"Vertraulichkeit der Ermittlungen"
Einen Monat nach den Razzien im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) kristallisiert sich heraus, unter welchen Umständen diese orchestriert wurden - und welche Rolle der Generalsekretär des FPÖ-regierten Innenministeriums, Peter Goldgruber, dabei spielte. Nachzulesen ist das in einem Bericht der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), der profil, "Der Standard" und dem "Falter" vorliegt. Demnach überbrachte Goldgruber, rechte Hand von FPÖ-Innenminister Kickl, der Behörde am 19. Jänner dieses Jahres persönlich ein "Konvolut an anonymen Eingaben". Dabei handelte es sich offenbar um jenes Pamphlet, das der WKStA bereits seit Sommer 2017 vorlag (nicht nur dieser). Wie berichtet, wird darin ein "kriminelles schwarzes Personennetzwerk" skizziert, das nicht nur das BVT, sondern letztlich den gesamten Polizeiapparat unterwandert haben soll - so auch das für interne Ermittlungen zuständige Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK). Belege liefert das Konvolut nicht, dafür aber eine Vielzahl falscher Fährten und haltloser Anschuldigungen. Dennoch: Goldgruber war alarmiert. Die fallführende Staatsanwältin notierte: "GS Goldgruber/BMI wies darauf hin, dass im Hinblick auf die im Konvolut angeführten Sachverhalte, die nicht nur zahlreiche Mitarbeiter des BVT, sondern auch solche des BAK beträfen, und im Hinblick darauf, dass enge Vernetzungen innerhalb des BMI bestünden, weshalb (sic!) für ihn derzeit unklar sei, welche Ermittlungsbehörde des BMI allenfalls mit Sachverhaltserhebungen beauftragt werden könnte, ohne dabei die Vertraulichkeit der Ermittlungen zu gefährden." Goldgruber soll auch über die Einrichtung einer "Sonderkommission" sinniert haben, die Staatsanwaltschaft nahm das "in Evidenz".
Goldgruber schlug Einsatzgruppe Straßenkriminalität für Hausdurchsuchungen vor
Einen Monat später, am 20. Februar, meldete sich Goldgruber erneut bei der WKStA - um einen "Zeugen" anzukündigen. Dieser kam tags darauf in Begleitung einer "Vertrauensperson" aus dem Kabinett Kickl; einen weiteren Tag später der nächste Zeuge, wieder in Begleitung dieser "Vertrauensperson". Am 23. und 26. Februar sagten zwei weitere Zeugen aus (ohne "Vertrauensperson"), die WKStA setzte daraufhin die Blitz-Hausdurchsuchung im BVT an. Und wieder war Goldgruber zur Stelle. "Da sich der Vollzug der Hausdurchsuchungen zur Sicherung von Daten ohne Einbeziehung einer Polizeibehörde als unmöglich darstellte, wurde am 27. Februar 2018 eine Einsatzbesprechung durchgeführt, an der GS Goldgruber/BMI, ein Kabinettsmitarbeiter BMI und Oberst Wolfgang Preiszler, EGS, teilnahmen", schreibt die Staatsanwältin. "Goldgruber stellte dabei Oberst Preiszler als Leiter der Einsatzgruppe Straßenkriminalität mit dem Hinweis vor, dass diese auch in der Lage sei, sehr kurzfristig und unter Einhaltung der Vertraulichkeit Amtshandlungen durchzuführen." Zu den Hausdurchsuchungen am 28. Februar rückte die Staatsanwaltschaft dann tatsächlich in Begleitung der EGS an, deren Chef Wolfgang Preiszler bekanntlich FPÖ-Politiker ist.
Schlusspointe: Die im BVT sichergestellten Daten werden nun von der Staatsanwaltschaft mithilfe von fünf Beamten des BAK ausgewertet - jenes BAK, von dem Goldgruber der Meinung war, es sei zu korrupt, um in den Fall eingebunden zu werden.