Reportage

Kabale und Kitzbühel

Im Tiroler Nobelskiort Kitzbühel wird hitzig über illegale Freizeitwohnsitze, leistbares Wohnen und den großen Abverkauf der Heimat diskutiert.
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Wäre Kitzbühel ein Tier, dann wahrscheinlich eine Gams. Die sieht man im Tiroler Kult-Wintersportort überall. Gams auf Fahnen, Gams auf Logos, Gams auf Rotweingläsern, Gams auf Baby-Lammfellpatschen. Vor dem Büro der Touristeninformation in der Innenstadt steht eine bunte Gams-Statue, in den Reisebroschüren liest man statt Kitzbühel immer wieder „Gamsstadt“. Nun mag einem die Gams als Logo auf den ersten Blick recht alltäglich vorkommen, vielleicht sogar etwas klischeehaft. Symbolisch passt es trotzdem gut. Gämse sind Überlebenskünstler, anpassungsfähig und flink, Wiederkäuer und gefragtes Jagdwild. Kitzbühel ist das auch.

Befeuert durch die Hahnenkammrennen haben die Reichen und Schönen die Alpenregion in den letzten Jahren für sich entdeckt. Wundern muss das niemanden. Beim Lokalaugenschein Mitte April scheint die Sonne, alles blüht, im Hintergrund glitzert der Schnee auf den Berggipfeln – das Panorama sieht aus, als hätte jemand ein Stockfoto aus einem Reisekatalog herausgerissen und auf den Horizont geklebt. Der Baugrund hier ist dementsprechend gefragt, er wird regelrecht gejagt. Die Diskussionen, die das in Bevölkerung, Politik und Medien auslösen, sind wiederkehrende – um bei der Gams zu bleiben: wiederkäuende. Es geht um illegale Freizeitwohnsitze, leistbaren Wohnraum, den lokalen Wohlstand und die Frage, wem diese Stadt eigentlich gehören soll.

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.