„In der SPÖ dominiert eindeutig die Pro-Israel-Haltung“
„Der als Israel-Kritik getarnte Antisemitismus, der vor allem bei der Linken vorzufinden ist, setzt Jüdinnen und Juden in Österreich besonders zu.“ So begründete Eli Rosen, Präsident der jüdischen Gemeinde Graz,
die Ausladung der KPÖ für die Gedenkfeierlichkeiten anlässlisch des 85. Jahrestages des Novemberpogroms 1938 am 8. November. Die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr zeigte sich überrascht und betonte die „unverbrüchliche Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinde“. In der SPÖ sorgen die Umtriebe des marxistischen Vereins „Der Funke“ für anhaltende Kritik. Der Verein ist Stammgast bei Pro-Palästina-Demos und agitiert dort gegen den „Terror- und Apartheid-Staat Israel“. Die Sozialistische Jugend Vorarlberg und Wien-Alsergrund wurden offenbar von dem Verein gekapert. So ist der Funke des linken Antisemitismus nun auch auf die SPÖ übergesprungen.
Welche Abzweigungen haben Sozialisten generationsübergreifend genommen, um in einer potenziell antisemitischen Ecke zu landen? Streng genommen haben linke Gegner des Staates Israel nie eine Abzweigung genommen, sondern verharren in alten Schwarz-Weiß-Mustern aus der Zeit des Kalten Krieges. Darin sind die USA der Hort des weltweiten Finanzkapitalismus, eine imperialistische Allmacht, die alle Länder an der Peripherie unterdrückt. Diese Folie wird über den Nahost-Konflikt gelegt. Nicht umsonst definieren sich Pro-Palästina-Gruppen als „antikapitalistisch, antikolonialistisch, antirassistisch“. Dieses simple Gut-Böse-Schema erscheint in einer multipolaren Welt anachronistisch, fixt junge Linke aber wieder verstärkt an.
Der linke Publizist Robert Misik (57) trug in seiner Jugend selbst den schwarz-weiß-gemusterten Palästinenser-Schal („Pali-Tuch“), damals linkes Modestatement wie das Che-Guevara-Leiberl. Heute kann er mit der „linksradikalen Folklore“ der sehr kleinen Pro-Palästina-Fraktion nichts mehr anfangen. Ein Antisemitismusproblem sieht er auf die SPÖ nicht zukommen. „In der österreichischen Sozialdemokratie dominiert eindeutig die Pro-Israel-Haltung.“ Das habe auch mit der historischen Mitverantwortung Österreichs für den Holocaust zu tun – und mit der Überzeugung, dass Juden ein „Heimatstaat“ zustehe. „Deutschland und Österreich sind Ausnahmen. Im Rest der Welt ist die Pro-Palästina-Haltung sicherlich viel größer.“ Das ist einer der Gründe, warum in Österreich höchstens tausend, in London aber 100.000 Menschen gegen Israel auf die Straße gehen.
In Österreich organisierten unmittelbar nach dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober eine Handvoll Altlinker und junger Aktivist:innen Demos pro Palästina – und gegen Israel. Sie nennen sich „Palästinenser Solidarität Österreich“ (PSÖ) und stehen BDS nahe, einer internationalen Kampagne, die Israel als Kolonialmacht brandmarkt und wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will. Die Demo der PSÖ am 11. Oktober wuchs sich aus. An die 400 Menschen – darunter viele junge Araber – strömten am Stephansplatz zusammen und skandierten mitunter auch Parolen zur Vernichtung des Staates Israel, während am Ballhausplatz der jüdischen Opfer gedacht wurde.
Hinter PSÖ stehen Altlinke wie der 54-jährige Wilhelm Langthaler, bei BDS ist die junge Nicole S. aktiv, die in der aktivistischen Szene einst als feministische Influencerin gefeiert wurde. In der Welt der beiden werden die Hamas-Gräueltaten zum „kräftigen Akt des palästinensischen Widerstandes“ umgedeutet. So steht es auf der PSÖ-Seite zu lesen. Wer daran anstreift, hat auch am linkesten Rand der SPÖ keine Zukunft.