Ludwig Adamovich

profil-Interview: Adamovich kritisiert VfGH-Kritiker

Ex-VfGH-Präsident Adamovich nennt Wahlaufhebung "unvermeidlich".

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In einem Interview in der aktuellen profil-Ausgabe weist der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich, Kritik an der Entscheidung des VfGH, die Bundespräsidenten-Stichwahl zu annullieren, zurück. Adamovich: „Die Aufhebung der Stichwahl war, wie mir scheint, nach der bisherigen Judikatur unvermeidlich.“ In der „langen Judikaturkette des Gerichtshofs zur Aufhebung von Wahlen“ habe sich „der Gedanke einer peniblen Auslegung“ verfestigt. An diese habe sich der VfGH gehalten.

Dass Kritiker wie der Verfassungsrechtler Heinz Mayer die VfGH-Entscheidung wörtlich als „Fehlurteil“ bezeichnen, hält Adamovich „nicht für gut“. Es irritiere ihn, „dass manche Kritiker unterstellen, der Verfassungsgerichtshof hätte sich aus Furcht vor der Reaktion der FPÖ nicht getraut, den Antrag auf Aufhebung abzuweisen“. Diesen Vorwurf halte er für ebenso „unzulässig“ wie die „indiskutable Wortwahl mancher Kritiker“ und „Andeutungen, der Gerichtshof hätte angeblich seine dunklen Gründe gehabt, so zu entscheiden“.

Skepsis gegenüber statistischer Methoden

Skepsis zeigt der frühere VfGH-Präsident auch gegenüber der Kritik, der VfGH habe die gegen Null tendierende Wahrscheinlichkeit ignoriert, dass die festgestellten Schlampereien den Wahlausgang tatsächlich beeinflussen konnten. Adamovich: „Bisher ist niemand auf die Idee gekommen, solche statistischen Methoden ins Spiel zu bringen. Darüber sollte man sachlich diskutieren. Es bewegt sich meiner Meinung nach aber an den Grenzen der Zumutbarkeit für Richter, wie weit man mathematisch-statistische Überlegungen anstellt.“

Das Amt des Bundespräsidenten hält Adamovich trotz der Verschiebung des Wahltermins für nicht beschädigt: „Es hat nur Kratzer. Es wird vom Geschick des nächsten Bundespräsidenten abhängen, wie lange diese sichtbar bleiben.“