Mehr FPÖ bedeutet weniger Frauen im Parlament
Diesen Donnerstag wurde der neu gewählte Nationalrat in der konstituierenden Sitzung der 28. Gesetzgebungsperiode angelobt. Dabei bestätigt sich: Der Frauenanteil im Parlament ist deutlich rückläufig. Unter den 183 angelobten Abgeordneten sind lediglich 66 Frauen - damit sinkt die Frauenanteil von 41 auf 36 Prozent.
Was bereits seit der Wahl feststeht: Die FPÖ stellt die größte Fraktion im Nationalrat und konnte ihre Mandatszahl von 30 auf 57 beinahe verdoppeln – davon werden 31 Personen neu in den Nationalrat einziehen. Trotz des Mann-Frau-Reißverschlussprinzips, das die Freiheitlichen für die ersten dreißig Plätze der Bundesliste angewandt hatten, ist die FPÖ-Fraktion von der Geschlechterparität weit entfernt sein. Lediglich 13 der 57 freiheitlichen Mandatare sind weiblich. Grund dafür sind vorrangig die (männerdominierten) Regionalkreis- und Landeslisten. Damit sitzen immerhin dreimal so viele FPÖ-Frauen im Parlament – zuletzt gab es im blauen Klub nämlich nur vier Frauen. Mit knapp 23 Prozent ist die FPÖ trotzdem das Frauen-Quoten-Schlusslicht im neuen Nationalrat.
Je kleiner, desto weiblicher
Generell gilt für den neuen Nationalrat: Je kleiner die Fraktion, desto höher der Frauenanteil. Die ÖVP kommt auf einen Frauenanteil von 37% (19 von 51 Abgeordneten), die SPÖ ist mit 41 Prozent (oder 17 von 41 Sitzen) etwas femininer aufgestellt. Die Neos besetzen künftig 44 Prozent, also 8 der 18 Sitze mit Frauen, die Grünen schicken dafür mit 56 Prozent (neun der 16 Abgeordneten) die meisten Frauen ins Hohe Haus. Insgesamt ergibt das mit 66 weiblichen Abgeordneten einen Frauenanteil von 36 Prozent.
In der abgelaufenen Legislaturperiode saßen so viele Frauen im Parlament wie nie zuvor in der Geschichte der Republik: 75 der 183 Abgeordneten waren zuletzt weiblich, das sind 41 Prozent der Mandate – der historisch höchste Wert. In der konstituierenden Nationalversammlung vom 4. März 1919 waren acht der 159 Abgeordneten Frauen – das entsprach fünf Prozent. Diese Quote steigerte sich nur langsam, erst Mitte der 1980er Jahre übersprangen die Frauen die 10-Prozent-Hürde, in den 90ern dann die Zwanzig-Prozent-Grenze. Knapp nach dem Jahr 2000 stellten Frauen erstmals ein Drittel der Abgeordneten. Diese Entwicklung scheint mit den 41 Prozent im Sommer 2014 einen Höhepunkt erreicht zu heben.
Je regionaler, desto männlicher
Die allgemeinen Zahlen von Frauen in der österreichischen Spitzenpolitik zeichnen ein ähnliches Bild. Das Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen hat im März 2024 eine Studie vorgelegt, die zeigt, dass sich die Gendersituation leicht verschlechtert hat – vor allem in den heimischen Landtagen ist der Frauenanteil rückläufig.
Auffallend an der Studie ist vor allem eine Beobachtung: Je regionaler die Funktionen und Ämter sind, desto männlicher ist Politik in Österreich. Im (bisherigen) Nationalrat sind sechs von zehn Abgeordneten Frauen. Die Landesregierungen kamen im Februar 2024 auf 38,2 Prozent weibliche Mitglieder, in den Landtagen sind Frauen mit 35,7 Prozent vertreten. Drastisch ist der Gendergap bekannterweise auf Gemeindeebene: Lediglich 10,5 Prozent der Gemeindechefs sind in Österreich Bürgermeisterinnen.
Mit Wahlschein ins Parlament
Wer für welche Fraktion im Nationalrat sitzt ist nach langen Spekulationen mit der konstituierenden Sitzung geklärt – zumindest so lange, bis eine neue Regierung gebildet ist. Denn dann rücken für Abgeordnete, die auf die Regierungsbank wechseln, nachgereihte Parteikolleg:innen nach. Die Geschlechterverhältnisse werden sich damit auch noch drehen in den kommenden Wochen.