Haschomat im Planquadrat: Grüne für THC-Grenzwert am Steuer
"Wer pro Woche statt einem Glas Wein einen Joint konsumiert, ist durch die Abbauprodukte von THC im Körper bei jeder Autofahrt seinen Führerschein potenziell los", sagt Rainer Schmid, langjähriger Leiter der Toxikologie im AKH Wien und Vater des Drogenpräventionsprojektes "Check it!".Die akute Wirkdauer von Cannabis betrage in der Regel aber nur wenige Stunden, deswegen fordert nicht nur er seit geraumer Zeit einen Grenzwert für Cannabis ähnlich der 0,5-Promillegrenze bei Alkohol. Im Juli machte der Suchtbeirat der schwarz-grünen Vorarlberger Landesregierung einen Vorstoß für einen Grenzwert von drei Nanogramm THC im Blut.
Das zuständige Verkehrsministerium von Leonore Gewessler (Grüne) arbeitet nun an einem Gesetzesentwurf, erfuhr profil. "Nach dem Beeinträchtigungsprinzip muss unterschieden werden zwischen Konsum, der bereits vor Tagen stattgefunden haben kann, und akuter Fahrtüchtigkeit. Klare Kriterien dafür würden auch eine Vereinfachung der Verfahren bedeuten",heißt es aus dem Ministerium. Man prüfe gerade die Verfahren, die dazu in vielen anderen EU-Ländern bereits angewandt werden.
Tatsächlich sind Grenzwerte bereits Standard in Europa. In Deutschland liegen sie bei einem Nanogramm THC im Blut, diesen Zustand vergleicht Experte Schmid bei aller Unschärfe mit 0,2 Promille Alkohol im Blut. In Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland liegt der Grenzwert bei zwei, in Großbritannien, Polen, der Schweiz bei drei, in Tschechien bei vier, in Holland, Portugal bei sechs. In Deutschland hat der Verkehrsgerichtstag jüngst eine Erhöhung empfohlen. Angesichts der anstehenden Cannabis-Legalisierung ein wahrscheinliches Szenario.
"Die Zahl der Führerscheinabnahmen wegen Suchtgifteinflusses sei in zehn Jahren von jährlich 400 auf 6500 explodiert."
Was ändern Grenzwerte? Derzeit fordert die Polizei Lenker bei Verdacht auf Drogenmissbrauch zum Harntest auf, der im Unterschied zum Alko-Test nicht verpflichtend ist. Wird der Harntest verweigert oder schlägt an, werden die Lenker Amtsärzten vorgeführt, die auch das Blut untersuchen. Ob eine Beeinträchtigung vorliegt, entscheiden sie. "In Kombination mit einer oftmals attestierten Übermüdung können bereits minimalste THC-Werte dazu führen, dass der Führerschein für einen Monat weg ist", sagt der auf diese Delikte spezialisierte Rechtsanwalt Martin Feigl. Dazu kämen Strafen und Kosten in der Höhe von 1700 Euro, ein Pflichtbesuch beim Psychologen sowie die Auflage, künftige Abstinenz durch regelmäßige Haar-oder Urinanalysen zu belegen.
"Die Zahl der Führerscheinabnahmen wegen Suchtgifteinflusses sei in zehn Jahren von jährlich 400 auf 6500 "explodiert", sagt Feigl. Meistens gehe es um Cannabis.
Aus dem schwarzen Innenministerium heißt es zu Grenzwerten: "Die legistische Zuständigkeit liegt beim Verkehrsministerium." Aber auch: "Grenzwerte sind eine politische Frage."Konflikte in der Koalition sind programmiert. Cannabis gilt weiterhin als illegale Droge. Wer Grenzwerte im Verkehr einzieht, toleriert bis zu einem gewissen Grad den Konsum darunter.
Möglich wäre ein politischer Tauschhandel zwischen ÖVP und Grünen. Das Innenministerium wünscht sich dem Vernehmen nach verpflichtende Harntests. Damit könnte die Polizei Drogenkontrollen im Straßenverkehr intensivieren und Drogenlenker schneller aufspüren. Ohne Grenzwerte könnte eine Aktion scharf aber das ohnehin löchrige Amtsärzte-System überfordern. Grenzwerte wiederum könnten den medizinischen Check abkürzen.
"Es bräuchte dann eine Grundlage, wann überhaupt Blut abgenommen werden darf",sagt ein Sprecher des Innenministeriums und weist auf die Problematik hin, wenn verschiedene Beeinträchtigungsgründe wie Cannabis, Alkohol, psychoaktive Substanzen, Medikamente oder Müdigkeit zusammentreffen.
Laut Gesundheitsministerium geben sieben Prozent der 15-bis 24-Jährigen an, im vergangenen Monat zumindest ein Mal gekifft zu haben, darunter sind wohl auch (künftige) Autofahrer. Die Debatte über THC am Steuer gewinnt an Fahrt.
Vor 20 Jahren unterstellte die ÖVP den Grünen in einem schmutzigen Wahlkampf, sie wollten Haschtrafiken einführen. Dagegen wirkt die aktuelle Debatte über den "Hasch-Traffic" wohldosiert.