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Wien-Wahl 2025

Heinz-Christian Strache: Wahlkampf unter der Brücke

Einst war Heinz-Christian Strache einer der gefürchtetsten rechten Anführer Europas. Heute kämpft er um den Einzug in den Wiener Gemeinderat bei U-Bahn-Stationen.

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Wien-Liesing, Station Alterlaa, unter der U-Bahn-Brücke. Hackler in Blaumännern schlurfen heimwärts, tätowierte Frauen mit Kinderwagen hasten über den Zebrastreifen, ältere Pärchen in Jogginghosen flanieren, zwei serbische Burschen spitzen auf die blau gefärbten Ostereier, die auf Heinz-Christian Straches Wahlkampfstand drapiert sind; „wegen der Proteine“, sagt der größere der beiden.

Heinz-Christian Strache, blaue Jacke, ausgewaschene Jeans, weiße 800-Euro-Sneaker der Marke Celine, bewegt sich unterdessen zwischen Fahrbahn und U-Bahn-Aufgang von Passant zu Passant wie ein erfahrener Wirtshauskellner: geschmeidiger Schritt, voller Kontakt und sein wichtigstes Asset – der unnachgiebige Blick.

Straches politisches Geschick fußt auf dieser intuitiven Beislmentalität. Für manche ist er hier eine Art Pop-up-Beichtvater: Eine ältere Dame vertraut ihm an, dass sie keine Gemeindewohnung bekommen kann, weil sie nirgends gemeldet ist. Ein Mann mittleren Alters schwärmt von seiner Kindheit in Alterlaa; eine junge Frau erzählt von ihrem neuen Freund, der bei Wiener Wohnen arbeitet, und davon, dass sich die Ausländer nicht benehmen und jedem, der sie zurechtweist, Ausländerfeindlichkeit vorwerfen. Strache sagt gar nicht viel. Er hört vor allem zu. Da und dort ein „schrecklich“, dann ein „Wahnsinn“, ein Schulterklopfen.

Vor zehn Jahren erreichte die Wiener FPÖ mit Strache an der Spitze 30,8 Prozent der Stimmen und damit das historisch beste blaue Ergebnis bei einer Wiener Wahl. Diesmal muss Strache, aus seiner früheren Partei hinausgeschmissen, um den Einzug in den Gemeinderat an U-Bahn-Ausgängen wie diesem um jede einzelne Stimme kämpfen. Und das tut er vornehmlich in Liesing, Favoriten, Donaustadt und vor allem Floridsdorf, also in den klassischen blauen Battlegrounds.

Strache ist politisch immer noch blau, „das Original“, wie er sagt. Und er bringt immer noch seine Evergreens über gewalttätige Banden aus dem Ausland; Ausländer, die sich nicht integrieren, die nix arbeiten wollen, über das Parkpickerl. Doch es ist mehr als fraglich, ob seine Truppe bei der Wahl am 27. April überhaupt die Hürde von fünf Prozent nehmen wird. Schon 2020 scheiterte sie daran.

Kippbild Strache

Ein Radfahrer empört sich lautstark, als er Strache beim Herannahen erblickt: „Welcher Trottel sponsert Sie?“, brüllt er. Und: „An Ihrer Stelle würde ich unterirdisch gehen.“ Das Gekeife perlt an Strache ab. Die meisten hier sind sowieso, zumindest moralisch, Team HC. In vielen Menschen, Autochthonen wie Migranten, rührt Strache etwas. Sein Schicksal hat etwas Tragisches.

Nina Brnada

Nina Brnada

Redakteurin im Österreich-Ressort. Davor Falter Wochenzeitung.