Mädchen mit Kopftuch nehmen an Schulunterricht teil
Morgenpost

Ist der Islam-Anteil an Wiener Schulen übertrieben?

35 Prozent der Wiener Volksschülerinnen und -schüler sind Muslime. Aber darf man das überhaupt so sagen?

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Eine neue Statistik sorgt seit Tagen für Aufsehen. 35 Prozent der Wiener Volksschülerinnen und -schüler sollen Muslime sein. Das wiederum würde bedeuten, sie bilden die religiöse Mehrheit in den Schulklassen. In den Kommentaren einiger Medien lösten die veröffentlichten Zahlen hitzige Debatten aus, weil manche Userinnen und User von falsch veröffentlichten Daten sprachen, die absichtlich reißerisch klingen sollten. 

Der Grund für die Annahme ist, dass Kinder mit islamischem Religionsbekenntnis in der Statistik zusammengerechnet wurden. Sunniten als auch Schiiten. Die Christen hingegen wurden in die jeweiligen Konfessionen unterteilt. In Katholiken, Orthodoxe, Evangelen, etc. Zählt man alle christlichen Konfessionen zusammen, kommt man auf ein Ergebnis von 37,5 Prozent. Das gehe in der Statistik aber nicht konkret hervor, finden einige User.

Keine Unterscheidung der Konfessionen

Warum bei den Muslimen alle Konfessionen zusammengefasst werden, hat mit der islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) zu tun. Sie unterscheidet nicht zwischen den Sunniten und Schiiten, weil Zweitere nur einen sehr geringen Anteil ausmachen, der weit unter zehn Prozent liegt, heißt es. Durch den Zuzug von Menschen mit afghanischen Wurzeln sei ein gewisses Plus an schiitischem Bekenntnis zu bemerken, der überwiegende Anteil bleibt aber sunnitisch. Das bedeutet, dass die muslimischen Volksschulkinder, egal ob sunnitische oder schiitisch, mit demselben Religionsbekenntnis, nämlich "islam. (IGGÖ)", an den Schulen eingetragen sind. Österreichweit sind das mehr als 101.000 Schülerinnen und Schüler.

Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Konfessionen ist die Ausprägung ihrer Religiosität. Das zeigt schon ein ÖIF-Forschungsbericht aus dem Jahr 2019. Muslimische Kinder und Jugendliche schätzen sich selbst deutlich öfter als „ziemlich bis sehr religiös“ ein, unabhängig davon, ob sie Sunniten oder Schiiten sind. Bei jungen Muslimen aus Afghanistan (vorwiegend schiitisch), Syrien oder Tschetschenien sind es durchschnittlich 70 Prozent, die sich für „sehr religiös“ halten. Im Vergleich dazu sind es bei jungen Menschen ohne Migrationshintergrund, häufig katholisch oder evangelisch, nur knapp 30 Prozent.

Sollten Sie noch mehr zum Thema Islam und Katholizismus lesen wollen, empfehle ich Ihnen den Artikel von meiner Kollegin Clara Peterlik. Sie hat die Antonskirche in Wien-Favoriten besucht, die mit islamischen Sprüchen beschmiert wurde.

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Innenpolitik-Redakteurin bei profil. War davor bei der „Kleinen Zeitung“.