Michael Häupl verabschiedet sich nach fast 24 Jahren im Amt

"Sie werden mir fehlen" - "Mit Dir zu streiten hat oft viel mehr Spaß gemacht als mit anderen einer Meinung zu sein" - FPÖ mit kritischer Bilanz - Grüne loben politischen Mut zu Rot-Grün.

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Durchaus sanft im Ton und mit allerlei Bonmots hat sich am Donnerstag die Opposition von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) verabschiedet. Vor allem die Klubchefs von NEOS und ÖVP, Beate Meinl-Reisinger und Manfred Juraczka, zollten dem langjährigen Stadtchef im Gemeinderat Respekt. Kritik gab es von der FPÖ. Die Grünen dankten für den Mut Häupls, 2010 erstmals Rot-Grün gemacht zu haben.

Als erste nach Häupls Abschiedsrede ergriff NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger das Wort - und gestand sogleich: "Ja, Sie werden mir fehlen." Denn: "Sie sind eine Kulturfigur geworden." Dank sprach die pinke Klubobfrau dem scheidenden Bürgermeister dafür aus, die Chance, Wien in der EU zu positionieren, genutzt zu haben und in den vielen Jahren des politischen Wirkens "die Wienerinnen und Wiener stets im Fokus gehabt" zu haben. Häupl könne als Vorbild dienen, wenn es darum gehe, "sich am Ende einer Arbeitswoche oder eines Arbeitslebens in den Spiegel schauen zu können". Nicht immer auf Umfragen zu schauen, sondern seinen eigenen Überzeugungen treu zu bleiben - "das zeugt von Charakter". Häupl habe sie auch besonders angespornt, erinnerte sich Meinl-Reisinger: Denn nach dem NEOS-Einzug in den Gemeinderat habe er gemeint: "Auf Euch hamma ned gewartet."

Mit Dir zu streiten hat oft viel mehr Spaß gemacht als mit anderen einer Meinung zu sein.

Eine Spur amikaler legte ÖVP-Klubobmann Manfred Juraczka seine Würdigung an - auch wenn er versprach, nicht allzu sentimental und verklärend zu werden: "Ich werde mich zusammenreißen." Häupls Intellektualität habe leider auch dazu geführt, dass "Du mit mir lieber über die umstrittene Bodenpolitik von Salvador Allende im Chile der 1970er-Jahre diskutiert hast als über die aktuellen Probleme in der Wiener Verkehrspolitik". Doch bei allen inhaltlichen Differenzen: "Eines ist klar: 24 Jahre an der Spitze dieser Stadt, das kann kein Zufall sein", räumte Juraczka ein: "Und mit Dir zu streiten hat oft viel mehr Spaß gemacht als mit anderen einer Meinung zu sein." Als Geschenk überreichten die Rathaus-Schwarzen Häupl - er ist bekennender Hobbykoch - das "Kochbuch des Sozialismus".

Dank und ein Präsent gab es auch vom Koalitionspartner, wobei hier nicht Klubchef David Ellensohn, sondern das grüne Urgestein Christoph Chorherr die Aufgabe übernahm. Schließlich sei er schon bei der Angelobung Häupls dabei gewesen, erklärte er. Respekt gab es dafür, dass Häupl im richtigen Moment immer wieder Mut gezeigt habe: "Es war 2010 sicher nicht ganz einfach, eine Koalition mit den Grünen zu wagen." Chorherr würdigte die "Haltung" des scheidenden Stadtoberhaupts in Sachen Weltoffenheit und Vielfalt, sein Prinzip der Versöhnung ("Nicht ein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch") und seine "Vielgesichtigkeit", mit der Häupl wissenschaftliche Kreise genauso ansprechen könne wie Vormittagsgäste einer "Spelunke". Als Verdeutlichung gab es ein Bild als Geschenk, auf dem der abtretende Bürgermeister in allerlei Rollen - vom Punk bis zum Grantler - porträtiert wurde.

Rauer fiel der Abschied der FPÖ aus. Klubchef Anton Mahdalik konzentrierte sich vor allem auf die "leise Kritik", die er trotz der feierlichen Stunde anbringen wolle. Obwohl sich Häupl bei allen Wienern bedankt habe, dass sie ihm so lange das Vertrauen geschenkt hätten, sei er, Mahdalik, sich nicht sicher, ob alle Wiener diesen Dank zurückgeben. "Vieles hat sich in dieser Zeit verändert - auch zum Negativen", nannte der Freiheitliche in erster Linie "Parallelgesellschaften", durch die sich viele Einheimische nicht mehr sicher fühlten: "Ich setze große Hoffnungen in den neuen Bürgermeister Michael Ludwig, dass hier gegengesteuert wird." Spitzen brachte der Blaue auch bezüglich Spritzertrinken und dahingehend an, dass im Bürgermeister-Job sowieso keine Burn-out-Gefahr bestehe. Nicht ganz verwunderlich, dass Häupl dem blauen Fraktionsvertreter - anders als allen anderen - keinen Applaus für seine Rede spendete.

Zum Schluss würdigte SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch Häupl für die vergangenen 24 Jahre. Dessen Engagement sei bis zum letzten Tag seiner Amtszeit groß gewesen: "Wien ist mit Dir noch ein bissl klasser geworden und du warst ein klasser Bürgermeister", zog Oxonitsch Bilanz - und vergaß dabei auch nicht, sich von den scheidenden roten Stadträten Andreas Mailath-Pokorny, Renate Brauner und Sandra Frauenberger zu bedanken.

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