Festspiele Erl: Kuhn legte alle Funktionen zurück, Loebe übernimmt
Der neue Leiter Bernd Loebe wird sein Amt in Erl parallel zu seiner Tätigkeit in Frankfurt mit dem 1. September 2019 mit einem Fünfjahresvertrag antreten, bis dahin führt Andreas Leisner die Festspiele weiterhin interimistisch. Festivalgründer Gustav Kuhn, der nach Vorwürfen sexueller Übergriffe beurlaubt worden war, hat all seine Funktionen mit sofortiger Wirkung zurückgelegt.
Dies hätte er Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner nach seinem Interview in der ORF "ZIB 2" am Montag mitgeteilt, wie Haselsteiner sagte. Im Interview selbst hatte er noch alle Vorwürfe bestritten. Der Dirigent wolle sich nun erstmal für eine Weile ins Kloster zurückziehen, so der Festspielpräsident. Was die Vorwürfe arbeitsrechtlicher Verletzungen gegen die Festspiele betrifft, zeigte sich Haselsteiner überzeugt, dass davon "nichts übrigbleiben" werde. "Wir wurden und werden intensiv geprüft", er gehe davon aus, dass etwaige Beanstandungen nur Dinge betreffen würden, "die es überall sonst auch gibt". Man fühle sich verpflichtet, "die Gesetze penibel einzuhalten".
Die Suche nach einem Nachfolger für Kuhn als Festivalintendant habe jedenfalls schon vor Bekanntwerden der Vorwürfe begonnen. Es hätte zahlreiche sehr gute Bewerbungen gegeben, auch von Frauen, aber "Bernd Loebe war schwer zu übertreffen", so Haselsteiner. Er habe jemanden mit "unbestrittener Autorität" gesucht, "der so gut vernetzt ist, dass er uns Möglichkeiten eröffnet".
Fantasie der Regisseure gefragt
Loebe betonte, er wolle seine langjährigen Kontakte zu nutzen, um Künstler nach Erl zu holen, "die in dieser familiären Zusammenarbeit die Chance sehen, etwas Besonderes zu schaffen". Er pries die Leistung Erls, "aus dem Nichts" ein Festival mit einem Orchester zu schaffen, das sogar eingefleischte Wagnerianer aus Bayreuth abwerben konnte. Priorität ist daher auch in Zukunft, "musikalisch ein Highlight" abzuliefern - während aufgrund der limitierten technischen Möglichkeiten in Erl szenisch vor allem die Fantasie der Regisseure gefragt sei. "Sie werden gefragt sein, auf ein Urelement ihrer Arbeit zurückzugreifen, nämlich die Personenregie."
Neben Brigitte Fassbaender, die ab 2021 die Ring-Tetralogie inszenieren wird - 2024 soll sie mit der "Götterdämmerung" abgeschlossen sein - stellte er als fixe Namen etwa die Dirigenten Joana Mallwitz sowie Sesto Quatrini vor. Zwei in einer Reihe "hochbegabter junger Dirigenten", die um "hochkarätige Stimmen" ergänzt werden sollen - auch wenn sie noch eher am Anfang ihrer Laufbahn stehen. Dabei möchte man jedes Jahr ein bis zwei neue Produktionen auf die Beine stellen - und Wagner jeweils um ein anderes Werk "spiegeln". Im Sommer 2020 wird es einen neuen "Lohengrin" geben und dazu "Die Königskinder" von Engelbert Humperdinck.
Befürchtungen, dass Erl zu einer "Filiale der Oper Frankfurt" werde, müsse man nicht haben, sagte Loebe. Die Frage, ob er die Führung beider Institutionen bewältigen werde, habe er sich natürlich auch gestellt. Er sei es aber gewohnt in hervorragend funktionierenden Teams zu arbeiten und traue sich daher zu, "beides zu schaffen".