Heinz-Christian Strache
Kriegsgewinnler

FPÖ bringt sich als künftiger Koalitionspartner in Stellung

Die Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung sind für Heinz-Christian Strache so gut wie seit Langem nicht.

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„Neuwahl“ ist ein Lieblingswort von FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache. Bereits am Tag vor der Angelobung des Kabinetts Faymann II im Dezember 2013, als die Eckpunkte des Regierungsprogramms bekannt wurden, verlangte der freiheitliche Frontmann einen zeitnahen Wahltermin. Seither wiederholte er seine Forderung gebetsmühlenartig: auf Maikundgebungen und Aschermittwochsreden, beim Rücktritt von SPÖ-Chef Werner Faymann, beim Amtsantritt von Christian Kern, bei den Nachverhandlungen zum Regierungsprogramm und selbstredend beim Abgang von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner.

Die blauen Begehrlichkeiten sind leicht erklärt: 2013 holte die FPÖ bei der Nationalratswahl 20,5 Prozent. Bei Neuwahlen würden die Freiheitlichen diese Marke locker überspringen, sogar Platz eins wäre möglich. Angesichts des abebbenden Flüchtlingsandrangs und sinkender Arbeitslosigkeit gilt bei den Blauen die Devise: Worauf warten? „Für uns kann es nur besser werden“, so die Sprachregelung in der freiheitlichen Parteizentrale.

Und noch einen Grund hat die FPÖ, einem baldigen Koalitionsende entgegenzufiebern: Die Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung sind so gut wie seit Langem nicht. Die Sozialdemokraten sind inzwischen von der Vranitzky-Doktrin, wonach eine Koalition mit den Freiheitlichen undenkbar sei, abgerückt; der neue Kriterienkatalog schließt keine Partei mehr explizit aus, sondern definiert lediglich einige Grundbekenntnisse, auf die sich die FPÖ durchaus einlassen könnte. Somit böten sich Strache nach der Nationalratswahl zwei Koalitionsoptionen.

Schuldzuweisungen

Kein Wunder, dass die blauen Granden nun genüsslich dabei zusehen, wie sich die Noch-Koalitionäre gegenseitig mit Schuldzuweisungen eindecken. Bundeskanzler Kern (SPÖ) drohte der ÖVP bereits offen, die Aufkündigung der Koalition würde „das Ende für eine rot-schwarze Zusammenarbeit für sehr lange Zeit“ bedeuten.

War die FPÖ bisher um Provokation und Zuspitzung bemüht, geriert sie sich nun als „Stabilitätsfaktor“. Der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner formuliert es so: „Die derzeitige politische Lage in Österreich beschädigt das internationale Ansehen der Republik.“ Die FPÖ als staatstragende Partei? Ganz neue Perspektiven! Wenn Sebastian Kurz nun zu Neuwahlen drängt, müsste die FPÖ im Nationalrat konsequenterweise mitstimmen.

Härtester Widersacher

Gemeinsam bringen es FPÖ und ÖVP allerdings nur auf 89 von 183 Mandataren – keine Mehrheit. Und: Galt der erste Platz für die FPÖ vor einem Jahr bereits als ausgemacht, hat sich das seit dem Wechsel von Faymann zu Kern relativiert. Durch den Mitterlehner-Abgang rückt bei der ÖVP Sebastian Kurz auf den Chefsessel – und damit der härteste Widersacher der Strache-FPÖ. Kein Regierungspolitiker wildert stärker in blauen Wählerrevieren. Eine Forderung nach der anderen – von Flüchtlingslagern in Nordafrika bis zur Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder – übernahm Kurz aus dem FPÖ-Programm – mit dem Resultat, dass bei einer Kurz-Kandidatur die FPÖ von zwei Seiten in Bedrängnis käme.

Sollte es für die FPÖ wieder nicht zum Sprung in die Regierung reichen, bleibt ihr zumindest eines: der Ruf nach baldigen Neuwahlen.

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.