Ibiza-Affäre: Wie Unternehmer verdeckte Spenden an einen FPÖ-nahen Verein leisteten
"Gaston Glock“, „Heidi Horten“, „René Benko“: Diese Namen nannte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in jener schicksalhaften Nacht auf Ibiza vor versteckter Kamera als Beispiele für potenzielle Spender. Derartige Geldgeber würden jedoch nicht direkt an die Partei, sondern an einen Verein spenden, meinte Strache: „Dadurch hast du keine Meldung an den Rechnungshof.“ Nach der Veröffentlichung des Videos im Mai 2019 bestritten alle Genannten vehement, Spenden geleistet zu haben. Tatsächlich konnten bei den bisher gefundenen Vereinen im FPÖ-Umfeld keine Zahlungseingänge von Glock, Horten oder Benko entdeckt werden. War also das gesamte Vereinsspenden-Konstrukt, das Strache auf Ibiza skizzierte, reine Prahlerei?
Nicht ganz: In Folge des Ibiza-Videos wurden tatsächlich mehrere FPÖ-nahe Vereine entdeckt. Inzwischen wissen die Ermittler: Auf den Vereinskonten sind Zahlungen über mehrere Hunderttausend Euro eingegangen. Und auch eine andere Aussage Straches im nun vorliegenden Ermittler-Protokoll des Ibiza-Videos weist Parallelen zur Realität auf: „Schau, es gibt Zusagen,wenn sie es hören will, es gibt Zusagen … ein großer Tiroler Unternehmer, dessen Namen ich nicht sagen kann … ein Tiroler Unternehmer, der in Österreich, Italien, Ungarn und in den Visegrad-Staaten“ tätig sei.
Wer kann damit gemeint sein? Das Treffen auf Ibiza fand in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 2017 statt. Laut vorliegenden Unterlagen verbuchte der FPÖ-nahe Verein „Austria in Motion“ just einen Tag später, am 26. Juli 2017, einen Spendeneingang von 10.000 Euro. Die Überweisung stammte von einem Mitarbeiter der PEMA Immobilien GmbH aus Innsbruck, die damals im Alleineigentum des Tiroler Unternehmers Markus Schafferer stand. Schafferer erklärte in einer Zeugeneinvernahme, er habe nach einem Gespräch mit Strache seinem Mitarbeiter aufgetragen, „die Spende für mich durchzuführen“, da er als Unternehmer „keiner Partei zugerechnet werden“ wolle. Der Mitarbeiter gab zu Protokoll, im Gegenzug 15.000 Euro von der PEMA erhalten zu haben.
Schafferer hat durchaus auch in Italien, Ungarn und Tschechien investiert. Ist er der „Tiroler Unternehmer“,den Strache auf Ibiza erwähnte? Der Anwalt des früheren FPÖ-Chefs gab dazu keinen Kommentar ab. Schafferer meint auf profil-Anfrage: Es gebe „einige Tiroler Unternehmer, auf die diese Beschreibung passen würde“. Als Grund für die Spende führte Schafferer an, er „wollte zur damaligen Zeit als Unternehmer stärker in Wien Fuß fassen“. Eine Parteispende sei das nicht gewesen. Gegen Schafferer wird nicht ermittelt.
Bemerkenswert :Bei „Austria in Motion“ gab es noch weitere Spender, die nicht als solche aufscheinen wollten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) leitete unlängst Ermittlungen gegen einen Kärntner Unternehmer ein, der 2018 verdeckt Firmengelder von 17.000 Euro gespendet haben soll. Er soll das Geld an eine dritte Person übergeben haben, die die Spenden dann von ihrem Konto weiterleitete. Der Mittelsmann sagte als Zeuge aus, der Geldgeber habe „geschäftlich in Wien Fuß fassen“ wollen „und sich Hilfe von der FPÖ erwartet“. Auf profil-Anfrage wollte der Kärntner Unternehmer zu seiner Motivation für die Spende keinen Kommentar abgeben. Er behauptet, dass es einen Gesellschafterbeschluss für die Zahlung gegeben habe, der nun an die WKStAi übermittelt würde, und rechnet mit einer raschen Einstellung des Verfahrens.
Tatsächlich stellen verdeckte Parteispenden in Österreich per se keinen Straftatbestand dar. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue. Können die Spender einen Beleg dafür vorweisen, dass sie Firmengeld nicht zweckwidrig verwendet haben, sind sie – aber auch die Empfänger – aus dem Schneider. „Austria in Motion“ erhielt von Juni 2015 bis Mai 2019 Spenden von insgesamt rund 380.000 Euro. Weitere 1,2 Millionen Euro sammelten die FPÖ-nahen Vereine „Patria Austria“, „Wirtschaft für Österreich“ und das „Institut für Sicherheitspolitik“ an Spenden, Sponsorings und Subventionszusagen ein. Unter den größten Zahlern: Novomatic, die Industriellenfamilie Turnauer und Steyr Arms – alle bestreiten, Parteienfinanzierung geleistet zu haben.
Die Ermittlungen der WKStA zum Vereinsnetzwerk dürften jedenfalls abgeschlossen sein. Vor Kurzem wurde ein Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt – üblicherweise heißt das, dass die Entscheidung bevorsteht, ob Anklage erhoben wird oder nicht. Laut WKStA wird das Verfahren gegen „rund zehn Beschuldigte“ geführt. Einstellungen habe es bisher keine gegeben.
(Update: In einer früheren Version der Geschichte gaben wir dem Unternehmer Markus Schafferer fälschlicherweise den Vornamen Martin. Wir bedauern den Irrtum.)