Großteil aller Corona-Intensivpatienten ist nicht geimpft

profil erfragte bei Spitälern und Medizinern, ob ihre Patienten auf den Intensivstationen immunisiert sind. Das Ergebnis: Ungeimpfte landen deutlich öfter im Krankenhaus.

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Wer wissen will, wie viele der Corona-Intensivpatienten bereits geimpft sind – und wie viele nicht –, der sollte sich lieber nicht aufs Gesundheitsministerium verlassen. Denn das Ressort von Wolfgang Mückstein (Grüne) erhebt diese Zahlen schlicht nicht. Die Bundesländer erst recht nicht. Dabei wären diese Daten zentral, um herauszufinden, wie gut die Impfung vor schweren Verläufen schützt – und vor allem: Welche Gruppen trotz Immunisierung einen Spitalsaufenthalt fürchten müssen.  

Mehrheit der Intensivpatienten ließ sich nicht impfen 

profil hat alle Intensivstationen durchtelefoniert, auf denen Corona-Patienten aktuell um ihr Leben kämpfen. Teilweise war es nötig, die Pressestellen zu umgehen und die Zahlen direkt bei Medizinern zu erfragen. Teilweise waren die Spitalsträger aber selbst am Ergebnis interessiert und deshalb kooperativ. Damit liegen für Österreich nun erstmals Daten vor, wie viele Intensivpatienten sich nicht impfen ließen. Stand Mittwoch (3. August) lagen 31 Menschen mit einer Corona-Infektion auf österreichischen Intensivstationen. Vorneweg: Das ist eine kleine Grundgesamtheit – und doch lässt sich ein klarer Trend ablesen: Die Wahrscheinlichkeit, wegen Covid-19 im Spital zu landen, ist für Ungeimpfte viel höher. Anders formuliert: Die Impfung wirkt. Meistens zumindest.  

Die Zahlen im Detail: Von den 31 Personen, die am Mittwoch intensivmedizinisch betreut werden mussten, waren 24 ungeimpft. Zwei weitere Patienten hatten richtig Pech und infizierten sich vor der zweiten Teilimpfung, sie hatten noch keinen ausreichenden Impfschutz aufgebaut. Demnach war zum Stichtag eine deutliche Mehrheit von insgesamt 84 Prozent der Corona-Intensivpatienten ohne vollständigen Impfschutz. Die restlichen 16 Prozent (fünf Personen) waren doppelt geimpft und landeten trotzdem auf der Intensivstation. Eine hundertprozentige Garantie, dass sich ausreichend Antikörper bilden, gibt es auch für Geimpfte nicht. 

Tiroler Kliniken: 94 Prozent ohne Immunisierung 

Bestätigt wird das deutlich höhere Risiko für Ungeimpfte von den Tiroler Kliniken: Im Mai und Juni wurden in allen Kliniken des Landes 34 neue Corona-Patienten auf Intensivstationen aufgenommen, wie eine Auswertung für profil zeigt. Nur zwei von ihnen waren vollimmunisiert, vier weitere erstgeimpft. Der Anteil von nicht vollständig Immunisierten: 94 Prozent. 

Am Mittwoch veröffentlichte auch die AGES Daten zum Impfeffekt: Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit hat den Anteil vollständig Geimpfter unter symptomatischen Corona-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Gesamtbevölkerung verglichen. Für die Altersgruppe über 60 Jahren liegt die Impfeffektivität bei 92,2 Prozent. Unter allen 266.411 Neuinfizierten seit Jahresbeginn waren auch 1656 geimpfte Personen, bei denen es zu einem sogenannten Impfdurchbruch kam. Das ist zwar nicht viel, aber nicht nichts.  

Intensivmediziner kritisieren Gesundheitsminister Mückstein 

Angesichts solcher Zahlen reagieren Intensivmediziner zunehmend allergisch auf Impfskeptiker. Sie kritisieren unverantwortliche Medienberichte, ungeimpfte Risikopatienten – und den Gesundheitsminister. Das alles können Sie im neuen profil lesen. Zum E-Paper geht es hier.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.