FPÖ: Eine Partei von Männern für Männer
Zahlen lügen nicht. Der Frauenanteil unter den grünen Abgeordneten zum Nationalrat liegt bei 58 Prozent. Bei den NEOS beträgt er 53 Prozent; bei der SPÖ 50 Prozent; bei der ÖVP 38 Prozent. Wenig weiblich sind die Blauen: Der Frauenanteil unter den FPÖ-Nationalräten liegt bei 17 Prozent. Immerhin sind drei von ihnen prominenter als die meisten männlichen Kollegen. Die oberösterreichische Abgeordnete Susanne Fürst war Wunschkandidatin von Parteichef Herbert Kickl für die Bundespräsidentschaftswahl. Allerdings wollte sich Fürst den Tort nicht antun. Die Wiener Mandatarin Dagmar Belakowitsch ist Kickls Hauptprovokateurin inner-und außerhalb des Parlaments-vor allem, wenn es gegen die Corona-Politik der Regierung geht. Und Petra Steger, ebenfalls aus Wien, setzt als Bereichssprecherin für Europa die scharfe Anti-EU-Linie ihres Chefs in die parlamentarische Praxis um.
Die FPÖ-Sprecherin für Frauen und Gleichbehandlung, Rosa Ecker, ist weniger bekannt. Die 53-jährige Oberösterreicherin sitzt seit drei Jahren im Nationalrat. Eine Recherche in ihren Presseaussendungen zeigt: Ecker äußert sich öffentlich lieber zu Kindern und Familienpolitik als zu Emanzipation und Gleichberechtigung. Am häufigsten spricht sie zum Thema "Gewalt gegen Frauen", die sie bevorzugt mit Migranten und Asylwerbern in Zusammenhang bringt. Zum Schlagwort "Feminismus" findet sich in Zusammenhang mit Ecker kein Treffer in den digitalen Archiven.
Frauenpolitik wird im FPÖ-Parteiprogramm nicht unter einem eigenen Punkt, sondern im Kapitel "Familie und Generationen" in zwei kurzen Absätzen abgehandelt. Darin bekennen sich die Freiheitlichen "zur Chancengleichheit von Männern und Frauen, zum gegenseitigen Respekt und zu einem gerechten Einkommen, unabhängig vom Geschlecht", lehnen aber "die Bevorzugung eines Geschlechts zur Beseitigung tatsächlicher oder vermeintlicher Benachteiligungen entschieden" ab. Denn "statistisch errechnete Ungleichheiten, die durch eine Vielzahl an Faktoren bedingt" seien, "können nicht durch Unrecht an einzelnen Menschen ausgeglichen werden". Auch Quotenregelungen und Gender-Mainstreaming werden im FPÖ-Programm dezidiert missbilligt. Ganz allgemein ist der Kampf gegen den "Genderwahn" eine Konstante der freiheitlichen Politik.
Ranghöchste blaue Funktionärin ist derzeit die 30-jährige Marlene Svazek, FPÖ-Chefin von Salzburg und einzige Frau unter Kickls sechs stellvertretenden Parteiobleuten. In einer ORF-Diskussion räumte sie im Jahr 2019 ein, es sei der Feminismus gewesen, der auch ihr die Möglichkeit zu einer Karriere in der Politik verholfen habe. Mittlerweile gebe es aber Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern. Die geringe Zahl von weiblichen FPÖ-Abgeordneten erklärte sie mit der mangelnden Lust von Frauen, "von Ortsparteitag zu Ortsparteitag zu tingeln". Frauen hätten "andere Prioritäten".
Marlene Svazek ist derzeit die höchste blaue Funktionärin. Die FPÖ hat mit 17 Prozent den niedrigsten Frauenanteil unter ihren Abgeordneten.
Dass die FPÖ auch eine Partei von Männern für Männer ist, zeigt sich in den Wahlergebnissen. Bei der Nationalratswahl am 29. September 2019 erreichte die FPÖ 16,2 Prozent. Laut einer Befragung von Peter Hajek Public Opinion Strategies wählten 20 Prozent der Männer die FPÖ, aber nur 13 Prozent der Frauen. Während die Freiheitlichen früher vor allem junge Männer ansprachen, würden sie mittlerweile auch in den mittleren männlichen Altersgruppen bis 60 Jahre punkten, so die Meinungsforscherin Alexandra Siegl. Männer dieser Altersklassen zählen laut Umfragen auch zu den unzufriedensten Bürgern.
Nicht immer war die FPÖ eine männlich dominierte Partei. Gerade der frühere Obmann Jörg Haider hatte Frauen gefördert. Im Februar 2000 wurde Susanne Riess Vizekanzlerin in der ÖVP-FPÖ-Regierung. Im Mai desselben Jahres übergab ihr Haider auch die Führung der FPÖ, ordnete sich der neuen Chefin aber nie unter-was er bei Riess' männlichen Nachfolgern an der FPÖ-Spitze allerdings auch nicht tat. Von 2004 bis 2005 führte mit Ursula Haubner abermals eine Frau die FPÖ-Haiders Schwester.
2005 spaltete Haider das BZÖ ab. In der FPÖ begann die Ära des Heinz-Christian Strache. Unter dessen Obmannschaft gewannen auch die schlagenden Verbindungen wieder mehr an Einfluss, die als Männerbünde traditionell mit konservativem Frauenbild ausgestattet sind. Allerdings sei dank sogenannter "Frauenschaften" das "weibliche Element" auch im "Farben tragenden Lager" ausreichend vertreten, sagte einmal Herbert Haupt, FPÖ-Obmann von 2002 bis 2004 und Mitglied der Akademischen Landsmannschaft Kärnten. In Gleichberechtigungsfragen hielt sich Haupt stets für einen Experten. Kein Wunder: Von Oktober 2000 bis März 2003 war er nicht nur Sozialminister, sondern auch Frauenminister der schwarz-blauen Koalition und richtete in seinem Ministerium eine eigene Männerabteilung ein.