SCREENSHOT VON "FPÖ FAILS" Die Blogger schauen Rechten in den sozialen Medien auf die Finger.

"FPÖ Fails": Anonyme Rassisten-Jäger

Die anonymen Rassisten-Jäger von "FPÖ Fails" haben die Partei im Internet unter Dauerbeobachtung gestellt. Effektiv, aber mit grenzwertigen Methoden.

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Sie sagen, sie wären zu fünft. Sie sagen, sie würden unabhängig arbeiten. Gratis. Aus reiner Überzeugung. Überprüfbar ist das alles nicht. Denn die Blogger von "FPÖ Fails" wollen anonym bleiben. Der Einfluss der Undercover-Truppe, die im Internet auf Rassisten-Jagd geht und rechtsextremen Postings nachspürt, ist dafür erstaunlich groß. Mehrere Parlamentarier beriefen sich bereits auf "FPÖ Fails", wenn sie rechte Hetze aufzeigen wollten. Und praktisch alle Print-Medien übernahmen brisante Fundstücke der Internet-"Watchdogs" - von der "Kronen-Zeitung" bis zu profil. Informationen werden vor allem dann aufgegriffen, wenn das öffentliche Interesse Bedenken hinsichtlich der Materialherkunft überwiegt und wenn die Belege für rassistische oder rechtsextreme Tendenzen plausibel sind.

Ein Beispiel: Im Frühjahr 2018 legte "FPÖ Fails" offen, dass Polizei-Oberst und FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Preiszler, der die Razzia im Verfassungsschutz BVT mit seiner Einheit exekutierte, auf Facebook rassistische Beiträge geteilt hatte. Die Staatsanwaltschaft schaltete sich ein, sah aber wegen Verjährung von einem Ermittlungsverfahren ab. profil nahm den Fall zum Anlass für die Geschichte: "Wie rechts ist die Polizei?".

Als FPÖ-Politiker Bruno Weber ein ÖBB-Werbesujet mit zwei Männern unterschiedlicher Hautfarbe und deren Kind rassistisch und homophob kommentierte, las "FPÖ-Fails" mit und veröffentlichte den Kommentar. Es folgten mediale Empörung und der Rückzug Webers von seiner Funktion als freiheitlicher Arbeiterkammer-Rat in Niederösterreich.

"MIR GRAUST": Bruno Weber kommentierte homophob und rassistisch.

Engmaschiges Informationsnetz

Die Methode: Das Team von "FPÖ Fails" ist mit verschiedenen Profilen inkognito in diversen - teils internen - rechten Facebook-Gruppen unterwegs. Besonders die Online-Aktivitäten der FPÖ bis hin zum kleinsten Bezirksfunktionär haben die Blogger im Blick. So spinnen sie ihr Informationsnetz engmaschig und dokumentieren mögliche Querverbindungen, etwa zur rechtsextremen Gruppe der Identitären Bewegung.

profil erreichte einen der Betreiber von "FPÖ Fails" über den verschlüsselten Messenger "Signal". Die Gruppe möchte unbedingt anonym bleiben, zu groß sei die Angst vor Klagen durch die FPÖ. "Sie können uns keine einzige Lüge nachweisen, aber sie versuchen gerne, kritische Stimmen durch hohe Klagssummen zum Verstummen zu bringen. Man könnte uns wegen des fehlenden Impressums oder Copyright-Verletzungen bei Facebook-Profilbildern klagen. Alleine die Verfahrenskosten würden uns ruinieren." Die FPÖ sähe "ausreichend Gründe, um gegen diese Seite vorzugehen", sagt Generalsekretär Christian Hafenecker. "Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Die Methode, vermeintliche Skandale unter dem Deckmantel der Anonymität hochzuspielen, kann man aber nur als verwerflich bezeichen." Er vermutet "linke Medien" hinter der Seite. Auf "Fails" aus den eigenen Reihen, die auch der Boulevard gerne aufgriff, lässt er sich erst gar nicht ein.

Rassistische Beiträge

"Wir wollen aufzeigen, wie die FPÖ tickt und wie weit Nazis noch in der Partei unterwegs sind", erzählt der Mitbetreiber. "Wir haben uns oft gefragt: Warum machen wir das? Bei mir sind die Gründe sehr persönlich. Mein Großvater wurde im KZ ermordet. Mir war immer klar, dass so etwas nie wieder passieren darf." FPÖ-Fails will der Übermacht der FPÖ im Internet etwas entgegensetzen. Die Partei ist in den sozialen Medien ein Platzhirsch. Lange Zeit erhielten andere Parteien auf Facebook nur einen Bruchteil der Interaktionen. Mit Medien wie "unzensuriert. at" und "FPÖ-TV" schaffen sich die Blauen online eine Parallelwelt, in der Falschmeldungen oft unwidersprochen bleiben. "Eigentlich wäre das, was wir tun, eine wichtige Aufgabe der Opposition, die sie leider komplett vernachlässigt." Vielleicht auch aus Scheu vor den Methoden, derer sich "FPÖ Fails" bedient.

Während sich Parteien, traditionelle Medien und jeder offizielle Blog-Betreiber ans Mediengesetz halten müssen, setzen sich die Leute hinter "FPÖ-Fails" im Schutze der Anonymität darüber hinweg. "Sonst könnten wir viele Sachen gar nicht bringen", verteidigen sich die Betreiber.

FPÖ Fails: Agieren im Graubereich

Fake-Profile sind laut den Gemeinschaftsstandards von Facebook verboten. Auch wenn sie rechtlich nicht illegal sind, bewegt sich die Informationsbeschaffung mithilfe falscher Identitäten im Graubereich: "Werden aus geheimen Gruppen Informationen über Politiker veröffentlicht, sind mehrere Interessen abzuwägen: Das öffentliche Interesse am Verhalten der Politiker sowie deren Recht auf Privatsphäre. Ebenfalls stellt sich die Frage, ob man ihnen nicht die Chance einer Stellungnahme geben oder kommunizieren müsste, wie man an die Informationen gekommen ist", sagt der Wiener Rechtsanwalt Johannes Öhlböck. Ohne rechtliche Klärung bleibt der schale Beigeschmack, dass sich die Gruppe eines Mittels bedient, mithilfe dessen rechte Trolle in den sozialen Medien die Meinungshoheit erlangen wollen: multiple Fake-Accounts, die von Facebook kaum gelöscht werden.

Vorwürfe der Einseitigkeit lässt "FPÖ Fails" jedenfalls nicht gelten: "Wir haben auch die Rolle der beiden SPÖ-Funktionäre in der NS-Liederbuchaffäre thematisiert." Gegen ein Pendant der Plattform von rechts, das Verbindungen linker Politiker zu Anarchisten, Linksextremisten oder Islamisten nachstellt, hätten sie nichts: "Wir halten niemanden davon ab, etwas Ähnliches zu machen wie wir -zum Beispiel ,SPÖ Fails'. Jede Partei verschweigt etwas. Wenn gut recherchiert wird, kann das politische Klima nur davon profitieren." Tatsächlich stünde die Masse der Hasspostings auf der rechten Seiten jedoch in keinem Verhältnis dazu, was auf der linken Seiten passiere, ist "FPÖ Fails" überzeugt.

Die Agitation der Blogger gegen alles, was rechts ist, schießt manchmal übers Ziel hinaus. Kritik kam auf, als die Plattform ein Video von einem vermeintlichen Hitlergruß beim Neujahrstreffen der FPÖ verbreitete. Der Ausschnitt ging durch alle Medien. Sieht man sich das Video von "FPÖ-TV" an, ist darauf zu hören, dass die betreffende Person gleichzeitig mit der Geste dem Innenminister "Herbert" zuruft. Herbert Kickl kommt kurz darauf ins Bild und wechselt ein paar Worte mit dem Mann. Also eher doch nur ein Winken. "Ein Missverständnis", so der Mitbetreiber: "Wir haben nie etwas von Hitlergruß geschrieben, wir fanden es einfach witzig, dass die FPÖ eine so verfänglich aussehende Armbewegung als Schluss-Szene eines Videos online stellt. Das Ganze hat sich dann medial verselbstständigt." Das Video mit Ton wurde laut FPÖ Fails erst nach ihrem Posting veröffentlicht (Update am 6.2.). Die Kritik schreckte die Blogger nicht ab. Sie posten mehr denn je. Zum Nulltarif?

Während die FPÖ eine Finanzierung durch die SPÖ und neuerdings "linke Medien" vermutet, beschwört der Mitbetreiber gegenüber profil die Unabhängigkeit: "Wir werden von niemandem finanziert. Niemand von uns gehört einer bestimmten Partei an, es geht uns ausschließlich um die Sache. Auch der 'Krone' haben wir damals auf Anfrage Material in der Causa Preiszler geliefert."

MITARBEIT: CLEMENS NEUHOLD