Die Februar angekündigte Impfpflicht wirft mehr Fragen auf, als die Regierung beantwortet.
Österreich

Impfpflicht: Droht Hardcore-Verweigerern am Ende Haft?

Ein paar Szenarien, was auf unbeugsame Impfgegner ab dem 1. Februar so alles zukommt.

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Die für 1. Februar angekündigte Impfpflicht wirft täglich mehr Fragen auf, als die Regierung beantwortet. Im Grunde ist bisher nur bekannt: Der Impfstoff wird nicht per Zwang verabreicht - auch wenn besonders wirre Impfgegner vor geheimen Spritz-Touren der Behörden warnen. Eine Impfung mit physischer Gewalt wäre wohl nur gegen Killerviren wie Ebola denkbar, die zu 80 Prozent tödlich sind.

In Österreich droht Ungeimpften nach den bisherigen Plänen „nur“ eine Verwaltungsstrafe. Sie bekommen einen Termin oder eine Deadline für die Impfung verpasst. Pfeifen sie drauf, droht eine Verwaltungsstrafe von ein paar Hundert Euro bis maximal 3600 Euro. profil hat mit Peter Bußjäger Szenarien durchgespielt, was Hardcore-Impfverweigerern in letzter Konsequenz droht.

Der Verwaltungsrechtsexperte rechnet damit, dass die Strafen von der Bezirksverwaltungsbehörde direkt eingetrieben werden. Das geht bis zu einer Strafhöhe von 600 Euro. Die Strafe wird an die Einkommensverhältnisse angepasst sein, aber jedenfalls „spürbar“. Mit einer paar Hundert Euro ist zu rechnen, denn über 50 Euro würden Impfgegner wohl herzlich lachen und die Strafverfügung auch noch stolz posten. Über der Grenze von 600 Euro müsste die Strafbehörde zuvor noch ein Ermittlungsverfahren einleiten, was die Sache umständlicher machen würde.

Kein Freikauf möglich

Szenario 1: Ungeimpfte zahlen die Strafe, bleiben aber unbeugsam. Dann flattert mit einem gewissen zeitlichen Abstand der nächste Impftermin ins Haus. Für Bußjäger ist es undenkbar, dass sich Ungeimpfte einmalig von der Impfpflicht freikaufen können. Denn sie ist verfassungsrechtlich nur durch ein Ziel legitimiert: die Pandemie durch eine möglichst hohe Impfquote einzudämmen. Lassen Impfgegner den Termin erneut verstreichen, folgt die nächste – dann wohl höhere – Strafe. Bis maximal 3600 Euro.

Wenn der Kuckuck klopft

Szenario 2: Ein Impfgegner zahlt nicht. In diesem Fall passiert dasselbe wie mit Parksündern, die Parkstrafen automatisch in den Müll schmeißen. Irgendwann wird die Strafe durch die Gerichtsvollzieher eingetrieben. Das geht entweder durch Pfändung von verwertbaren Gegenständen – vom Auto bis zur Bildersammlung - oder durch eine Lohnpfändung. In beiden Fällen sind die Gerichtsorgane angewiesen, behutsam vorzugehen. Das heißt, die Türe nicht vor den Nachbarn aufzubrechen oder Lohnpfändungen betriebsintern an die große Glocke zu hängen. Den Zutritt können sich Gerichtsvollzieher aber sehr wohl per Zwang verschaffen. Auf Pfändungsmarken ist der Bundesadler abgebildet, weshalb sie umgangssprachlich als „Kuckuck“ bezeichnet wird.

Gepfändet wird nicht bis zum letzten Hemd, sondern nur bis zu einer Untergrenze, die fürs Überleben als notwendig erachtet wird. Dabei werden auch Unterhaltspflichten berücksichtigt, damit keine Dritten wie Kinder oder Ehepartner über Gebühr zu Schaden kommen.

Ersatzfreiheitsstrafe auch für Impfgegner

Eine Pfändung bis zur Existenzgrenze heißt aber nicht, dass die verbleibende Schuld gegenüber dem Staat automatisch erlischt. Geldstrafen werden notorische Schuldner nur durch eine Ersatzfreiheitsstrafe los. Das heißt: Reicht die Pfändung nicht aus zur Tilgung, droht die Zelle. „Ersatzfreiheitsstrafen kommen in der Praxis gar nicht so selten vor. Selbst nach unbezahlten Parkstrafen“, sagt Bußjäger. Es ist für ihn unvorstellbar, Impfverweigerer von einer drohenden Ersatzfreiheitsstrafe auszunehmen. „Mit welcher Begründung? Verwaltungsstrafe ist Verwaltungstrafe“, sagt der Experte.

Für jede Geldstrafe ist - für den Fall der Nichtzahlung - eine Ersatzfreiheitsstrafe anzuordnen. Diese wird voraussichtlich zwei Wochen nicht übersteigen dürfen. Ersatzfreiheitsstrafe und Geldstrafe müssen in einem vernünftigen Verhältnis stehen, fixen Umrechnungsschlüssel gibt es keinen. Sich demonstrativ gleich in Haft zu begeben und den Märtyrer zu spielen, anstatt einer Geldstrafe oder Pfändung, ist nicht möglich. Es gibt keine Wahlmöglichkeit.

Ist die Strafe gezahlt oder abgesessen, das Auto gepfändet oder ein Teil des Lohnes einkassiert, die Impfung aber noch immer nicht absolviert, geht das Spiel von vorne los.

Es folgt ein neuer Impftermin. Eingeschrieben. Und vielleicht gezeichnet mit:

MFG - mit freundlichen Grüßen.

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.