Peter Klien im Schwitzkasten des Sicherheitspersonals auf der "Wiesn"
Österreich

Klien zum Schwitzkasten-Vorfall bei der FPÖ: “Aggressive Methoden”

Der ORF-Satiriker versucht seit Jahren, FPÖ-Chef Kickl zu interviewen. Am Oktoberfest in Hartberg kam es zur Eskalation: Ein Security ging auf den Komiker los. Im profil-Gespräch erzählt Klien von seinem schwierigen Verhältnis zu Kickl.

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Die Geschichte der FPÖ-Politiker:innen und dem Satiriker Peter Klien ist kurz erzählt: Die meisten reagieren humorvoll, einer nicht: Parteiobmann Herbert Kickl. Und das schon immer, denn lustige Begegnungen hat es zwischen dem Satire-Reporter und dem Chef der Freiheitlichen nie gegeben. Um sich zum wiederholten Mal an die Fersen des Parteichefs zu heften, sei Klien in „friedlicher Absicht” auf das Hartberger Oktoberfest gekommen.

FPÖ-Lebkuchenherzen für Peter Klien

Nachdem er im vorigen Jahr beim Parteitag der Freiheitlichen nicht hineingelassen wurde, war Klien „einfach neugierig, wie das diesmal sein würde“. Der Tag sei zunächst vielversprechend losgegangen. Dem Satiriker wurden auf der Hartberger Wiesn jede Menge blaue Lebkuchenherzen um den Hals gehängt. Offenbar hat der ORF-Star auch unter FPÖ-Wählern eine Fangemeinde. „Ich lerne sehr viele kennen, die meine Arbeit mögen, es freut mich, das mitzubekommen“, erzählt Klien. Mit Kickls Anwesenheit habe sich die gute Stimmung aber schlagartig geändert: „Er wollte die Begegnung mit mir um jeden Preis vermeiden und seit Neuestem eben mit zunehmend aggressiven Methoden“, erzählt der Satiriker.

Eskaliert ist die Situation bei einer Frage Kliens, die der blaue Parteiobmann längst kennt. Klien stellte sie dieses Mal etwas abgewandelt und wollte wissen, ob der Kuss zwischen Kickl und seiner Klassenkollegin, der Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig, mit 14 Jahren mit Zunge war. Womöglich war diese Frage zu hart, reflektiert Klien nachträglich. Normalerweise nimmt Peter Klien seine Interviewpartner in den Schwitzkasten - zumindest verbal. In Hartberg lief es anders: „Ich habe einfach versucht, ihm eine Frage zu stellen und wurde bei diesem Versuch zur Seite gezerrt, in den Schwitzkasten genommen und ja, quasi abgeführt von dem doch etwas rüden Sicherheitsmann”, erzählt der Satirie-Reporter. Am Freitagabend soll die Szene in Kliens Late-Night-Show „Gute Nacht Österreich“ gezeigt werden. 

 

Peter Klien steht da und hat FPÖ-Lebkuchenherzen umgehängt

Klien lässt nicht locker

Wer Klien kennt, weiß, dass der ORF-Komiker hartnäckig sein kann. Nach der Schwitzkasten-Vorfall startete er einen zweiten Versuch, um den Parteichef aus der Reserve zu locken. Er versuchte, sich bei der Fotowand heranzupirschen, „so wie ich es eben immer mache”. Klien: „Dass ich da oft nicht durchkomme, ist nichts Neues." Neu war allerdings, dass Klien dieses Mal „meterweise durch das Zelt geschoben wurde“, wie er erzählt. Der Sicherheitsmann habe ihm schließlich gesagt, er müsse „jetzt abhauen“. „Es war auf jeden Fall ein Schock-Moment, weil das in der Form einfach noch nie passiert ist.” Der Umgang mit Journalist:innen und dem Satiriker sei zuletzt deutlich rüder geworden, erzählt der Satire-Reporter. Abbrechen wollte Klien in diesem Moment aber nicht. Wie immer fanden sich auch später noch einige Gesprächspartner, die offen für die Kurzinterviews waren.  

 

 

Ich habe die Vermutung, dass Kickl doch sehr dünnhäutig ist und nicht gut damit umgehen kann, wenn man ihn humoristisch herausfordert. Vielleicht traut er es sich selber nicht zu, vielleicht hat er auch keinen Humor.  Auf jeden Fall möchte er nicht in seiner Inszenierung gestört werden, das ist ein zentrales Element.

Peter Klien

Hat Kickl keinen Schmäh?

Auf die Frage, warum das mit Parteichef Kickl nicht funktioniert, sagt Klien: „Das ist eine Frage, die ich ihm selbst gern stellen würde.“ Kickl sei „dünnhäutiger” als seine Polit-Kolleg:innen und möge es nicht, humoristisch herausgefordert zu werden. „Auf jeden Fall möchte er nicht in seiner Inszenierung gestört werden, das ist ein zentrales Element, vielleicht hat er auch einfach keinen Humor.“

Sein Job ist kein leichter: Immer wieder trifft er Politiker:innen und stößt sie vor den Kopf. Die meisten antworten schlagfertig, andere, wie Ex- Kanzler Sebastian Kurz- sind regelmäßig vor ihm weggerannt. Mit anderen FPÖ-Politikern hat Klien aber nie Probleme gehabt. Die Freiheitlichen haben mit ihm einen Kanal gefunden, in dem sie den Satiriker humorvoll wahrnehmen und akzeptieren können, erklärt er. Mit dem früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache oder Norbert Hofer gab es nie Probleme, auch Bürgermeister Michael Ludwig oder Landeshauptfrau Johanna Mikl- Leitner sind laut dem Satiriker „Vollprofis“, was die Interviews mit ihm betrifft. „Die haben eben Schmäh und fürchten sich auch nicht vor der Situation“, erklärt Klien. Die wiederholte Flucht von Ex-Kanzler Kurz entwickelte sich zum running gag. Bei Kickl war das bisher auch so, sagt der Satiriker, „wenn das aber in Handgreiflichkeiten umschlägt, wird die Übung schon wieder schwerer.“ Zu allen „gleich bös“ zu sein, das ist dem Satire-Reporter besonders wichtig. Das Credo lautet: Keine Bevorzugung. Seit vielen Jahren geht Klien nun auf die verschiedensten politischen Veranstaltungen. Und das kommt offenbar gut an. Ein Mann soll einmal zu ihm gesagt haben: „I schau kan ORF, aber dei Sendung schau ich ma an, weil du bist zu allen gleich bös und das gfallt ma.”

Keine Anzeige

Wichtig ist ihm die Unterstützung des ORF, der sich in einer Presseaussendung empört zeigte und das Verhalten von Kickl und dem Security als „völlig inakzeptabel“ bezeichnet.

„Es war ein Übergriff und einfach völlig unpassend, aber ich will es dabei belassen und hoffe, dass es beim nächsten Mal wieder friedlicher hergeht", erklärt Klien fast schlichtend.

Während Klien gewohnt humorvoll mit der Situation umgeht, hagelt es Kritik aus der freiheitlichen Ecke. „Diesem ORF ist wirklich nichts mehr zu peinlich”, meint Christian Hafenecker (FPÖ) in einer Presseaussendung zum Vorfall. Klien habe sich ohne Erlaubnis in den FPÖ-Bus begeben, dort haben „Medien generell nichts verloren”. Die „wehleidige” Inszenierung von Klien und ORF würde gut „in das jämmerliche Bild, das der Staatsfunk abgibt” passen. Ob der Bus dezidiert zur Partei gehöre, könne Klien im Nachhinein nicht mehr genau sagen. Im offenen Bus, der frei begehbar war, saß eine Frau, die Zippverschlüsse für die Veranstaltungsbesucher repariert habe, als Kickl schließlich mit der Frau redete, stellte sich der Satiriker einfach neben sie und richtete seine Frage an den FPÖ-Chef.

Anzeigen wird Klien die Schwitzkasten-Causa jedenfalls nicht, sagt er, obwohl ihm bereits dazu geraten worden sei.  Bei der nächsten Veranstaltung wird er es wieder versuchen. Die Hoffnung, dem FPÖ-Chef doch noch Humor zu entlocken, gibt er nicht auf.

Karolina Heinemann

hat im Rahmen des 360° JournalistInnen Traineeship für das Online-Ressort geschrieben.