

Heinz-Christian Strache, 20. April 2019

Wenn sie mir Zusagen, dass Stadler nicht mehr eingeladen wird, dann verlasse ich mich auch darauf… ohne ausreden und ohne wenn und aber.

Und ja, Fairness und eine gute Kooperation sollte immer in beiden Richtungen verlaufen und nicht einseitig.

Frohe Ostern! :-)

Wolfgang Fellner, 20. April 2019

Ich habe Ihnen auf Ihren Wunsch zugesagt, dass ich Stadler durch mölzer ersetze und das auch sofort umgesetzt - aber das geht natürlich nur wenn er da ist. Werde ihm in ihrem Auftrag sagen, dass er keinen Urlaub mehr machen soll - aber keine Aufregung bitte: von mir ist Fairness und Kooperation im Übermaß gegeben. Alles gute zu Ostern!

Heinz-Christian Strache, 21. April 2019

Ich habe keinen Artikel von Holocaustleugnern geteilt. Diese nachweislich erfundene Silberstein-Medienberichterstattung ist reinste Hetze und schäbigste Diffamierung!

Wolfgang Fellner, 21. April 2019

Bin n auf den Malediven - habe bei Niki trotzdem sofort veranlasst dass die Story offline genommen wird. Das nenne ich Kooperation

Die endgültige Versöhnung erfolgte wohl nach Ostern:

Heinz-Christian Strache, 29. April 2019

Mölzer versichert mir, sich für Ihre Diskussionen immer Zeit zu nehmen! :-) Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Fellner, 29. April 2019

War heute auch da! Und ich hab ihn gemacht! Gern jede Woche. WF

Heinz-Christian Strache, 29. April 2019

:-)

Zwei Wochen später veröffentlichten „Süddeutsche Zeitung” und „Spiegel” das Ibiza-Video und die türkis-blaue Koalition platzte. Strache und Wolfgang Fellner reagierten auf eine Anfrage von profil zu ihrem Chatverlauf nicht.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.