Österreich

Infofreiheit: Ausnahmen häufiger als die Regel

Das angekündigte Informationsfreiheitsgesetz verspricht mehr Transparenz. Dabei ist die durchschnittliche Gemeinde von den vorgesehenen Regeln ausgenommen.

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„Große Enttäuschung“ oder „Meilenstein“? Die Meinungen zum gestern vorgestellten Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes divergieren stark. Der Grund: Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen sollen von den vorgesehenen Regelungen ausgenommen werden.

Der Entwurf sieht demnach vor, dass Informationen von allgemeinem Interesse aktiv veröffentlicht werden müssen. Dazu gehören unter anderem Studien, Gutachten, Umfragen, Stellungnahmen oder Verträge. Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen sind von dieser Pflicht befreit, können jedoch Informationen freiwillig bereitstellen. Damit fällt die durchschnittliche österreichische Gemeinde in puncto Transparenz-Verpflichtung durchs Raster.

Diese Ausnahme umfasst einen Großteil der österreichischen Gemeinden. In 1.819 von insgesamt 2.093 Gemeinden wohnen weniger als 5.000 Menschen, nur rund 13 Prozent der Gemeinden sind also künftig zur proaktiven Veröffentlichung verpflichtet.

Der Datenjournalist Peter Sim hat unter Mitarbeit von Angelika Hinteregger ausgerechnet, welche Parteien in jenen Gemeinden dominieren, die laut Gesetzesentwurf von den neuen Regeln ausgenommen sind.

Die Auswertung zeigt: Vor allem ÖVP-Gemeinden profitieren von der 5.000-Einwohner:innen-Grenze. Während noch 61 Prozent der Gemeinden unter der Grenze ÖVP-regiert sind, ist es nur mehr die Hälfte jener mit mehr als 5.000 Einwohner:innen. 

Vizekanzler Kogler verteidigte diese Ausnahmen zuletzt im Rahmen seiner Dialogtour in Kärnten, für kleinere Gemeinden würde das Gesetzt einen mitunter schwer zu stemmenden Verwaltungsaufwand bedeuten: „Sie können es schon von alleine machen. Früher oder später wird es dort Pflicht werden. Die haben nur andere Einführungssorgen und da darf man schon mal darauf Rücksicht nehmen.“

Eine Recherche in Kooperation mit Peter Sim und Angelika Hinteregger

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

war bis Oktober 2024 stv. Online-Ressortleitung und Teil des faktiv-Teams.