Transparenz

Interessenskonflikt? Viele Landtagsabgeordnete arbeiten als Beamte

Die vielen Nebenjobs der Abgeordneten: Mehr als die Hälfte von ihnen sind in der Gemeindepolitik und im öffentlichen Dienst aktiv. Passt das mit der Gewaltenteilung zusammen?

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Wenn Michael Ludwig in den Wiener Landtag schreitet, sind ihm zumindest zwei Abgeordnete untergeben: Aslıhan Bozatemur und Christian Deutsch arbeiten für das Büro des roten Bürgermeisters und sind gleichzeitig SPÖ-Landtagsabgeordnete. 

Zu ihrem Abgeordnetengehalt von 8609,60 Euro brutto im Monat verdient Bozatemur als Referentin für Internationales zwischen 1151 und 4000 Euro dazu, Deutsch als Leiter der Bereiche Strategie und Projekte zwischen 4001 und 8000 Euro. So ist es in der Unvereinbarkeits- und Transparenzliste nachzulesen, in der die Nebeneinkünfte von Mandataren nach Einkommensklassen ausgewiesen sind.

Bozatemur und Deutsch sind jedoch keine Einzelfälle. Mit wenigen Ausnahmen dürfen Abgeordnete in Österreich dazuverdienen, sie müssen es nur melden. profil hat mit der Unterstützung der Transparenzplattform „Meine Abgeordneten“ die Nebenbeschäftigungen der 320 Landtagsabgeordneten aus Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol, Salzburg und Kärnten analysiert. Da in der Steiermark, in Vorarlberg und im Burgenland eben erst gewählt wurde, wurden diese Bundesländer aus der Analyse ausgeschlossen.

Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte (54,7 Prozent) der Landtagsabgeordneten bezieht neben dem Abgeordnetengehalt einen Zuverdienst von der öffentlichen Hand: als Bürgermeister, Beamte oder als Kammer-Funktionäre. Zum Vergleich: Nur etwas mehr als ein Drittel (36,9 Prozent) der Abgeordneten arbeiten in der Privatwirtschaft. Lassen sich Landtagsmandate und öffentlicher Zuverdienst so leicht vereinbaren?

Unter den zahlreichen Multifunktionären im Land sticht einer besonders heraus. Reinhard Teufel, einer der engsten Vertrauten von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er hält als Klubobmann im niederösterreichischen Landtag (Bezug 10.351 Euro) die schwarz-blaue Koalition in St. Pölten am Laufen. Für Teufel kein Vollzeitjob: Neben seinen ehrenamtlichen Parteifunktionen ist Teufel Aufsichtsrat bei der Breitband Holding GmbH, der Wirtschaftsagentur Niederösterreichs und Delegierter der OÖ Wechselseitige Versicherung.

Seit Anfang des Jahres sitzt er wieder im Gemeinderat seines Heimatortes Gaming (Bezirk Scheibbs). Zudem hat er den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen und die Försterausbildung absolviert. Nebenher leitet der vierfache Vater die Agrargemeinschaft Lackenhof, die 121 Hektar verwaltet. 

Zeitweise war Teufel auch im FPÖ-Parlamentsklub in Wien beschäftigt. Inzwischen scheint diese Rolle in der Transparenzliste nicht mehr auf – auf einer Liste der FPÖ-Klubmitarbeiter von Ende 2024 ist allerdings auch Teufel zu finden. Eine Anfrage von profil zu seinen Nebenjobs beantwortete er nicht.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und mag Grafiken. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.