Die Landeshauptleute beim Gruppenfoto in Traunkirchen im November 2024
Politikergehälter

Filzmaier zu Nulllohnrunde: „Wollen beste Politiker, nicht billigste”

Die Politik verordnet sich einen Reallohnverlust, wieder einmal. Ist das eine sinnvolle Maßnahme zur Vorbildwirkung oder plumper Populismus? Die Selbstbeschneidung hat eine lange Tradition und führt zu großen Gehaltsunterschieden der Politiker.

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Seit Jörg Haider gehören Nulllohnrunden zum Repertoire von Österreichs Populisten. Die FPÖ rund um Parteichef Herbert Kickl fordert eine Aussetzung der Erhöhung von Politikerbezügen. ÖVP, SPÖ und Neos tun es ihr gleich. Haider hat es in Kärnten knapp zehn Jahre lang vorgemacht. 

Keine andere Branche würde freiwillig ihren eigenen Lohn kürzen. Würde die Lehrergewerkschaft eine Nulllohnrunde fordern, dann würde das für allgemeine Verwunderung sorgen.

Einerseits werde damit das Signal gesendet, die Arbeit der Politiker sei nichts wert, so Beobachter. Andererseits würden ein paar hundert Euro an Realeinkommensverlust bei Gehältern, die um ein Vielfaches höher sind als der österreichische Durchschnitt, keinen Unterschied machen. Quer durch die Bundesländer gibt jedenfalls große Gehaltsunterschiede der Politiker - auch das hat mit Jörg Haider zu tun.

Keine Parteimeinung, „nur Schauspielerei”

Doch selbst in der rechtspopulistischen FPÖ ist der Verzicht nicht überall mehrheitsfähig. Parteichef Kickl wollte Nulllohnrunden auch in allen neun Bundesländern, aber mehrere FPÖ-Landesparteien halten sich nicht daran. 

Bereits im Vorjahr valorisierte die FPÖ in Salzburg, wo sie mit Marlene Svazek die stellvertretende Landeshauptfrau stellt, ihre Bezüge - gegen den Wunsch der Bundespartei. Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner sprach sich im Vorjahr gegen die „Selbstentwertung des Politikerberufs” aus. Auch Svazek gab der Bundespartei eine deutliche Absage: „Wer gute Politiker will, die sich das auch zukünftig noch antun, muss dem Berufsstand auch einen Wert beimessen.”

Der Wert ist im Bundesbezügegesetz von 1997 festgelegt. Darin wurde auch eine jährliche Valorisierung festgeschrieben. Den Wert dafür errechnet der Rechnungshof. Wobei die Regierungen in Bund und Ländern die Erhöhungen per Beschluss aussetzen können.

Ausgangspunkt in der Bezügepyramide ist das Gehalt der Nationalratsabgeordneten  mit rund 10.800 Euro brutto: Der Bundespräsident verdient 2,8 mal so viel, der Bundeskanzler 2,5 mal. Ein entsprechendes Schema gibt es auch für die Gehälter der Landespolitiker, die sich am Gehalt der Landtagsabgeordneten (8.600 Euro) orientieren.

„Wenn man meint, die Politikergehälter seien zu hoch, dann soll man sie kürzen. Niemand wird daran gehindert, das Bezügegesetz zu ändern. Aber ich halte das für falsch. Wir wollen die besten Politiker und nicht die billigsten”, sagt Peter Filzmaier.

Der Nationalrat hat mehrere Möglichkeiten. Er kann eine Nulllohnrunde nur für die Bundesebene beschließen - wie in der gestrigen Sitzung. Er könnte mittels Verfassungsgesetz aber auch alle Bundesländer und Gemeinden zu einem Verzicht auf das Gehaltsplus verdonnern. So passiert 2010, 2011, 2012 und 2018. 

Jährlich veröffentlicht der Rechnungshof den „Anpassungsfaktor” für Politikergehälter auf Basis von Berechnungen der Statistik Austria. Diesen Prozentsatz können Politiker und Politikerinnen als Erhöhungsgrundlage beschließen, oder eben auch nicht. 

Im Bund ist die Nulllohnrunde durch den Mehrheitsbeschluss am Mittwoch fix. In Salzburg, Vorarlberg, Oberösterreich und Wien werden die Bezüge erhöht. In Kärnten und Tirol wird erst entschieden.

Jörg Haider machte den Gehaltsverzicht zu einem seiner Markenzeichen. In Kärnten gab es in seinen Jahren als Landeshauptmann neun Nulllohnrunden. Das ist aber nur ein Grund, warum Kärntens Landeshauptmann Kaiser weniger verdient als Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) oder Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

Ende der 1990er wurde definiert, dass ein Landtagsabgeordneter 80 Prozent vom Gehalt eines Nationalratsabgeordneten verdienen soll. Bereits damals ging das Land seinen eigenen Weg - Kärnten legte den Anteil auf 57 Prozent fest. Das wirkt bis heute nach.

Landeshauptmann Peter Kaiser verdient rund 15 Prozent weniger als seine Kollegen aus Niederösterreich und Wien. Mehrere Prozent Gehaltsunterschied wurde schon Ende der 1990er einzementiert. 

Wirkungsloser Populismus

„Es ist eine Entwertung der Politik, denn welche Branche würde sich sozusagen selbst schlecht reden, um zu argumentieren, warum man sich finanziell beschneidet. Und es ist auch in der öffentlichen Kommunikation wirkungslos. Selbst wenn die Politikergehälter morgen halbiert würden, sind es trotzdem noch Überdurschnittseinkommen und es wird trotzdem heißen, sie sind viel zu hoch”, so Politikwissenschaftler Peter Filzmaier.

Dem Populismusvorwurf stimmt Ex-OGH-Präsidentin und Ex-NEOS-Mandatarin Irmgard Griss nur teilweise zu. Man wolle den Leuten gefallen und mit gutem Beispiel vorangehen. Das sei in diesem Fall schwierig, denn eigentlich würden in jeder anderen Branche Inflationsanpassungen als durchaus gerechtfertigt angesehen. 

„Offenbar will man den Eindruck erwecken, bescheiden zu sein, nimmt damit aber in Kauf, dass der Anschein entsteht, die eigene Arbeit sei nicht so viel wert.”

Sie ist mit der Debatte aus mehreren Gründen nicht glücklich. Denn wenn jemand bereits mehr als 10.000 Euro verdiene, dann sei der Verzicht auf 150 Euro leichter zu verschmerzen. „Aber wenn Politikerinnen und Politiker im Sinne der Bürgerinnen und Bürger für das Land arbeiten, dann sollen sie auch gut verdienen.” 

Bereits Ende Juli hatte sich die Türkis-Grüne Regierung erneut für eine Nulllohnrunde der Bundespolitiker ausgesprochen. Filzmaier sieht hier Wahlkampfpropaganda. Dabei gäbe es aber mehrere Beteiligte: „Politiker, die dieses unwürdige Schauspiel mitmachen”, Medien und die Bevölkerung.

Für Griss gibt es, nicht nur bei diesem Thema, noch ein größeres Problem: Parteiinteressen würden immer wieder über die Interessen des Staates gestellt. Oft gehe es vor allem darum zu verhindern, dass andere Parteien Erfolg haben, und nicht darum, was für Österreich am besten sei. Damit würden Parteien ihre wesentliche Aufgabe verfehlen, so die ehemalige OGH-Präsidentin.

Franziska Schwarz

Franziska Schwarz

Seit Dezember 2024 im Digitalteam.