Giles Portman, Chef der Taskforce East Stratcom, beim Kongress der "Association of European Journalists" (AEJ) im irischen Kilkenny.

Gegen russische Propaganda und Trolle

Eine neue EU-Abteilung kämpft gegen russische Propaganda-Netzwerke.

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Jede Woche präsentiert die "East Stratcom Task Force“ der EU neue "top fakes“ russischer Medien und Websites. Zuletzt ausgesuchte Meldungen, allesamt falsch: Schweden verbietet Weihnachtsbeleuchtung aus Rücksicht auf Muslime, Barack Obama vergleicht Russland mit dem Ebola-Virus, Donald Trump empfiehlt Balten Übersiedlung nach Afrika, eine syrische Flüchtlingsfamilie in Deutschland kassiert 360.000 Euro an Hilfszahlungen, Queen Elizabeth kündigt nahenden Weltkrieg an.

Gegen die geballte Propaganda-Maschine von Kreml-Chef Wladimir Putin mit offiziellen Medien wie dem TV-Sender "Russia Today“, dem Magazin "Sputnik“ und Hunderten Pseudo-NGOs, Websites, Internet-TV-Kanälen und Trollen kämpft seit März 2015 die neue Sonderabteilung im Auswärtigen Dienst der EU (EEAS) mit wöchentlichen Bulletins und Infos auf Russisch und Englisch.

Dass die Propaganda zentral gesteuert wird, könne man klar nachweisen, so Giles Portman, Leiter der zwölfköpfigen Abteilung in Brüssel. So wurden die medialen Attacken gegen die Türkei nach der Aussöhnung zwischen Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdoğan schlagartig eingestellt.

Schon in der russischen Militärdoktrin wurde festgehalten, dass das Internet, Kameras und Videos wirksame Waffen darstellen. Verbreitet werden die Meldungen auch über Niederlassungen in EU-Staaten: Allein in der Slowakei wurden 40 prorussische Internet-Server geortet. Mindestens 2000 Falschberichte aus solchen Quellen hat die Task Force innerhalb eines Jahres in EU-Medien aufgespürt.

Die EU sei nur Vasall der USA, stehe im Sold von Börsenguru George Soros und werde bald zerfallen, heißt es in den Propaganda-Berichten. Oft wird es skurril: Innerhalb einer einzigen Woche warfen russische Info-Dienste Brüssel vor, Pädophilie, Inzest, Nekrophilie und Kannibalismus zu legalisieren.

Aktuell liegen Deutschland und Kanzlerin Angela Merkel im Visier der russischen Propagandisten. Fast täglich eintreffende Desinformationen aus Moskau könnten das Wahlergebnis bei den Bundestagswahlen 2017 beeinflussen, warnte Merkel. Anfang 2016 wurde ein Bericht, wonach ein in Berlin lebendes russisches Mädchen von muslimischen Flüchtlingen entführt und vergewaltigt worden sein soll, von russischen Medien in Umlauf gebracht. Das löste sogar Demonstrationen in Deutschland aus, obwohl die Entführung nach Polizei-Ermittlungen nie stattgefunden hatte.

Einen Bericht über ein Urteil eines österreichischen Gerichts, wonach ein Verfahren gegen einen Flüchtling aus dem Irak wegen Vergewaltigung eines Kindes neu durchzuführen sei, interpretierte Putin höchstpersönlich als "Freispruch“ und betonte, dass eine Gesellschaft, die ihre Kinder nicht verteidige, keine Zukunft habe.

Russische Trolle reagieren heftig, wenn sie aufgedeckt werden. Eine finnische Journalistin entdeckte eine Desinformations-Zentrale in St. Petersburg und sprach mit Angestellten. Nach der Veröffentlichung des Artikels setzte gegen die Journalistin gezieltes Cybermobbing ein, einschließlich Psychoterror durch falsche Infos über ihr Privatleben.

Bild: Giles Portman, Chef der Task Force East Stratcom, beim Kongress der "Association of European Journalists" (AEJ) im irischen Kilkenny.