Der Goldesel

Frank Stronach: Die Lachnummer

Titelgeschichte. Frank Stronach wird seine Partei in den Nationalrat bringen. Doch er zahlt einen hohen Preis

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Englisch kann er: Mit weit weniger Akzent als dies von jedem anderen österreichischen Politiker zu erwarten wäre, trällerte der alte Herr auf „Wahlfahrt“ mit Hanno Settele ebenso angejahrte Elvis-Hadern vor sich hin: „Are you lonesome tonight ...“ Dazu hat er vielleicht mit seiner Elfriede in irgendeiner kanadischen Vorstadtbar getanzt, damals in den Sechziger Jahren, als seine ganz große Zeit gerade begann.

So glückhafte Momente erlebt Frank Stronach in diesem Wahlkampf selten. Seit Wochen quält er sich durch seine Kampagne, kaum ein Auftritt, über den sich nicht sogleich Kabarettisten und Satiriker hermachen, kaum eine Fernsehdiskussion, in der er nicht früher oder später ausrastet und Moderatoren oder gar – wie vergangene Woche bei der „Wahlarena“ auf Puls 4 – das Publikum abkanzelt.

Zuletzt konnte nicht einmal mehr seine eigene Partei mit: Nachdem er seine engste Vertraute, die Listenzweite Kathrin Nachbaur, vor laufender Kamera aufgefordert hatte, die „Todesstrafe für Berufskiller“ ins Parteiprogramm aufzunehmen, winkte die Juristin kühl ab: Das sei nur Frank’s Privatmeinung. Gleiches geschah wenige Tage später. Nachdem Stronach in einer Fernsehdebatte „kein Problem“ damit hatte, dass sein Telefon vielleicht vom US-Militärgeheimdienst NSA abgehört wird, „relativierte“ sogar der sonst so ergebene Klubobmann Robert Lugar: Stronach habe doch bloß die legale Kooperation heimischer Geheimdienste mit den Amerikanern gemeint.

Es läuft schlecht für den Milliardär und seine Leute:

• Zweistellig wollte man bei der Nationalratswahl werden, tatsächlich ist das Team Stronach in der dieswöchigen profil- Umfrage auf sechs Prozent abgerutscht. Die enttäuschten Stronach-Fans wandern offenbar zur FPÖ ab, die bereits bei 20 Prozent rangiert.

• Stronach selbst stürzt in der Direktwahlfrage gleich um drei Prozentpunkte ab.

• Daran sind vor allem seine Fernsehauftritte schuld: Zwei von drei Zusehern glauben, diese hätten ihm geschadet, nur jeder Zehnte meint, Stronach hätte darausNutzen gezogen.

Seine engsten Berater hatten das Fiasko offenbar kommen gesehen. Schon vor dem Sommer versuchte Stronachs Medienmann Tilmann Fuchs – er war früher Chef von ATV – seinen Chef und den ORF zu überreden, bei den Zweierkonfrontationen auch Ersatz-Diskutanten zuzulassen. In beiden Fällen offenbar vergeblich. Jetzt ist nur noch Schadensbegrenzung möglich. Bloß noch einmal, im Duell mit Eva Glawischnig am kommenden Donnerstag, wird sich Stronach den ORF-Kameras stellen – dann ist Schluss. In der vorwöchigen Konfrontation mit FPÖ-Chef Strache war es den Beratern zumindest gelungen, ihren Frank etwas zu dämpfen. In manchen Momenten kam der Tycoon sogar als sympathischer Opa über den Schirm, was freilich auch an Strache liegen kann.

Angesichts dieses Debakels fragen sich Freunde und Gegner, warum sich der Erfolgsmensch das alles noch antut. Vertraute meinen, Stronach verstehe diesen zweiten Anlauf in der Politik (der erste fand vor einem Vierteljahrhundert in Kanada statt und scheiterte krachend) als eine Art „Legacy“, also als sein Vermächtnis. Mit 81 Jahren machen sich wohl die meisten Menschen Gedanken darüber, was eines Tages von ihnen bleiben wird. Tragisch am Fall Stronach ist, dass er gerade dabeiist, sein eigentliches Vermächtnis als erfolgreicher Unternehmer zu zerstören ...

Lesen Sie die Titelgeschichte von Herbert Lackner und Rosemarie Schwaiger in der aktuellen Printausgabe oder in der profil-iPad-App.