Österreich

Immer weniger Kinderärzte mit Kassenvertrag

Die Zahl der Kassenärzt:innen sinkt, die der Wahlärzt:innen nimmt zu. Dieser Trend zeigt sich auch immer deutlich in der Kinderheilkunde. Die Gesundheitskasse verspricht Besserungen.

Drucken

Schriftgröße

Derzeit sind in Österreich über 300 Kassenarztstellen unbesetzt, wie aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) vom Dezember hervorgeht. Unter „unbesetzte Planstellen“ sind solche Stellen zu verstehen, die länger als ein Quartal ausgeschrieben sind oder deren Ausschreibung pausiert wurde. Die österreichische Ärztekammer sieht die Entwicklung „mit Sorge“, wie sie auf profil-Anfrage sagt. Eigentlich wollte die Regierung bereits im Sommer gegensteuern und hundert zusätzliche Kassenstellen schaffen. Passiert ist das bisher nicht. Stattdessen geht die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) erst jetzt auf Interessentensuche –  und fördert Stellen, die schwer zu besetzen sind, mit bis zu 100.000 Euro Startbonus. Die Regierung macht für die neuen Stellen pro Jahr 50 Millionen Euro locker. Das Interesse an der „+100“-Initative sei laut ÖGK groß. Erste Anstellungen könnte es ab März 2024 geben.

Immer weniger Kinderärzt:innen mit Kassenvertrag

Besonders dramatisch ist der Mangel im Bereich der Kinderheilkunde. Der Trend, dass es immer weniger Kinderärztinnen und -ärzte mit Kassenvertrag gibt, lässt sich auch über die letzten drei Jahre statistisch bestätigen. Gab es Ende 2020 laut Gesundheitsministerium noch 257 Kinderärzt:innen, die einen Vertrag mit der Österreichischen Gesundheitskasse hatten, waren es mit Stichtag 31. Juli 2023 nur noch 244. Das entspricht einem Minus von dreizehn Kassenstellen. Im Vergleich dazu gab es in den letzten zweieinhalb Jahren 35 neue Wahlärzt:innen. Obwohl es immer weniger Kinderärzt:innen mit Kassenvertrag gibt, hat die Gesamtzahl der Ärzt:innen um sieben Stellen zugenommen. Laut den neuesten Zahlen der ÖGK (Stand 1.10.2023) gibt es österreichweit 299,5 Kassenplanstellen für Kindermedizin, von denen 14,5 noch unbesetzt sind.

Die Kinderheilkunde gehöre laut Ärztekammer neben der Gynäkologie zu den „größten Sorgenkindern“. Das liegt laut Ärztekammer daran, dass diese Fächer „besonders inkompatibel” mit dem aktuellen Kassensystem und der „Fünf-Minuten-Medizin“ seien und gerade Fachärzt:innen mehr Zeit für die Patienten bräuchten. Dazu kommt: Die Verdienstaussichten sind in der Kinderheilkunde deutlich unter dem Wert von Allgemeinmediziner:innen. Die ÖGK will den Mangel in der Kindermedizin bekämpfen. Gegenüber profil versichert die Kasse, dass bereits einige Initiativen gesetzt wurden, etwa der Ausbau von Primärversorgungseinheiten. Davon gäbe es bisher 50 in Österreich –  drei davon sind auf Kindermedizin spezialisiert. 

Förderungen von jungen Mediziner:innen

Um das Problem in den Griff zu bekommen, werden Medizinstudierenden nun Stipendien in den Fächern Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendheilkunde, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie angeboten. Das sind jene Fächer, in denen der Mangel am größten ist. Heuer wurden 50 Stipendien vergeben, die Studierenden erhalten einen Zuschuss in der Höhe von 923 Euro –  dafür verpflichten sie sich, nach ihrer Ausbildung im öffentlichen System zu arbeiten. 

Die ÖGK verspricht Entlastung für das Kassensystem. Ob die zusätzlichen Millionen daran etwas ändern werden?

Natalia Anders

Natalia Anders

ist Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Von 2009 bis 2024 Redakteur bei profil.