Tesla-Fahrer kleben sich Anti-Elon-Musk-Sticker auf ihre Autos
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Social Media
Freispruch für Syrer: Warum sich Elon Musk die österreichische Justiz vorknöpfte
Ein Wiener Gericht spricht einen mutmaßlichen Vergewaltiger aus Syrien frei. Elon Musk empört sich auf seiner Plattform X mit den Worten „This is crazy!“ darüber – die FPÖ klatscht Beifall. Chronologie eines Shitstorms.
Das Martyrium der „Anna-Sophia“ (ihr Synonym in den Medien, manchmal wird sie auch „Mia“ genannt) ist einer der spektakulärsten Fälle der jüngeren österreichischen Kriminalgeschichte. Das damals zwölfjährige Mädchen aus Wien-Favoriten soll ab Anfang 2023 über Wochen von einer Gruppe junger Männer zu sexuellen Handlungen genötigt worden sein. In Hauseingängen, Parkhäusern, Hotelzimmern. Von bis zu acht Personen gemeinsam.
Über Monate durch intime Smartphone-Videos erpresst, soll sie sich erst nach Monaten ihrer Mutter anvertraut haben. Diese erstattete Anzeige. Seither laufen die Ermittlungen gegen mehr als ein Dutzend Jugendliche mit Migrationshintergrund, die beim Tatzeitpunkt zwischen 13 und 18 Jahre alt waren.
Der Boulevard berichtet seither regelmäßig über die „Horrortat“ der „Vergewaltiger-Bande“ und „Annas Flucht“ aus Favoriten – durch Wechsel des Wohnorts, der Schule, des Freundeskreises. Ihr Anwalt, Sascha Flatz, treibt Spenden für ihren Neustart ein.
Elon Musk teilt auf seiner eigenen Plattform „X“ ein Posting eines islamfeindlichen Accounts, das über den Freispruch in Österreich berichtet. Es strotzt vor Fake News. Was Musk nicht stört.
Am 7. Jänner wird ein 17-jähriger syrischer Lehrling, der 2016 als Flüchtling nach Österreich kam, vom Vorwurf freigesprochen, Anna-Sophia in einem Parkhaus zum Oralverkehr gezwungen zu haben. Er war damals 15 Jahre alt. Begründung der Richterin: Trotz einer „wohl inneren Ablehnung“ des Mädchens habe der Angeklagte davon ausgehen können, „dass sie das freiwillig macht“. Es sei im Zweifel „nicht feststellbar“, dass Gewalt angewendet worden sei.
Und es fällt ein Satz, der bald millionenfach auf Social Media zu lesen sein wird – nicht selten mit Namen und Bild der Richterin: „Es passiert oft, dass man erst nein sagt und sich dann durch Zärtlichkeiten überzeugen lässt.“
Es war bereits der zweite Syrer, der im Fall „Anna-Sophia“ freigesprochen wurde. Das Urteil ist rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft hat keine Berufung eingelegt. Der Angeklagte hinterlegte noch im Gerichtssaal 100 Euro in bar – als „symbolische Wiedergutmachung“.
Zu Ende ist der Fall damit noch lange nicht.
Die Etappen des Shitstorms
Dies ist die Geschichte einer Nachricht, die ihren Ursprung in der Wiener Landesgerichtsstraße hat und von dort aus innerhalb weniger Tage in der Weltpolitik ankam. Die auf ihrem verworrenen Weg Spuren in Deutschland hinterließ, in England und in den USA, die zur Destabilisierung von Europa beitrug – oder jedenfalls dafür verwendet werden sollte –, und die, wohl mehr zufällig als systematisch, zu einem Schulbeispiel für die zeitgenössische Empörungspropaganda in den sozialen Medien wurde.
profil dokumentiert, wie das Wiener Urteil globale Wellen schlug.
Wenige Minuten nach der Urteilsverkündung am 7. Jänner um Punkt 12 Uhr mittags geht das österreichische Nachrichtenportal „Exxpress“ mit der APA-Meldung zum Fall online. Sechs Minuten später setzt „Exxpress“ auf der Plattform X ein Posting ab, das auf den Artikel verlinkt. Mit der Kurzfassung: „Vergewaltigung von Zwölfjähriger: Freispruch für Syrer.“
Das sind die Signalwörter, die jeder sachlichen Debatte über das – durchaus diskutable – Urteil von Anfang im Weg stehen und einschlägige Accounts massenhaft auf den Plan rufen.
Die Meldung wird zum Lauffeuer
Das Posting von „Exxpress“ wird auf X fast 16.000 Mal angezeigt, in den Kommentaren darunter wird die Richterin persönlich attackiert („Ich wünsche ihr alles Schlechte dieser Welt“) und der Wunsch geäußert, die FPÖ möge in der österreichischen Justiz „aufräumen“ („der Kickl wird denen schon tanzen lernen“).
Wenig später, um 12.19 Uhr, postet der österreichische Account „Hartes Geld“ (laut X-Selbstdarstellung: „Jurist. Libertär. Klartext“, 46.000 Follower) einen Link zur „Exxpress“-Geschichte mit dem Kommentar: „Freispruch für #Syrer vom Vorwurf der Vergewaltigung einer 12-Jährigen: ,Der Schutzsuchende durfte annehmen, dass das Kind das freiwillig mache‘, urteilt die Richterin.“ Dieses Posting erreicht auf X fast 392.000 User.
Die Meldung verbreitet sich bald auch in Deutschland wie ein Lauffeuer. Ein Strang führt bis in die bayerische Regierung.
Wie das Wort „Zärtlichkeiten“ den Hass im Netz triggert
Am 8. Jänner tritt eine gewisse Yvonne Kussmann (24.000 Follower) auf den Plan. Sie betreibt ihr eigenes Nachrichtenportal mit dem Schwerpunkt Ausländerkriminalität. Sie erreicht mit ihrem Posting zur Wiener Causa 300.000 User: „Über Monate wurde ein 12-jähriges Mädchen in Wien von einer Bande Migranten missbraucht und vergewaltigt“, schreibt sie. „Heute folgte nun schon der zweite Freispruch für einen Syrer.
Die Richterin begründet das unter anderem mit dem Satz: ,Es passiert oft, dass man erst nein sagt und sich dann durch Zärtlichkeiten überzeugen lässt.‘ Ja, ruhig nochmal lesen. Das Mädchen war 12 Jahre alt, als die Monster über sie herfielen.“
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (92.000 Follower) von den „Freien Wählern“ springt auf: „‚#Zärtlichkeiten‘ einer Gruppe von Vergewaltigern gegenüber einem 12-jährigen Kind?! Wirklich, Frau Richterin? Kann es sein, dass die Öffentlichkeit Ihre Gedankengänge nicht nachvollziehen kann? Wir+Justiz müssen alles tun, um Kinder vor solchen ‚Zärtlichkeiten‘ zu schützen!“
Der AfD-Fan „Grantler“ (62.000 Follower) dankt Aiwanger für die Stellungnahme und legt nach: „Missbrauch von Wien: ‚Es sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass kein 12-Jähriges Kind mit 30 (!) Männern freiwillig Geschlechtsverkehr hat‘“, zitiert er den Anwalt des Mädchens, aus dem Zusammenhang des konkreten Prozesses gerissen. 1300 Retweets, 5200 Likes.
In den meisten Postings wird der Eindruck erweckt, es sei beim Prozess um eine „Massenvergewaltigung“ gegangen. Doch zur Verhandlung stand ein konkreter Fall von Oralverkehr zwischen einem damals 15-jährigen Burschen und einem zwölfjährigen Mädchen. Weil die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass sie sich glaubhaft älter ausgeben hatte, wurde der Syrer nicht wegen „Missbrauchs einer unmündigen Minderjährigen“, sondern wegen „Vergewaltigung“ angeklagt.
In der ersten Einvernahme bei der Polizei hatte das Mädchen noch keinen Anhaltspunkt für eine Vergewaltigung geliefert. Sehr wohl aber in der zweiten Vernehmung, zusammen mit ihrem Anwalt. „Er hat den Kopf so stark
hinuntergedrückt, dass es wehgetan hat“, gab sie zu Protokoll. „Ich wollte aufstehen, er hat mich weiter runtergedrückt.“
Nach einer 30-minütigen Besprechung hielt das Gericht die erste Version für glaubwürdiger. Wohl nicht zuletzt deswegen, weil das Mädchen nach der Tat weiterhin Nacktbilder an den Angeklagten verschickt hatte. Was ebenfalls unterging im digitalen Empörium: Die Richterin fällte das Urteil nicht allein. Aufgrund der Höhe des Strafrahmens wurden ein weiterer Berufsrichter und zwei Schöffen zugezogen. Sie könnte theoretisch auch überstimmt worden sein.
Richterin im Visier: „Alte gehört eingesperrt“
Auf Social Media wird die vorsitzende Richterin aber ganz persönlich ins Visier genommen. Mit Bild und Namen (im Unterschied zu dieser Story unverpixelt). Besonders heftig schwingen Accounts die digitale Mistgabel, die klar im Segment der rechten Mythenbildung investiert sind. Manche davon mit nur wenigen Hundert Followern, einige mit völkischer Ausstrahlung (Accountname „Eiernockerl“) und etliche mit reichweitenstarker Ansage.
Am Vormittag des 8. Jänner etwa postet Tim Kellner, 51, aus Ostwestfalen, Präsident des deutschnationalen Motorradclubs „Brothers Guard MC“ und bekennender AfD-, FPÖ- und „Remigrations“-Fan, ein Porträtfoto der Richterin mit dem Kommentar „Die Alte gehört eingesperrt. WIDERWÄRTIG!“ sowie dem nun schon einschlägigen „Zärtlichkeiten“-Zitat. Der Tweet wird 150.000 Mal angezeigt. Ein weiteres Posting zur Causa erreicht sogar 600.000 Menschen.
Die Berliner „Privatperson“ Georg Pazderski mit 100.000 Followern wirft der Richterin vor, „unsere Töchter und Enkelinnen“ zu „Freiwild“ zu erklären. Der Syrer habe die Zwölfjährige im Wiener Parkhaus mit 18 Komplizen vergewaltigt, behauptet er faktenwidrig und treibt die Wut-Maschine mit dem „Zärtlichkeits“-Zitat auf Hochtouren. Ein User kommentiert, die Richterin solle selbst „durch Zärtlichkeiten“ von Syrern „überzeugt werden“.
Martin Sellner legt noch eins oben drauf
Einen neuen Spin versucht der Ex-Identitäre Martin Sellner am 8. Männer kurz nach 12 Uhr mittags. Er postet rund um das Konterfei der Richterin eine Collage mit Schlagzeilen vermeintlich milder Urteile. „Ich finde, Personen wie sie sind Mitschuld an der Verachtung der Fremden vor unserer Justiz und am Martyrium der Einheimischen.“
In der Kommentarspalte unter dem Sellner-Posting findet sich auch ein Hinweis auf den rechten Blog „Derstatus.at“, der mit Rubriken wie „Corona“ oder „Great Reset“ arbeitet. Ein Projekt der ehemaligen „Wochenblick“-Schreiber Bernadette Conrads und Julian Schernthaner. Letzterer hat nach eigenen Angaben in der Vergangenheit mehrere Jahre in England gelebt.
Vielleicht deshalb fühlt er sich bei dem Favoritner Fall an eine Serie von Missbrauchsskandalen erinnert, die in Großbritannien schon vor gut 15 Jahren stattfanden. In mehreren englischen Städten waren damals insgesamt wohl Tausende junge Mädchen aus prekären Verhältnissen von organisierten „grooming gangs“, zusammengesetzt aus vorwiegend pakistanischen Männern, sexuell missbraucht worden.
Auf X wird der Fall „Anna-Sophia“ zur Austro-Version des britischen Grooming-Skandals und bekommt dadurch internationale Flughöhe. Schon in den Kommentaren zur ersten „Exxpress-Meldung“ ist zu lesen: „Es ist wie in England. Mich würde mal die Opferanzahl der Deutschen Mädchen und Frauen interessieren seit der unkontrollierten Zuwanderung.“
Tatsächlich erreicht die Meldung aus Wien zwei Tage später auch die britische Social-Media-Sphäre: Am 10. Jänner um 9.27 Uhr abends postete der – laut Selbstdarstellung an „Breaking News, History, Geopolitics“ interessierte, in seiner Timeline aber fast exklusiv islamfeindlich strukturierte – Account „Dr. Maalouf“ (192.000 Follower) eine stark verkürzte Zusammenfassung:
„A 12-year-old girl was raped by 19 (!) migrants in a parking garage near Vienna Central Station, Austria. The first migrant on trial, a 17-year-old Syrian national, was acquitted, even though he had already confessed. The court ruled there was no evidence to prove the schoolgirl did not consent. He left the girl €100 as a ‚gesture of goodwill‘ before leaving the courtroom.“
So gelesen handelt es sich tatsächlich um ein unfassbares Ereignis. Doch die Darstellung strotzt vor Fehlern. Es ging im Prozess um einen, nicht 19 Beschuldigte. Dieser hatte auch die Vergewaltigung nicht gestanden.
Doch es wird die Version sein, die 1,5 Stunden später wie eine Musk-Rakete durchs X-Universum rast und Millionen Menschen erreicht. Der Chef der Plattform persönlich, Elon Musk (212 Millionen Follower), retweetet den Beitrag um 10.54 Uhr mit dem Kommentar „This is crazy“.
Tausende Kommentare heben mit ab, die vor rassistischer Empörung und dem Zweifel an der Zukunftsfähigkeit Europas strotzen. Bis dato erreichte Dr. Maaloufs Tweet 40 Millionen Aufrufe. Anwalt Flatz postet einen Spendenaufruf unter Musks Posting: „Dear Elon, … non of us can understand this decision …“
„Hybride Kriegsführung“ – das Prinzip Musk
Wie der Tweet von „Dr. Maalouf“ die Aufmerksamkeit des Tesla- und X-Chefs (der selbst nur etwas mehr als 900 X-Accounts folgt) erlangt, lässt sich nicht bis auf den letzten Klick rekonstruieren. „Dr. Maalouf“ reagierte nicht auf eine profil-Anfrage.
Eine sehr wahrscheinliche Querverbindung führt aber zu dem britischen Rechtsextremen Stephen Yaxley-Lennon, der unter dem Pseudonym „Tommy Robinson“ einer der führenden Köpfe der neuen Rechten in Großbritannien wurde.
Robinson – der aktuell eine 18-monatige Haftstrafe verbüßt – benützt schon seit seiner Zeit als Gründungsmitglied der rechtsradikalen „English Defence League“ um 2010 die englischen „Grooming Gangs“-Skandale zur anti-islamischen Propaganda.
Musk und die „Grooming Gangs“
Sowohl Maalouf als auch Musk folgen Robinsons Account (dem selbst insgesamt 1,2 Millionen folgen). Musk hat seinerseits das Thema bereits im vergangenen Jahr groß auf seine Agenda genommen, um damit gegen die neue britische Labour-Regierung zu agitieren, deren Premierminister Keir Starmer er – ohne Tatsachensubstrat – eine „Komplizenschaft“ mit den Tätern vorwirft.
Anfang 2025 begann Musk, intensiv über das Thema zu tweeten und der Labour-Regierung vorzuwerfen, sie würde die Skandale vertuschen. Zum Beispiel am 3. Jänner, vier Tage vor dem Wiener Freispruch: „Starmer was complicit in the RAPE OF BRITAIN when he was head of Crown Prosecution for 6 years. Starmer must go and he must face charges for his complicity in the worst mass crime in the history of Britain.“
„Hundertausende noch immer gruppenvergewaltigt“
Tatsächlich gab es erhebliches Behördenversagen, allerdings liegen diese Fehler mehr als zehn Jahre zurück und sind weitreichend dokumentiert. Unbeirrt bezeichnete Musk die seit Kurzem amtierende Labour-Ministerin Jess Phillips als „rape genocide apologist“ und ermunterte britische Wähler dazu, ihren Abgeordneten deren Verantwortung dafür klarzumachen, „dass Hunderttausende kleiner Mädchen in Großbritannien immer noch systematisch gruppenvergewaltigt werden“.
Der britische „Economist“ hat mithilfe einer KI mehr als 38.000 Tweets analysiert, die Elon Musk zwischen Dezember 2013 und November 2024 verfasst hat.
Bis 2013 betrafen noch zwischen 30 und 50 Prozent von Musks Tweets dessen eigene Unternehmen Tesla und SpaceX. Später wurde aus dem exzentrischen Unternehmer ein Social-Media-Giftmischer. Er wurde politisch hyperaktiv. Während der Covid-Pandemie bezweifelte Musk beharrlich die Gefährlichkeit der Krankheit und die Sinnhaftigkeit der Gegenmaßnahmen, bediente dabei auch immer wieder Verschwörungsmythen und Falschmeldungen.
Tausend Nadelstiche gegen liberale Demokratie
Nach der Übernahme von Twitter im Oktober 2022 und der folgenden Hochstufung seiner eigenen Beiträge im Algorithmus – Musk-Posts sind auf X inzwischen auch für Nichtabonnenten unübersehbar geworden – driftete er mehr und mehr ins raunende Fach ab, verbreitete Verschwörungstheorien, bediente wiederholt antisemitische und islamfeindliche Klischees sowie die antieuropäische Rhetorik der „Make-America-Great-Again“-Szene.
Seit 2023 dominieren Posts über Redefreiheit, Grenzkontrollen, Immigration sowie einen – von Musk so genannten – „woken Gehirnvirus“.
Im vergangenen August erklärte Musk angesichts der rechtsradikalen Krawalle in England nach einem Messerattentat in Southport, das fälschlicherweise einem muslimischen Immigranten zugeschrieben worden war: „Ein Bürgerkrieg ist unvermeidlich.“
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ verglich Musks politische Tweets kürzlich mit der „hybriden Kriegsführung“ autokratischer Regime: „Angriffe, die ohne Waffengewalt auskommen, aber das Ziel haben, eine Gesellschaft zu schwächen – etwa mit den Mitteln der Propaganda.“
Dabei bediene er sich einer „Taktik der tausend Nadelstiche: Eine unablässige Flut von irreführenden oder polarisierenden Inhalten soll die öffentliche Wahrnehmung manipulieren und Stimmungen im Sinne autokratischer Regime aufheizen.“
„Liebe Freunde!“ – die Feedbackschleife ist perfekt
Am 11. Jänner um 12.27 Uhr ist die Feedbackschleife dann perfekt: FPÖ-Chef Herbert Kickl empört sich auf Twitter über das Urteil im Wiener Landesgericht und verweist dabei – auf Elon Musk: „Liebe Freunde! ‚This is crazy‘, (das ist verrückt) schrieb Elon Musk anlässlich dieses Urteils. Und ich kann sagen: Musk hat recht. Ich kann verstehen, dass viele von Euch wütend sind und dieses Urteil nicht verstehen. Ich kann euch versprechen: Sollten wir Regierungsverantwortung übernehmen, werden wir alles Erdenkliche unternehmen, damit es schleunigst zu einer völlig Trendumkehr in der Asyl- und Migrationspolitik kommt.“
Und wie reagiert das Wiener Landesgericht auf den internationalen Shitstorm gegen seine Richterin? Nach einer detaillierten profil-Anfrage am 14. Jänner rückt dessen Präsident, Friedrich Forsthuber, am 15. Jänner doch zur Verteidigung aus. Es seien in „mehrfacher Hinsicht rote Linien überschritten“ worden, erklärt Forsthuber rückblickend.
Als letztes springt auch die Justiz auf
„Die in den letzten Tagen vor allem in den sozialen Netzwerken erfolgten emotionalen Angriffe gegenüber der Vorsitzenden des Schöffengerichts bringen die unabhängige Rechtsprechung in Gefahr.“
Der Präsident der Richtervereinigung, Gernot Kanduth, plädiert dafür, als Justiz proaktiv zu reagieren, wenn die Berichterstattung über einzelne Gerichtsurteile entgleise – durch Aufklärung über die Arbeitsweise der Gerichte. Sachliche Kritik sei aber ausdrücklich erwünscht. „Wir brauchen diesen Spiegel, der uns vorgehalten wird, um uns zu verbessern.“
Die Wiener Opferschutz-Anwältin Patricia Hofmann hätte dazu durchaus Ideen: „In vielen Verfahren zeigt sich ein mangelndes psychologisches Verständnis für das Verhalten von Opfern sexueller Gewalt. Viele Betroffene haben eben nicht die Möglichkeit, sich zu wehren oder ,einfach wegzulaufen‘.“ Zu dem konkreten Urteil lasse sich ohne Einblick in den Akt keine seriöse Einschätzung geben.
Die Ermittlungen gegen weitere Burschen laufen. Ihnen wird vorgeworfen, Anna-Sophia in der Gruppe sexuell genötigt sowie durch intime Fotos und Videos erpresst zu haben. Ob sie überhaupt angeklagt werden, ist offen.
Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.