30 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs
Ein Gang durch die neu gestaltete Ausstellung „Schauplatz Eiserner Vorhang“ im Schloss Weitra im Waldviertel lässt den Schrecken des Grenzzaunes, der Europa von 1945 bis 1989 in zwei Hälften teilte, spürbar werden. Es war zugleich eine tote wie auch eine Todesgrenze, die jahrzehntelang Bestand hatte. Bis heute ist nicht einmal die Zahl der Opfer, welche die Flucht aus der damaligen CSSR und Ungarn nach Österreich nicht überlebten, bekannt. Es sollen mehr als tausend Personen gewesen sein. Viele wurden erschossen oder ertranken im Grenzfluss March.
Am 2. Mai 1989 begann die damalige KP-Regierung in Ungarn mit dem Abbau der Grenzanlagen. Denn zuvor hatten – mit Ausnahmen- alle Ungarn Pässe für Reisen ins westliche Ausland erhalten. Da machte der teure Erhalt der teuren Sperranlagen keinen Sinn mehr. Es sollte auch der Anfang vom Ende des Kommunismus werden. Am 9. November 1989 fiel auch die Berliner Mauer.
Podiumsdiskussion zum 30. Jahrestag
Am 1. Mai 2019 fand in Weitra eine Podiumsdiskussion zum 30. Jahrestag des Endes des „Eisernen Vorhangs“ statt. Der ungarische Außenminister Geza Jeszenszky erinnerte an seine Schulzeit: Weil seine Klasse 1957 eine Gedenkfeier für die Opfer des ungarischen Aufstands 1956 organisiert hatte, durften die Maturanten kein Universitätsstudium beginnen. Ende der Achtziger Jahre wurde Jeszenszky in der neuen Oppositionsbewegung des „Demokratischen Forums“ (MDF) tätig. Österreich war damals für viele Ungarn ein Vorbild. „Viele Landsleute wollten nicht so sehr die Demokratie als den Reichtum Österreichs erreichen“, witzelte Jeszenszky, der ein Metallschild vom ungarischen Grenzzaun mitbrachte.
Auch Monika Dienstbierova, die Tochter des Dissidenten und späteren tschechoslowakischen Außenministers Jiri Dienstbier, erinnerte an die Überwachung der Familie durch Geheimpolizisten. „Mein Vater machte sich oft über die Dummheit der Polizisten lustig“. Bei Razzien schmuggelte sie mit Geschwistern kompromitierende Dokumente schnell durch die Scheune des Sommerhäuschens. Dienstbierova durfte 1984 in Österreich studieren, musste aber ihre Staatsbürgerschaft aufgeben.
Der österreichische Fotograf Bernhard Holzner fotografierte am 2. Mai 1989 an der österreichisch-ungarischen Grenze bei Hegyeshalom, wie Arbeiter mit der Demontage des Stacheldrahtverhaus begannen. Für die Fotos von diesem Ereignis – immerhin trennte 44 Jahre lang der Eiserne Vorhang Europa in einen West- und Ostblock – gab es jedoch weltweit keine Resonanz. „Ich habe gedacht, meine Bilder würden weltweit auf der Titelseite erscheinen“, so Holzner. „Aber sogar die österreichsichen Zeitungen hatten das Ereignis verschlafen.“
Bilder gingen um die Welt
Enttäuscht und verärgert beklagte sich Holzner beim Pressesprecher von Alois Mock. Die Folge war ein gemeinsamer Pressetermin am 27. Juni, an dem Mock mit seinem ungarischen Amtskollegen Gyula Horn den Stacheldraht des Eisernen Vorhangs bei Klingenbach durchschnitten. Diesmal gingen die Fotos und TV-Bilder um die Welt. Tausende DDR-Bürger machten sich auf den Weg nach Ungarn, weil sie eine Chance auf Flucht in den Westen witterten. Aber erst Anfang September 1989 ließen die Ungarn alle DDR-Bürger nach Österreich ausreisen.
Das kommunistische System, das auch von Kreml-Chef Michail Gorbatschow nicht mehr erfolgreich reformiert werden konnte, endete für die Satelliten-Länder.
2004 traten acht dieser Staaten plus Zypern und Malta der EU bei. Das erfolgreiche Friedensprojekt dehnte sich weiter Richtung Osten aus.