Nach Ibiza: Sind die Parteien zu echter Transparenz bereit?

Seit dem Ibiza-Skandal ist klar: Österreichs System der Parteienfinanzierung liegt im Argen. Mit gefinkelten Tricks stehlen sich Parteien aus ihrer Rechenschaftspflicht – oder umgehen Verbote. Nun besteht erstmals eine Chance auf eine echte Reform. Aber wozu sind die Parteien wirklich bereit? Der profil-Check gibt Antworten.

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Im Parlament übertreffen sich die Parteien derzeit mit Reformideen zu transparenteren Finanzen. Dabei herrscht das Prinzip: Alle wollen, was ihnen selbst am meisten nützt. So fordert die SPÖ mehr Restriktionen bei Parteispenden durch Privatpersonen, während die ÖVP für eine Kürzung der staatlichen Parteienförderung plädiert.

Dennoch: Es scheint derzeit ein Zeitfenster offen, in dem eine echte Reform der Parteifinanzierung denkbar ist. Doch wer will eigentlich was?

profil übermittelte allen Parlamentsparteien denselben Fragebogen, zu welchen Maßnahmen sie jetzt bereit sind, um die Parteifinanzen transparenter zu gestalten. Bis auf die ÖVP antworteten alle Parteien fristgerecht. Die Volkspartei übermittelte lediglich ein grundsätzlich gehaltenes Statement: Man habe "im letzten Wahlkampf alle Spenden im Internet veröffentlicht", heißt es darin. Bereitschaft signalisierte die ÖVP, darüber zu diskutieren, ab welcher Höhe Spenden an den Rechnungshof gemeldet werden sollen. Darüber hinaus sei eine Reduktion der Parteienförderung "notwendig". Und: "Dubiose Vereinskonstruktionen, mit denen Gesetze umgangen werden, müssen restlos offengelegt werden."

Der profil-Check ist Teil der aktuellen Coverstory zu den schwarzen Kassen der Parteien, die Sie im E-Paper lesen können.

Würden Sie einer Spenden-Obergrenze für Parteien zustimmen? Wenn ja: In welcher Maximalhöhe sollten Spenden zukünftig angenommen werden dürfen?

FPÖ: Ja. Maximal 3.500 Euro pro Jahr und Spender. SPÖ: Ja. Maximal 10.000 Euro pro Jahr und Spender. Eine niedrigere Grenze ist nach Verhandlungen vorstellbar. Gesamtspenden pro Wahl (vom Stichtag bis sechs Monate nach dem Wahltag) sollen auf 200.000 Euro begrenzt werden. JETZT: Ja. Maximal 100.000 Euro pro Jahr und Spender. Das ist unsere Verhandlungsposition, bei der wir auf Zustimmung der Großparteien hoffen. Eine niedrigere Grenze wäre wünschenswert. NEOS: Wenn vollständige Transparenz der Kassen von Parteien sichergestellt ist, kann man in Folge auch über eine Spenden-Obergrenze diskutieren. Neue oder kleine Parteien, die noch keine oder wenig Mittel der öffentlichen Hand erhalten, dürfen aber nicht vom demokratischen Wettbewerb ausgeschlossen werden.

Soll der Rechnungshof die Finanzen von Parteien in Zukunft direkt prüfen dürfen? (Das umfasst auch eine Einsicht in die Bücher.)

FPÖ: Nein. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer soll diese Tätigkeit einmal pro Jahr durchführen und das Ergebnis dem Rechnungshof übermitteln (Wie bisher). SPÖ: Sobald konkrete Vorschläge vorliegen, sind wir gesprächsbereit. JETZT: Ja. NEOS: Ja.

Soll der Rechnungshof darüber hinaus auch die Finanzgebarung von Parlamentsklubs, Vorfeldorganisationen und Bünden der Parteien direkt prüfen dürfen? (Das umfasst auch eine Einsicht in die Bücher.)

FPÖ: Nein. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer soll diese Tätigkeit einmal pro Jahr durchführen und das Ergebnis seiner Prüfung dem Rechnungshof übermitteln (Wie bisher). SPÖ: Sobald es konkrete Vorschläge gibt, sind wir gesprächsbereit. JETZT: Ja. NEOS: Ja. Nur so sind transparente Parteifinanzen möglich.

Sollte illegale Parteienfinanzierung ein Strafrechtstatbestand werden?

FPÖ: Nur bei exorbitanten Gesetzesverletzungen – also systematischem Bruch des Gesetzes. SPÖ: Ja, obwohl es bereits strafrechtliche Bestimmungen gibt, die im Zusammenhang mit illegaler Parteienfinanzierung greifen. JETZT: Ja. NEOS: Ja.

Soll der Schwellwert zur unverzüglichen verpflichtenden Meldung von Großspenden von 50.000 Euro abgesenkt werden? Wenn ja: Auf welchen Betrag?

FPÖ: Durch die Senkung der Spenden-Obergrenze auf maximal 3.500 Euro pro Jahr erübrigt sich das. SPÖ: Die SPÖ ist für ein Verbot von Großspenden. JETZT: Sollte eine andere Fraktion darauf bestehen, ist eine Zustimmung unsererseits denkbar. NEOS: Wichtiger als die Senkung des Schwellenwerts erachten wir eine sehr viel raschere Veröffentlichung aller Spenden. Bei NEOS wird jede Spende veröffentlicht, ab 3.500 Euro werden die Namen automatisch mit angegeben. In der Regel gelingt es uns, die Einnahmen und Ausgaben am Beginn des folgenden Quartals vollständig online zu stellen. Einer Senkung des Schwellenwerts, etwa auf 10.000 Euro, stehen wir zusätzlich offen gegenüber.

Sollen Parteien dazu verpflichtet werden, sämtliche Vermögens- und Schuldenstände zu veröffentlichen?

FPÖ: Ja, wenn auch deren nahestehenden Organisationen erfasst werden. SPÖ: Nein. JETZT: Nein. Das System der Rechenschaftsberichte soll beibehalten werden, ergänzt durch echte Prüf- und Kontrollrechte des Rechnungshofs, die auch Vorfeldorganisationen miteinschließt. NEOS: Es müssen jedenfalls alle laufenden Einnahmen und Ausgaben veröffentlicht werden. Über eine Art Bilanzierungspflicht von Parteien und den ihnen zurechenbaren Organisationen, Vereinen und Bünden kann man – vor allem mit Blick auf mögliche Firmen und Medien-Beteiligungen, – in einem nächsten Schritt diskutieren.

In vielen Staaten sind Parteien verpflichtet, bereits eine Woche vor dem Wahltag Details zur Wahlkampffinanzierung – sowohl Einnahmen als auch Ausgaben betreffend – in einer vorläufigen Offenlegung zu publizieren. Können Sie sich eine solche Regelung auch für Österreich vorstellen?

FPÖ: Wir würden eine derartige Regelung unterstützen. SPÖ: Die SPÖ tritt dafür ein, dass die Parteien separate Wahlkampfkostenberichte innerhalb von drei Monaten liefern müssen und die Frist für den Rechnungshofes zur Prüfung ebenfalls drei Monate beträgt. JETZT: Eine Regelung zur vorzeitigen Veröffentlichung findet jedenfalls unsere Zustimmung. NEOS: Ja. Bei den EU-Wahlen haben NEOS alle zwei Wochen den aktuellen Stand der Einnahmen und Ausgaben publiziert.

Sollen Vereine und Unterstützungskomitees, die Werbemittel oder Wahlkampfveranstaltungen für einen Kandidaten oder eine Partei finanzieren, von Offenlegungspflichten umfasst werden?

FPÖ: Ja. SPÖ: Unterstützungs- und Personenkomitees jedenfalls. JETZT: Ja. Eine Ausweisung als Spende ist in diesen Fällen grundsätzlich schon jetzt gesetzlich vorgeschrieben. Bisher war jedoch das Problem, dass bei Nichtausweisung nur ein sehr geringes Risiko drohte, dass dies auch ans Licht kommt. NEOS: Ja. Nur so können Umgehungskonstruktionen verhindert werden.

Können Sie sich vorstellen, Spenden von Unternehmen und Institutionen, die direkt oder indirekt von der öffentlichen Hand kontrolliert werden, zu verbieten?

FPÖ: Ja. SPÖ: Ja. JETZT: Besonders wichtig und deshalb auch in unserem Antrag vorgesehen, ist die Ausweisung von Zuwendungen der Kammern an die Parteien oder parteinahe Organisationen als Spende. Die bisherige Ausnahme einer Offenlegung ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. NEOS: Ja.

Gibt es darüber hinaus weitere Maßnahmen zum Thema, die Sie vorschlagen?

FPÖ: Sämtliche Ausgaben, die von Vereinen in Wahlkampfzeiten für Parteien getätigt werden, sollen ebenfalls in die Wahlkampfkostenaufstellung der Partei eingerechnet werden. SPÖ: Wir plädieren mit dem Argument des Lückenschlusses für eine Einbeziehung nicht territorialer Gliederungen (insbes. die ÖVP-Bünde) von Parteien in das Parteiengesetz. JETZT: Eine Verletzung der Wahlkampfkosten-Obergrenze sollte eine Verringerung der Parteiförderung im Ausmaß der Überschreitung automatisch nach sich ziehen. Und: Halbierung der im internationalen Vergleich viel zu hohen österreichischen Parteienförderung. NEOS: Es braucht deutlich schwerwiegendere Sanktionen bei Überschreiten der Wahlkampfkosten, damit sie abschreckend wirken. Wir haben daher einen Antrag eingebracht, bei Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze 150 Prozent des Überschreitungsbetrags zu zahlen. Die Einhaltung der Wahlkampfkosten-Obergrenze muss zumindest ab dem Zeitpunkt gelten, ab dem ein Antrag auf Neuwahlen vorliegt, nicht nur drei Monate vor der Wahl. Die Parteienförderung gehört drastisch reduziert – in Schritten bis um die Hälfte. Die Rechenschaftsberichte der Parteien gehören um die zurechenbaren Organisationen erweitert. So finden sich derzeit etwa im Rechenschaftsbericht der ÖVP keine Angaben zu den Bünden, die im Europawahlkampf massiv Ausgaben getätigt haben.