Der Goldschatz der FPÖ
Zu welchem genauen Zweck ein Verein im Umfeld der Wiener FPÖ 2012 die kleine „Pension Enzian“ im St. Jakob in Osttirol gekauft hat, ist seit längerem Gegenstand von Spekulationen. Offiziell sitzt dort ein „Freiheitliches Bildungsinstitut“. Tatsächlich erfüllte das Haus bis vor kurzem aber noch eine ganz andere Funktion: profil vorliegende Ermittlungsakten zeigen, dass die Wiener FPÖ dort Gold lagerte.
Im Zuge der Casinos-Affäre kam es am 12. August 2019 in der „Pension Enzian“ zu einer sogenannten freiwilligen Nachschau durch die Ermittler. Knapp vor 9.00 Uhr in der Früh schritten die Beamten zur Tat. Dabei wurde rasch klar, dass sich in einem abgesperrten Raum zwei Tresore befanden. Die Betreiber der Pension, die anwesend waren, verwiesen die Ermittler an einen Wiener Steuerberater, seines Zeichens blauer Gemeinderat in der Bundeshauptstadt. Dieser signalisierte am Telefon Zustimmung zu einer Öffnung der Tresore, bat aber um etwas Zeit, da die Öffnung „nur von wenigen Personen vorgenommen werden könne, von denen sich keiner in örtlicher Nähe befinde“, wie es in einem vorliegenden Ermittlerbericht heißt.
In der Zwischenzeit konnten die Beamten jedoch zumindest den Raum in Augenschein nehmen, in dem sich die Tresore befanden. Bereits dieser Raum war erheblich gesichert – die beiden Tresore umso mehr.
Vier Personen mit Zugriff auf Tresore
Der Wiener Steuerberater erklärte den Beamten telefonisch, dass nur vier Personen Zugriff auf die Tresore hätten: darunter sein eigener Sohn sowie der Wiener Vizebürgermeister und nunmehrige designierte FPÖ-Landesparteiobmann Dominik Nepp. Die beiden weiteren Personen wollte der Steuerberater am Telefon nicht nennen, wie die Beamten in ihrem Bericht notierten. Der Steuerberater sagte jedoch zu, dass sich zwei zugriffsberechtigte Personen rasch nach St. Jakob begeben würden.
Knapp nach 17.00 Uhr traf Nepp dann höchstpersönlich ein – gemeinsam mit dem Steuerberater und dessen Sohn, einem Rechtsanwalt und einem Chauffeur. Um 17.24 Uhr begaben sich Nepp und der Sohn des Steuerberaters in den Raum und öffneten den ersten Tresor. Darin befanden sich zwei Metallkassetten – versperrt und mit notariellem Siegel gesichert. Im zweiten Tresor lag eine dritte derartige Metallkassette. Geöffnet werden konnten die Behältnisse vor Ort nicht.
Aus einem Notariatsakt, den die Abordnung aus Wien allem Anschein nach dabei hatte, ging hervor, dass der Schlüssel bei einem Notar verwahrt wurde, der allerdings bereits verstorben sei. Der Rechtsanwalt zeigte den Beamten den Notariatsakt, der offenlegen sollte, was sich in den Kassetten befand und sagte zu, eine geschwärzte Version zu übermitteln. Daraufhin wurde auf eine unmittelbare Öffnung verzichtet. Zwei Tage später ließ Nepp die Ermittler einem Bericht zufolge wissen, dass man die drei Schatullen nach Wien überführen werde. Das Siegel sei noch nicht geöffnet worden.
Höchst bemerkenswerten Vorgang
profil liegt nun die geschwärzte Version des Notariatsaktes vor. Dieses Dokument gibt einen höchst bemerkenswerten Vorgang wieder: Demnach begab sich am 30. September 2015 ein Notar in die Landesgeschäftsstelle der FPÖ am Wiener Rathausplatz. Nepp, der damals in seiner Funktion als FPÖ-Landesfinanzreferent auftrat, Landesgeschäftsführer Andreas Guggenberger und der Steuerberater nahmen „drei verschließbare schwarze quaderförmige Metallbehälter aus dem Safe“. Weiter heißt es im Notariatsakt: „In den drei Metallbehältern befinden sich jeweils Goldbarren mit der Beschriftung ‚Münze Österreich, 500 g Fine Gold 999,9’ und den nachfolgend auf den Barren aufgedruckten Nummern und zwar nach vorgenommener Zählung in folgender Anzahl.“
Genau diese Anzahl hat die FPÖ in dem den Ermittlern übermittelten Notariatsakt geschwärzt. Anhand der Länge der geschwärzten Absätze mit den Barrennummern, ließe sich jedoch vermuten, dass es sich um eine größere Menge handelte. Was im Dokument nicht unleserlich gemacht wurde, sind aber die Besitzverhältnisse: Zwei der Kassetten mit Goldbarren befanden sich im Eigentum des Klubs der Wiener Freiheitlichen Landtagsabgeordneten. Eine weitere Kassette gehörte wiederum der Freiheitlichen Partei Österreichs – Landesgruppe Wien. FPÖ-Wien-Obmann war damals bekanntermaßen Heinz-Christian Strache.
Die Goldbarren wurden nach dem Zählen wieder in die Behälter zurückgelegt, die Kassetten versiegelt – und später offenbar nach Osttirol gebracht.
profil fragte bei Dominik Nepp nach, wie hoch der Wert des Goldes ist und woher die entsprechenden finanziellen Mittel dafür stammen. Seitens der FPÖ Wien hieß es dazu jedoch nur: „Wir dürfen zu Vermögenswerten der Partei keine Auskunft geben.”