Blau-Schwarz

Soll das Recht Herbert Kickl folgen?

Wie FPÖ-Chef Herbert Kickl den Rechtsstaat, die Unabhängigkeit der Justiz und die militärische Landesverteidigung schwächen würde.

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Vor 25 Jahren, am 4. Februar 2000, gelobte Bundespräsident Thomas Klestil mit finsterer Miene die schwarz-blaue Bundesregierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel, ÖVP, an. Machtlos hatte er zusehen müssen, wie Schüssel und FPÖ-Chef Jörg Haider das umstrittene Bündnis in Rekordzeit formten. Es folgten heiße Proteste in den europäischen Staatskanzleien und laute Massendemonstrationen in Wien.

Für einen jungen Mann aus Kärnten, Angestellter der Freiheitlichen Parteiakademie, fand sich kein Platz im neuen Gefüge von FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess. Herbert Kickl, damals 31 Jahre alt, wechselte von Wien in die Kärntner FPÖ. Er schrieb Reden, Presseaussendungen und kümmerte sich um Organisatorisches.

Voraussichtlich in der zweiten Februarhälfte – es sei denn, die Koalitionsverhandlungen scheitern doch noch – wird Herbert Kickl Hauptdarsteller bei der Angelobung der nächsten Bundesregierung sein. Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird den FPÖ-Obmann zum ersten blauen Kanzler der Zweiten Republik ernennen. Und dieser wird geloben, dass er „die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde“.

Schafft er das? Oder besteht die Gefahr, dass Kickl den Rechtsstaat ignoriert, die Justiz schwächt und die Sicherheit des Landes gefährdet, statt sie pflichtgemäß zu gewährleisten? Ist Kickl am Ende tatsächlich das „Sicherheitsrisiko“, als das ihn die ÖVP-Bundesparteichefs Karl Nehammer und Christian Stocker bezeichneten?

Am 18. Dezember 2017 hatte der Bundespräsident Kickl zum Innenminister ernannt. Dessen Eignung für das hohe Amt bezweifelte Van der Bellen schon damals. Der meistzitierte Satz aus Kickls 17-monatiger Amtszeit als Innenminister fiel im Jänner 2019 in der ORF-Sendung „Report“ und verstärkte Van der Bellens Unruhe: „Ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“ Und daher könnten, so Kickl sinngemäß, Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Flüchtlinge betreffen, ignoriert werden.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.

Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.