Grüne zu Rammstein: „Mutmaßlichen Tätern darf man keine Bühne bieten“
Rammstein soll nicht in Wien auftreten, bis die Missbrauchsvorwürfe aufgeklärt sind - das fordert die Grüne Frauensprecherin Meri Disoski.
Am 26. und 27. Juli soll die deutsche Band Rammstein im Wiener Ernst-Happel-Stadion auftreten. Doch die Shows der Stars sind umstritten. Mehrere Frauen haben in den vergangenen Wochen - teilweise anonym - den Vorwurf der sexuellen Übergriffigkeit gegen Till Lindemann, den Front-Sänger, erhoben: Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und zur Aftershowparty eingeladen worden sein. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.
In München fand gestern das erste Konzert seit Bekanntwerden der Vorwürfe statt - in Wien fordern indes die Grünen, die Konzerte im Juli abzusagen.
Frau Disoski, Rammstein tritt derzeit in München unter verstärkten Sicherheitsbedingungen auf: Es gibt keine „Row Zero“ und keine Aftershowparty. Das reicht nicht?
Disoski: Ich habe mir von Juristinnen und Juristen erklären lassen, dass tatsächlich ein Anfangsverdacht vorläge. Wenn tatsächlich mehrere Personen unabhängig voneinander denselben Vorwurf formulieren, würde das juristisch reichen, um auch die Justiz auf den Plan zu rufen. Wir sind sehr klar der Meinung, dass auch, wenn jemand mutmaßlich ein Täter ist und sexuelle Gewalt gegenüber Frauen ausgeübt hat, dann darf man einem solchen Menschen einfach keine Bühne bieten. Das, was Frauen hier aussagen, sind ja wirklich Straftatbestände: Also jemand gegen seinen Willen unter Drogeneinfluss zu setzten, jemand gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen zu überreden und mutmaßlich zu vergewaltigen.
Sie appellieren nun direkt an die Veranstalter:innen.
Disoski: Die Veranstalter:innen sind hier in der Pflicht, ein klares Statement zu geben und mutmaßlichen Tätern keine Bühne zu bieten. Dass jemand, gegen den Verdachtsfälle vorliegen, vor Zehntausenden auftreten kann – was ist denn das für ein Signal? Es geht um Machtmissbrauch, und die Geschichte hat gezeigt, wie den Männern geglaubt wurde und nicht den Frauen – und wie oft das falsch war. Das ist systemisch.
Frauenministerin Susanne Raab sagte zuletzt, die Stadt Wien sei hier in der Pflicht. Welche Rechtsgrundlage hat die Politik, um ein Konzert abzusagen?
Disoski: Ich habe mich sehr gefreut, dass sich die Frauenministerin endlich einmal durchgerungen hat, etwas zu sagen, weil sie bei anderen Causen geschwiegen hat. Es ist substanziell, dass Politiker:innen klar Stellung beziehen, dadurch wird Druck aufgebaut. Verhindern kann es die Politik tatsächlich nicht, hier sind die Konzertveranstalter:innen am Zug. Und ob die Stadt Wien eine rechtliche Handhabe hat, das weiß ich nicht. Es wäre gut, wenn die Stadt mit Vehemenz prüft, welche Möglichkeiten sie hat.
Sie sagen, Rammstein soll nicht auftreten, bis die Vorwürfe restlos aufgeklärt sind. Ein mögliches Verfahren könnte sich ja durchaus in die Länge ziehen.
Disoski: Ich würde nicht wissen, wieso das so lange dauern sollte. Es gibt mehrere dutzend Aussagen, sowohl von den Frauen als auch aus dem näheren Umfeld der Band. Es müsste auch im Interesse der Justiz sein, das sehr schnell aufzuklären.