Kapitel Soziales: Weniger Geld für Zuwanderer-Familien
Ihrem Protokoll zufolge haben sich Blau und Schwarz auf weniger Geld für kinderreiche Familien geeinigt, was in der Regel Zuwandererfamilien betreffen wird. Fälle wie jener der in Wien lebenden syrischen Familie mit sechs Kindern, die dank Sozialhilfe (Mindestsicherung) und Mietzuschuss auf 4600 Euro monatlich kommt, sollen nicht mehr möglich sein. In Zukunft soll es österreichweit – so der Verfassungsgerichtshof nichts dagegen hat – einen einheitlichen degressiven Sozialhilfe-Satz für Kinder geben (analog zum System in Niederösterreich und Oberösterreich). Die syrische Familie würde nicht mehr wie derzeit 326 Euro pro Kind, sondern 145 Euro erhalten. Die Stadt Wien müsst sich fügen. Und: Bisher gab es zusätzlich die Familienbeihilfe obendrauf, nun soll sie angerechnet werden, was das Gesamteinkommen der Sozialhilfeempfänger weiter reduziert.
Generell soll die volle Sozialhilfe für Zuwanderer erst nach einer gewissen Aufenthaltszeit in Österreich (angedacht sind drei Jahre) ausbezahlt werden, bis dahin erhalten die Bezieher nur die Hälfte des vorgesehenen Satzes. Am Beispiel der syrischen Familie: Derzeit erhalten Vater und Mutter für sich allein jeweils 846 Euro. Würden sie neu nach Österreich kommen, stehen ihnen nur noch je 423 Euro zu. In der dreijährigen Wartezeit sind laut dem Protokoll „Deutscherwerb, Integrationspfad, verpflichtende Arbeit/Praktika“ vorgesehen.
Die Sozialhilfe soll auch nicht mehr valorisiert, also im Ausmaß der Inflation abgesichert werden. Dies würde freilich auch inländische Sozialhilfebezieher treffen.
Bezahlkarte für arbeitsfähige Arbeitslose
Geeinigt haben sich FPÖ und ÖVP auch auf den „Einsatz der Bezahlkarte von arbeitsfähigen Personen, die keiner Arbeit nachgehen“, wie es in den Protokollen heißt. Dieses System kommt bereits bei Asylwerbern zum Einsatz. Theoretisch könnte das bedeuten, dass Betroffene – und zwar In- und Ausländer – das Arbeitslosengeld nicht mehr auf ihr Konto zur freien Verfügung erhalten, sondern dieses auf einer eigenen Karte gespeichert wird. Ob mit dieser nur noch Sachleistungen bezogen werden können, wird in den Protokollen nicht ausgeführt.
Zwar will ihnen die Regierung bei der Sozialhilfe Vorgaben erteilen, die finanzielle Zuständigkeit soll aber bei den Ländern bleiben.
Im Gesundheitsbereich übernehmen FPÖ und ÖVP viele vernünftige Reformpunkte aus den schwarz-rot-pinken Verhandlungen. Die abweichenden FPÖ-Wünsche werden in rot-gefärbten Passagen sichtbar, denen die ÖVP nicht zustimmt. So spricht sich die FPÖ gegen „Bevormundung und Zwang“ im Gesundheitssystem aus, was wohl auf die Corona-Maßnahmen gemünzt ist. Zur Pandemie fordert die FPÖ „Aufarbeitung und schonungslose Analyse der Corona-Zeit“, was die ÖVP ebenso ablehnt. Und die Blauen schließen den „Beitritt zum Pandemievertrag der WHO“ aus und fordern eine „kritische Evaluierung der Tätigkeit und des Einflusses der WHO auf die (inter)nationale Gesundheitspolitik“. Auch hier kann die ÖVP nicht mit.
Dissens gibt es auch im Punkt „Pensionen“. Die FPÖ wünscht sich eine „Solidarabgabe für Beamtenpensionen“, was die ÖVP ihrer Kernklientel naturgemäß nicht zumuten will. Den FPÖ-Vorschlag, unabhängig vom Lebensalter nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Pension gehen zu können, lehnt die ÖVP ebenso ab.