„Schwarze Schafe”

Karmasin erstellte Persönlichkeitsprofil für ÖVP-Chef Michael Spindelegger

Regierung. Sophie Karmasin erstellte Persönlichkeitsprofil für Michael Spindelegger

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Die eine Seite von Michael Spindelegger: „Seriös, kompetent, fleißig, ruhig, sympathisch, ehrlich, vertrauenswürdig, menschlich“. Die andere: „Schwach, fad, blass, grau, unscheinbar, zurückhaltend, aussagenlos.“ Die eine Seite der ÖVP: „Partei der Wirtschaft, der Bauern, des Mittelstands.“ Die andere: „Manchmal zu konservativ, ÖVP-Politiker strahlen nichts aus, Korruptionsfälle und schwarze Schafe im wahrsten Sinne des Wortes.“

Dies sind die Kernaussagen einer Analyse zur „Wahrnehmung und Positionierung der ÖVP und Dr. Michael Spindelegger“, welche die Partei Anfang 2012 bei der Wiener Karmasin Motivforschung GmbH bestellt hatte. Jenes Meinungsforschungsinstitut also, dessen geschäftsführende Gesellschafterin (und Mitautorin der Studie) Sophie Karmasin im Dezember 2013 zur ÖVP-Familienministerin avancierte. Im Rahmen von Gruppendiskussionen hatte Karmasin ÖVP-Stamm- und Wechselwähler in Wien und Salzburg zu damals aktuellen politischen Themen befragt (Stichtwort: Sparpaket). Heraus kam ein 70-seitiges Dossier, das nichts an Aktualität eingebüßt hat. So schnitt die ÖVP bei der eigenen Klientel nicht wirklich gut ab. „Eine wahrnehmbare Entwicklung der Partei ist nur vereinzelt feststellbar“, heißt es da. Oder auch: „Besonders kritisch sehen die bis 40-Jährigen die Partei: Man hat den Eindruck, die ÖVP verharrt in alten Mustern (inkl. der Macht der Bundesländer und Bünde), die Reformbereitschaft ist nicht wirklich merkbar.“ Warum man die ÖVP wähle? „ÖVP ist das geringste Übel; wir haben immer schon die ÖVP gewählt, da denken wir nicht länger nach.“ Der Parteichef? „Nicht so populistisch wie Faymann, glaubwürdig, kompetent, ein Lächeln wie ein Lausbub.“ Aber eben auch: „Wie jemand aus der 2. Reihe; Karikaturisten tun sich bei ihm extrem schwer. Was soll man da überzeichnen?“

Karmasin empfahl Spindelegger abschließend gewisse „Optimierungen“: „Energischer, markanter werden und mehr Ecken und Kanten zeigen, um Aufmerksamkeit zu erregen; mehr Emotionalität zeigen; Mimik und Gestik in Einklang bringen.“ Manches davon scheint Spindelegger seither allzu wörtlich zu nehmen.

Die Studie war offenbar die zweite ihrer Art, Karmasin nimmt an mehreren Stellen Bezug auf eine Erhebung vom August 2011. Ob es noch eine weitere gab, ließ sich nicht klären. Das gilt auch für die Kosten. Weder das ÖVP-Generalsekretariat noch das Meinungsforschungsinstitut wollten dazu gegenüber profil Stellung nehmen. Unabhängig davon erhielt die Karmasin-Gruppe – Karmasin Motivforschung und das Gallup-Institut – zwischen 2008 und 2013 von mehreren Ministerien (zum überwiegenden Teil ÖVP-regiert) Aufträge im Gegenwert von knapp mehr als 500.000 Euro.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.