Österreich

Glücksspiel-Bande vor Razzien gewarnt? Ermittlungen gegen Linzer Beamten

Verfahren gegen eine mutmaßlich kriminelle Glücksspiel-Organisation aus Oberösterreich: Die Behörden ermitteln nun auch gegen einen Mitarbeiter des Magistrat Linz. Verdacht: Geheimnisverrat.

Drucken

Schriftgröße

Die Staatsanwaltschaft Wels verdächtigt 16 Personen, Teil einer kriminellen Organisation zu sein, die seit über einem Jahrzehnt illegales Glücksspiel betreibt. Die Gruppierung aus dem Großraum Wels ist für Finanzpolizei-Chef Wilfried Lehner „umsatzmäßig mit Sicherheit die größte, aber auch offensivste, die in Österreich am illegalen Glücksspielmarkt agiert“.

Unter Insidern ist die Organisation als „Kajot-Gruppe“ bekannt – benannt nach dem Markennamen der Spielautomaten. Wie konnte diese Gruppierung so stark werden, dass sie zu ihrer Hochphase bis zu 55 illegale Automatensalons mit einem geschätzten Jahresgewinn von sieben Millionen Euro betrieb? Eine These der Ermittler: Die Betreiber hatten einen Informationsvorsprung.

Die Ermittler verdächtigen gleich mehrere Beamte, geheime Informationen an die Gruppierung durchgestochen zu haben.

Schon länger war den Finanzpolizisten bei Razzien in illegalen Glücksspiellokalen aufgefallen, dass die Eingangstüren beim Eintreffen der Beamten bereits verriegelt und die Automaten abgedreht waren. Wurden die Betreiber gewarnt?

Dafür spricht eine WhatsApp-Gruppe namens „Finanz“, die Kriminalpolizisten auf den Handys der mutmaßlichen Bandenmitglieder fanden. Darin wurden Warnungen über anstehende Kontrollen ausgetauscht, das klingt dann so: „Finanzamt ist in Haid unterwegs! Bitte die Mitarbeiter informieren.“ In Haid betrieb die Gruppierung ein Automatenlokal.

Zunächst ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen unbekannte Beamte. Nun verdichtet sich eine Spur zur Stadt Linz: Der Magistrat bestätigte auf profil-Anfrage, dass die Behörden Ermittlungen gegen einen ihrer Mitarbeiter eingeleitet haben. Die Stadt selbst reagierte darauf und kündigte zusätzlich „dienstrechtliche Ermittlungen“ an.

Im Akt finden sich Hinweise dafür, worum es bei den Ermittlungen gehen dürfte: Ein früherer Mitstreiter der „Kajot-Gruppe“ beschuldigte bei seiner Einvernahme durch das Bundeskriminalamt einen Mitarbeiter des Magistrats Linz. Der Bedienstete soll mit einem Mitglied der Gruppierung „öfters auf ein Bier gehen“ und ausgeplaudert haben, „dass die Finanz sich jetzt um Kajot kümmert und wir aufpassen müssen“.

Verdächtig sind laut Ermittlungsakten auch Beamte der Finanzbehörden in Oberösterreich. Ein Zeuge, der in den Lokalitäten der „Kajot-Gruppe“ Stammgast war, sagte beim Bundeskriminalamt aus: „Während meiner aktiven Spielzeit (…) hat mir die Mitarbeiterin (…) einmal erzählt, dass sie einen Anruf bekommt, falls eine Finanzkontrolle stattfindet.“

profil berichtet in der aktuellen Ausgabe ausführlich über die Gruppierung und die ersten Auswertungen der sichergestellten Buchhaltung. Ein Gutachter fand starke Indizien dafür, dass die Gruppierung nicht nur illegales Glücksspiel betrieb, sondern Abgaben in Millionenhöhe hinterzog. Details dazu lesen Sie im aktuellen profil.

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.