Hetze im Netz: Dieser Hass hat Konsequenzen
„Der Islam gehört unter Strafe gestellt und jeder der ihn ausübt gehört erschossen!!“ Das postete ein 42-jähriger Arbeiter auf einer islamkritischen Facebook-Site. Die brutalen Methoden der Terrorgruppe IS hätten ihn zuvor erzürnt, gab er später an. Da er jedoch nicht nur zur Gewalt gegen einzelne Terroristen, sondern gegen alle Angehörigen einer Religionsgruppe aufgerufen hatte, sah das Landesgericht Innsbruck den Tatbestand der Verhetzung erfüllt: 1800 Euro Geldstrafe.
2015 war ein negatives Rekordjahr. Österreichweit gab es 44 Verurteilungen wegen Verhetzung. Zum Vergleich: 2013 waren es nur acht gewesen, 2014 30 Verurteilungen. Oftmals geht es um Aussagen im Internet. Vergangenes Jahr kam es vor allem in der Flüchtlingsdebatte zu einschlägigen Entgleisungen. Und auch nach der Bundespräsidentenwahl machen derzeit viele freiheitliche Wähler ihrem Zorn im Netz Luft. Mit Verschwörungstheorien und Wut reagiert mancher darauf, dass nicht der blaue Kandidat die Wahl gewonnen hat.
Es gibt jedoch juristische Grenzen: etwa den Straftatbestand der Verhetzung. Wer beispielsweise zu Gewalt gegenüber Menschen bestimmter Herkunft oder Religionszugehörigkeit aufruft oder Hass gegen sie schürt, begeht Verhetzung nach Paragraf 283 des Strafgesetzbuches. Es drohen Geld- oder Haftstrafen bis zu zwei Jahren. Führt eine Wortmeldung zu Gewalttaten, kann es gar eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren geben.
Zuletzt schärfte der Gesetzgeber hier nach: Seit Anfang des Jahres sind auch Gewaltaufrufe gegen „Asylanten“ oder Ausländer im Allgemeinen verboten. Eine Strafrechtsreform änderte dies. „Wir besserten hier nach – auch als Reaktion auf das erhitzte Klima, das wir beobachten konnten. Es muss klar sein, dass wirkliche Verhetzung kein Spaß ist, dass dieser Hass die Gesellschaft vergiftet. Dementsprechend hat Hass auch strafrechtliche Konsequenzen“, sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter.
Die Strafe hängt immer vom Einzelfall ab. Die Höhe der Geldstrafe wird auf Basis des Einkommens des Verurteilten berechnet.
Eine weitere Änderung brachte die Strafrechtsnovelle: Zwar sind nun mehr Formen von Gewaltaufrufen verboten, jedoch wurde der Tatbestand juristisch enger eingegrenzt. Strafbar ist eine Wortmeldung nur, wenn das Gericht davon ausgeht, dass der Angeklagte dadurch die Menschenwürde anderer verletzen wollte. „Eine achtlose und wütende Äußerung am Stammtisch soll noch nicht strafbar sein, sehr wohl aber ein Kommentar, der absichtlich Hass über Minderheiten schürt“, sagt der Minister. Nicht jede verletzende Aussage erfüllt automatisch den Straftatbestand der Verhetzung – genau genommen kommt es sogar nur in einem Bruchteil der Fälle zur Verurteilung. „Dass die Zahl der Verurteilungen aber steigt, zeigt auch die stärkere Sensibilisierung der Justiz“, meint Brandstetter.
In Deutschland veröffentlichte unlängst Stiftung Warentest eine Liste, welche Strafen für Hasskommentare ausgesprochen worden sind. profil hat nun einige Beispiele für Österreich gesammelt, die Verhetzung und somit nicht mehr durch die Meinungsfreiheit geschützt sind. Islamfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus – die Bandbreite des Unzulässigen ist groß. Die Strafe hängt immer vom Einzelfall ab. Die Höhe der Geldstrafe wird auf Basis des Einkommens des Verurteilten berechnet. Man kann also nicht schablonenhaft sagen, wie viel ein hetzerisches Posting vor Gericht kostet.
Wohl aber ist einigen Bürgern mittlerweile bewusst, dass ihre Worte rechtswidrig sein könnten. Ein skurriler Fall trug sich in Kärnten zu: Ein User hatte auf Facebook ein Video über die Schächtung von Rindern gesehen – eine in Österreich erlaubte Schlachtmethode nach islamischer und jüdischer Tradition, bei der Tiere unbetäubt getötet werden. Dazu postete er: „Abartig auf die gleiche Art sollte man muslime schlachten moglich das unsere Behörden das als volksverhetzung sehen aber das isr mir scheiß egal.“ Das Landesgericht Klagenfurt sah dies als Verhetzung, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Betroffene legte Berufung ein – anders, als sein Posting suggeriert, scheint ihm eine Verurteilung doch nicht „scheiß egal“ zu sein.