FPÖ-Verkehrspolitik: Rosen sind rot, Rasen ist blau
Der Wahlsonntag wird der „Tag der Abrechnung für alle Autofahrer“– zumindest, wenn es nach Udo Landbauer geht. Der niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreter bietet die FPÖ offensiv als „Lobby der Autofahrer“ an und will „dafür sorgen, dass Autofahrer wieder aufatmen können“. Nach der Wahl werde man wichtige Verkehrsprojekte umsetzen und dafür sorgen, dass Autofahren wieder Spaß mache, verspricht Landbauer.
Wie sich die FPÖ das konkret vorstellt, wird in Niederösterreich deutlich, wo Landbauer selbst seit Jänner des vergangenen Jahres das Verkehrsressort innehat. Da werden bereits geplante Straßenbahnlinien abgesagt, Tempoerhöhungen gefordert und E-Mobilität verschmäht – praktischerweise kann Landbauer seine politischen Paraden außerdem meist als Angriff auf die Grüne Klimaministerin Leonore Gewessler spielen. Drei Eckpunkte der blauen Verkehrspolitik.
1. 150 km/h auf der Autobahn
Rasen ist blau: Mit 160 Sachen durch Kärnten brettern wollte einst schon Hubert Gorbach, und Norbert Hofer setzte in seiner Amtszeit zwei Tempo 140-Teststrecken in Ober- und Niederösterreich um. Landbauer pendelt sich zwischen den beiden ehemaligen FPÖ-Verkehrsministern ein und fordert Tempo 150. Seine Vorbilder sieht er im benachbarten Ausland: „Mir geht es um Fortschritt und da schaue ich in Nachbarländer wie Tschechien oder Italien, wo Tempo 150 auf der verkehrspolitischen Agenda steht.“ Und auch die Feindbilder sind klar: „Wenn die Grünen gerne mit Lastenfahrrädern, Ochsenkarren oder Tempo 100 unterwegs sein wollen, dann sollen sie das machen. Ich werde mich als Verkehrslandesrat aber dagegen wehren, diese Ideologie allen anderen Verkehrsteilnehmern aufzuzwingen“, sagt Landbauer zu profil.
Sicherheits- und Umweltbedenken hat die FPÖ offenbar nicht: Autos seien laut den Freiheitlichen heutzutage nämlich sicherer und schadstoffärmer, auch das Autobahnnetz sei mittlerweile besser ausgebaut. Verkehrsexperte Michael Schwendinger vom Verkehrsclub Österreich hält allerdings dagegen: „Tempo 150 erhöht den Spritverbrauch und damit die Spritkosten und den CO2-Ausstoß. Für die Anrainerinnen bedeutet höheres Tempo mehr Abgasbelastung und mehr Lärm. Zudem führt ein höheres Tempolimit auch zu größeren Geschwindigkeitsunterschieden, wodurch die Flüssigkeit des Verkehrs leidet und die Staugefahr sich erhöht. Der theoretische Zeitgewinn wird in der Praxis nicht erreicht“, meint Schwendinger.
2. E-Mobilität: Nein, danke
Dass das vormals blaue Verkehrsministerium grün eingefärbt wurde und nunmehr gar „Klimaministerium“ heißt, ist den Blauen ein Dorn im Auge. Leonore Gewessler sei die „Totengräberin des Straßenverkehrs“, tönte etwa FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker im April, nachdem Gewessler dem Bau der Traisental-Schnellstraße (S34) eine Absage erteilte.
Bei der Landesverkehrsreferenten-Konferenz Mitte Juni erreichten die Animositäten ein neues Level: Gewessler, die sich vertreten ließ, schlug vor, elektrische Fahrzeuge im Winterdienst, etwa bei der Schneeräumung, einzusetzen. Bei der ASFINAG ist bereits ein voll elektrisch betriebener Lkw als Winterdienstfahrzeug auf den Autobahnen unterwegs - ausgestattet mit einer 336 kW-Batterie, die eine Reichweite von bis zu 300 Kilometer ermöglicht. Der Einsatz auf den Streurouten, die einmal 35 und einmal knapp 100 Kilometer, sei damit laut Asfinag problemlos zu bewältigen.
Für Landbauer kam Gewesslers Vorschlag dennoch nicht in Frage, er legte ein Veto ein und argumentiert dies so: „Dass wir Elektrofahrzeuge der Straßenmeistereien zur Unterstützung einer emissionsarmen Mobilität fördern, kommt für uns in Niederösterreich nicht in Frage. Im Winterdienst etwa gilt es einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen – da sind E-Schneeräumungsfahrzeuge oder E-Unimogs bei tiefen Temperaturen viel zu unsicher.“
3. Diesel-Bus statt Bim
Michael Ludwig und Johanna Mikl-Leitner waren sich eigentlich schon einig. Der rote Wiener Stadtchef und die schwarze Landeshauptfrau wollten ihre Länder verbinden – und zwar mit einer neuen Straßenbahnlinie von Simmering nach Schwechat.
Sie hatten nur die Rechnung ohne Udo Landbauer gemacht: Der hat die geplante Bim-Linie kurzerhand wieder abgesagt.
Für Ulli Sima ist das ein „historisches Scheitern in der länderübergreifenden Verkehrspolitik“. Landbauer sieht die Sache anders. Die Errichtung der Ausweitung des Straßenbahnnetzes sei zu teuer, sagt er, und einigte sich stattdessen mit der Schwechater SPÖ-Bürgermeisterin Karin Baier auf dichter getaktete Regionalbuslinien: „Die Bus-Intervalle und Wartezeiten werden stark verkürzt. Wir sind sicherlich keine Verhinderer der Schienen-Variante, aber wir wollen rasch und unbürokratisch eine optimale Lösung zum Wohle der Bevölkerung herbeiführen.“ 2,9 Millionen hätten die Betriebskosten der 72er-Straßenbahn gekostet, 1,2 Millionen sollen die jährlichen Betriebskosten für die Dieselfahrzeuge betragen.
Fazit
Verkehrspolitik ist nicht erst seit Landbauer ein blaues Steckenpferd: Die FPÖ stellte in allen Koalitionsregierungen mit der ÖVP die Verkehrsminister:innen, auf Michael Schmid folgten Anfang der 2000er Monika Forstinger, Mathias Reichhold und Hubert Gorbach (später BZÖ), ab 2017 leitete dann der ehemalige FPÖ-Parteichef Norbert Hofer das Verkehrsressort. Die Freiheitlichen wissen: Tempolimits, Pendlerpauschale, E-Mobilität – all das sind emotional behaftete Themen, mit denen vortrefflich Wähler:innenpotentiale mobilisiert werden können.