Die FPÖ-nahe Zeitschrift „Info-Direkt“ wettert gegen die „Lügenpresse“ – und kopiert sie dreist
„Das ist schlicht ungeheuerlich“, empört sich Roland Burkart: „Ich habe mehrere Stunden Arbeit in den Text investiert – und dann wird der einfach abgekupfert.“ Burkart, 67, ist angesehener Medienwissenschafter; seit zwei Jahrzehnten lehrt er am Publizistikinsitut der Uni Wien. Im Februar 2015 schrieb er einen Beitrag über die Rolle der Medien im Magazin des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa. Nun muss Burkart feststellen: Sein Text wurde ohne Quellenangabe kopiert.
Die Täter sind keine Unbekannten. Veröffentlicht wurde das Plagiat im Magazin „Info-Direkt“. Die Hochglanz-Postille ist eines der Krawallblätter am rechten Rand, die sich selbst gerne als „alternative Medien“ bezeichnen.
Hinter „Info-Direkt“ steht der Verein für Meinungsfreiheit und unabhängige Publizistik. Wie sich das Blatt finanziert und wer aller dafür schreibt, ist allerdings offen. Nur so viel ist bekannt: Das Magazin (es erscheint seit 2015 vierteljährlich) ist eng mit der FPÖ verbunden. Die Redaktionsanschrift von „Info-Direkt“ führt zu einer Linzer Druckerei, die wiederum einem FPÖ-Gemeinderat gehört – allerdings ist das Magazin dort nur mit einem Briefkasten vertreten. Jan Ackermeier, ein Mitarbeiter der oberösterreichischen FPÖ, schreibt für „Info-Direkt“, neben bekannten Rechtsextremen. Und auffällig viele Freiheitliche schalten Inserate in dem einschlägigen Blatt, wie etwa der Linzer FPÖ-Stadtrat Markus Hein. Es gehört zur rechtspopulistischen Strategie, eigene Medien aufzubauen, um der Anhängerschaft die „reine“ Lehre einzutrichtern. In der Praxis heißt das Propaganda bis hin zur Hetze gegen politische Gegner und etablierte Medien.
Im Editorial einer Ausgabe von „Info-Direkt“ werden Journalisten als „Schreibhuren“ verunglimpft. Die österreichischen Medien beschimpft man pauschal als „Lügenpresse“ – und verwendet damit jenen Kampfbegriff, der unter Demokratie- feinden eine lange Tradition hat.
Ganz konsistent ist die Medienkritik von „Info-Direkt“ allerdings nicht. Ein profil vorliegendes Dossier – zusammengetragen vom Grünen-Nationalrat Karl Öllinger – legt nahe: Medienwissenschafter Burkart ist nicht der Einzige, der von „Info-Direkt“ plagiiert wurde. Vielmehr dürfte die Redaktion im großen Stil abschreiben – freilich ohne ein einziges Mal die Quellen zu nennen. Unter den Kopierten finden sich große deutsche Medien wie die „Welt“, der „Spiegel“, die „Süddeutsche Zeitung“ oder die „Wiener Zeitung“.
Und eben Burkart. „Nicht nur, dass mein Text fast zur Gänze wortwörtlich abgeschrieben ist – dort, wo das nicht der Fall ist, wurde er auch noch inhaltlich entstellt“, beklagt der Autor. Burkart schrieb in seinem Text, dass Mediennutzer über Mitteilungen von Journalisten „an Ereignissen beteiligt sein können“. Die „Info-Direkt“-Redaktion dichtete an dieser Stelle „eine ungeheure Möglichkeit der Manipulation“ hinzu.
Ähnlich verfuhren die rechten Publizisten mit einem Text über den Globalisierungskritiker Jean Ziegler. Mehrere Passagen einer Buchbesprechung der „Süddeutschen Zeitung“ aus dem April 2013 wurden wortgleich abgeschrieben. Nur bei der Conclusio des Textes vertrauten die „Info-Direkt“-Redakteure auf ihr eigenes Können und geißelten Zieglers „unbrauchbare Rezepte“. Bei einer Filmkritik zur Dokumentation „Bauer unser“ klaute „Info-Direkt“ wiederum bei der „Wiener Zeitung“. Besonders skurril: Ein Artikel über die gute Wirtschaftsentwicklung Islands endet bei „Info-Direkt“ mit dem verschwörerischen Satz: „Warum wir davon wohl in ‚Qualitätsblättern‘ nichts lesen …?“ Dabei ist eben jener Text zu großen Teilen von der deutschen „taz“ kopiert.
Öllinger hat noch ein gutes Dutzend weiterer solcher Beispiele entdeckt. „Was die machen, sind keine Nachrichten. Das sind von anderen Leuten entwendete Texte, die verdreht werden“, sagt Öllinger. Die Freude über seine Enthüllungen will der Grüne gar nicht verbergen: „Solange die ihren Sud aus deutsch-völkischen Texten verbreiten und aufpassen, dass sie nicht ans Verbotsgesetz anstreifen, ist es einfach ein rechtsextremes Blatt, gegen das man nicht ankommt.“ Durch die Plagiate komme er „Info-Direkt“ nun an, sagt Öllinger.
Gemeinsam mit der Medienanwältin Maria Windhager bereitet er eine Klage gegen „das Magazin vor. Mehrere Plagiierte, unter ihnen Burkart, haben bereits eingewilligt, Öllinger ihre Ansprüche auf Klagen zu übertragen. Dieser kann dann vor Gericht allfällige Urheberrechte geltend machen – im besten Fall heißt das für den Kläger: Unterlassungsanspruch, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatzzahlung. Medienjuristin Windhager ist optimistisch: „Uns ist die Spucke weggeblieben, wie dreist die Übernahmen erfolgt sind. Das ist urheberrechtlich ein klarer Verstoß, eindeutiger geht es nicht mehr.“ Eine Interview-Anfrage von profil wies „Info-Direkt“ zurück: „Kein Interesse.“ Sollte es zum Prozess kommen, würde sich wohl das Rätsel um die Hintermänner des Blatts lösen – dann könnten sie sich nicht länger hinter Briefkästen verstecken.
Dieser Artikel stammt aus dem profil Nr. 12 vom 20.3.2017. Das aktuelle profil können Sie im Handel oder als E-Paper erwerben.