Mit Martin Gebhart (Kurier), Eva Linsinger (profil) und Paul Tikal (Kronen Zeitung)

Klaudia Tanner im Club 3: Vertrauensbastion Bundesheer

Das Ansehen der Politik ist nach der Affäre Thomas Schmid im Keller. Das Bundesheer zeige, wie man Vertrauen gewinnt, argumentiert Verteidigungsministerin Klaudia Tanner im Club 3.

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Manche ÖVP-Politiker scheuen derzeit Medienauftritte, seit bekannt ist, dass Thomas Schmid den Status als Kronzeuge erlangen will und deshalb auf Hunderten Einvernahme-Seiten auspackt. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner nicht. Die ÖVP-Politikerin spricht im Club 3, dem gemeinsamen TV-Format von „Kurier“, „Kronen Zeitung“ und profil, Klartext: Sie teile den Befund von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, dass Schaden an der Substanz der Demokratie verübt worden sei. Sie habe, sagt Tanner, Vertrauen in die Justiz, empfinde den „Generalverdacht gegen die Politik“ aber als schmerzlich. Mit einer Anklage gegen den ehemaligen ÖVP-Obmann und Bundeskanzler Sebastian Kurz rechnet sie nicht. Sagt aber über Thomas Schmid: „In welchem Unternehmen oder in welcher Institution gibt es das nicht, dass sich im Nachhinein die eine oder andere Person als jemand entpuppt, die man nicht in der eigenen Vereinigung haben will?“

Von einem ist Tanner überzeugt: Die Regierung mit den Grünen werde an den Enthüllungen nicht zerbrechen, die Koalitionszusammenarbeit funktioniere gut: „Wir haben die Verantwortung, durch die Krise zu führen.“ Jetzt jedenfalls gelte es, verloren gegangenes Vertrauen in die Politik wiederherzustellen – und dabei könne das Bundesheer Vorbild sein, argumentiert Tanner: „Wir haben vom vorigen Jahr auf das heurige 20 Prozent an Vertrauen dazugewonnen. Wie geht das? Indem man auf die Menschen zugeht, mit ihnen spricht, transparent und offen kommuniziert.“
Offene Worte findet die Ministerin auch für den Vorfall, der viele empörte – jenen Bundesheer-Angehörigen, der in NS-Uniform herumlief und dennoch zuerst nicht entlassen wurde: „Erschüttert“ sei sie darüber, sagt Tanner, und habe daher eine Generalweisung erteilt, dass bei Fällen von politischem Extremismus und sexueller Belästigung „Nulltoleranz walten“ könne. Zusatz: „Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass es notwendig ist, dies zu tun.“

Am liebsten spricht die Verteidigungsministerin naturgemäß über die „Trendwende“ im Bundesheer: Die enorme Summe von 16 Milliarden Euro wird in den kommenden Jahren investiert, in Gerätschaften, Schutzausrüstung und Co. Tanner sichert zu, dass diese enorme Einkaufstour ohne hässliche Begleitmusik von Waffenlobbyismus ablaufen werde: „Gerichtet an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler: Wir werden nichts kaufen und beschaffen, was wir nicht unbedingt und dringend brauchen. Wir haben die Verantwortung, dass die Einkäufe transparent passieren.“ Es werde auch jährlich dem Parlament gegenüber Bericht gelegt, was beschafft wurde.

Ohne den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, diese „Zeitenwende“, wäre diese Trendwende wohl schwerer möglich gewesen, gesteht Tanner ein. An der europäischen Ausbildungsmission für die Ukraine werde sich Österreich nicht beteiligen, legt sich Tanner fest: „Wir liefern keine Waffen, und daher bilden wir auch keine Soldaten aus. Wir sind in anderen Bereichen solidarisch mit der Ukraine.“ Das ebenfalls neutrale Irland halte das anders, das sei die  „Entscheidung des jeweiligen Staates“, argumentiert Tanner. Sie rechnet damit, dass über den Winter und wegen der Entwicklung des Ukraine-Krieges die Zahl der Kriegsflüchtlinge wieder ansteigen wird. Tanner: „Das ist eine große Aufgabe, die wir auch erfüllen.“

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin