Lehrerin mit Kopftuch schreibt auf der Tafel
Religionsunterricht

Wie eine Muslima unverhüllt unterrichten wollte und scheiterte

Eine Wiener Islam-Lehrerin legte ihr Kopftuch ab und zog wegen Diskriminierung vor Gericht. Sie bekam in erster Instanz recht. Was das ändern könnte.

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Sie rauchte nicht, trank keinen Alkohol, lernte schon als kleines Mädchen und später als gehorsame Ehefrau, beim Sprechen auf den Boden zu blicken. Im Alter von 14 Jahren wurde sie mit ihrem Cousin verlobt, mit 16 verheiratet, mit 17 schwanger und mit 18 Jahren zum ersten Mal Mutter. Aufgewachsen als fromme Muslima, war Religionslehrerin einer der wenigen Berufe, der für sie infrage kam. 14 Jahre lang unterrichtete Zeliha Ç. an einer Mittelschule in Wien. Bis sie 2017 einen Entschluss fasste, der ihr Leben komplett auf den Kopf stellte. Mit 40 Jahren legte sie ihren Hijab ab, das traditionelle Kopftuch, das Haare, Stirn und Hals verdeckt. Und bekam nicht nur in der Familie und in der Community Probleme, sondern auch am Arbeitsplatz. So schilderte es Ç. bei früheren Gesprächen.

Doch sie begehrte auf. Nicht nur gegen Verwandte und Bekannte, die sie wie eine Verräterin behandelten. Sondern auch gegen den Arbeitgeber. Sie klagte die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), die für den Islam-Unterricht in Österreich zuständig ist, vor dem Arbeits- und Sozialgericht auf 60.000 Euro Schadenersatz. Ç. führte an, einen Landeslehrervertrag nicht bekommen zu haben, der ihr nach zehn Jahren im Dienst längst zugestanden wäre. Außerdem seien ihre Lehrstunden – und damit auch der Verdienst – gekürzt worden. Sie führte beides auf das fehlende Kopftuch zurück.

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Innenpolitik-Redakteurin bei profil. War davor bei der „Kleinen Zeitung“.

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.