Finanzpolizeichef über Glücksspielbanden: "Mafiöse Organisationen"
profil: Trotz Tausender beschlagnahmter Geräte bleiben illegale Glücksspielbanden höchst aktiv. Warum können sie sich so lange halten? Lehner: Durch unsere Kontrollen haben wir die Zahl der Betreiber stark dezimiert. Das ist heute nicht mehr der Wirt ums Eck. Das sind wirklich mafiöse Organisationen mit professioneller Arbeitsteilung.
profil: Die Betreiber sollen über eine ausgeklügelte Logistik verfügen. Lehner: Sie haben Fahrzeugflotten, es gibt Techniker für die Wartung der Automaten und Leute für die Geldtransporte. Wir wissen von Lagerhallen, in denen sie Hunderte Glücksspielgeräte bunkern. Wenn wir in einem Lokal die Geräte beschlagnahmen, werden sie in den nächsten zwölf Stunden nachbestückt.
profil: Sie müssen ein und dasselbe Lokal immer wieder kontrollieren? Lehner: Unser Rekord an einem Standort sind acht Razzien. Das Problem ist: Als Betreiber treten meist ausländische Scheinfirmen auf, den Geschäftsführer gibt es vielleicht gar nicht.
profil: Also muss man das Lokal dichtmachen? Lehner: Betriebsschließungen sind eines der wenigen Instrumente, die langfristig funktionieren. Sie müssen aber sofort kontrolliert werden, denn die Betreiber reißen sofort die Amtssiegel weg und spielen weiter. Da helfen dann nur mehr physische Zwangsmaßnahmen: den Strom abdrehen oder die Lokale verbarrikadieren. Das sind technische Möglichkeiten, die von Höchstgerichten bereits genehmigt wurden.
Es gibt Hinweise, dass die Millionen im Koffer ins Ausland gebracht werden.
profil: Wie gewaltbereit sind diese Banden? Lehner: Man bedient sich bewusst albanischer und tschetschenischer Schlägertrupps, um die Konkurrenz und aggressive Spieler, die alles verloren haben, im Zaum zu halten. Das sind richtig schwere Jungs. Wenn man sich die näher ansieht, findet man das ganze Spektrum von illegalem Waffenbesitz bis hin zu Schlägereien. Die Gewalt richtet sich auch gegen die Kontrollorgane. In Wien gibt es kein Lokal mehr, in dem nicht eine Reizgasanlage verbaut ist.
profil: Was passiert mit den Hintermännern? Lehner: Es fehlt uns in diesem Bereich durchaus die Handhabe gegen die Hintermänner -weil es derzeit keinen strafrechtlichen Anknüpfungspunkt gibt, sondern nur das Verwaltungsstrafrecht. Und wir reden da von Leuten, die es teilweise lustig finden, wenn sie zwei Wochen einsitzen müssen. Das steigert ihr Ansehen in der Community. Wir nutzen daher verstärkt Abgabenhinterziehung und Betrug als kriminalstrafrechtliche Delikte, um verbesserte Ermittlungsansätze zu haben.
profil: Wo verstecken die Betreiber die Millionengewinne? Lehner: Das beschäftigt uns derzeit auch. Wir wissen, wie viele Geräte ungefähr auf dem Schwarzmarkt sind und welche Millionenbeträge damit umgesetzt werden. Diese Geldflüsse tauchen nicht auf. Es gibt Hinweise, dass die Millionen im Koffer ins Ausland gebracht werden. Oder die Betreiber haben eine Bank, die mitspielt.
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