Klima-Demo #FridaysForFuture: Laut Polizei 10.500 Teilnehmer in Wien
Zu den Klima-Protesten im Rahmen der Aktion "FridaysForFuture" haben sich in Wien nach Angaben der Polizei 10.500 Schüler versammelt. Dabei verliefen die Demonstrationen am Vormittag bisher völlig friedlich: "Wir sind nur mit Absperren beschäftigt", sagte Polizeisprecher Paul Eidenberger.
Große Auswirkungen hatten die Klima-Demos der Schüler unterdessen auf den ohnehin starken Freitagsverkehr in der Wiener City. Laut Harald Lasser vom ÖAMTC war der Ring zwischen dem Schwarzenbergplatz und dem Schottentor gesperrt, der Stau reichte bis zur Urania zurück. In beiden Richtungen ging auch auf der sogenannten Zweierlinie nichts, und das zumindest zwischen Lerchenfelder Straße und Stadtpark. Ebenso verstopft waren die Zufahrten in die Innenstadt wie die Rechte Wienzeile oder die Wiedner Hauptstraße.
Schüler in mehr als 100 Staaten demonstrierten
Hunderttausende Jugendliche haben am Freitag weltweit für einen radikalen Kurswechsel hin zu mehr Klimaschutz demonstriert. Kundgebungen unter dem Motto "FridaysForFuture" gab es in europäischen Metropolen wie Rom, Wien, Warschau, London und in Dutzenden deutschen Städten. Rund um den Globus waren mehr als 2.000 Kundgebungen und Schülerstreiks in mehr als 120 Staaten angekündigt.
Symbolfigur der Protestwelle ist die 16-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg, die seit August 2018 immer freitags für einen beherzteren Kampf gegen den Klimawandel demonstriert statt zur Schule zu gehen. Sie ist inzwischen zu einer Ikone für Klimaschützer rund um die Welt geworden. In vielen Städten hielten Demonstranten Schilder mit dem Spruch "Make the world Greta again" in die Höhe - angelehnt an den Wahlkampfslogan von US-Präsident Donald Trump "Make America great again" (Macht Amerika wieder groß).
Die schwedische Schülerin Thunberg, die zusammen mit Tausenden Mitstreitern in Stockholm protestierte, bescheinigte den Regierungen weltweit zu wenig Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung. Anstatt zu handeln, vergeudeten Politiker allerorten Zeit, sagte die 16-Jährige am Rande einer Demonstration vor dem Reichstag.
In einem Beitrag im britischen "Guardian" schrieb Thunberg zusammen mit anderen jugendlichen Organisatoren der Initiative "Fridays For Future": "Diese Bewegung musste kommen, wir hatten keine Wahl." Dass "etwas sehr falsch läuft", hätten ihnen die jüngsten Wald- und Buschbrände etwa in Schweden und den USA sowie die Überschwemmungen und Dürreperioden in Australien und Deutschland gezeigt. Die Erderhitzung nannten sie die "größte Gefahr, der die Menschheit jemals gegenüber stand".
Von den Erwachsenen erwarte die Bewegung nicht, dass sie der Jugend Hoffnung spende, schrieben Thunberg und ihre Mitstreiter. "Wir wollen, dass ihr in Panik geratet und handelt. Wir wollen, dass ihr euch anschließt." Konkret müsse schnell weltweit der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas organisiert werden. Subventionen für diese Art "schmutziger Energie" gehörten abgeschafft, stattdessen müsse viel mehr Geld in erneuerbare Energien fließen.
Auf Plakaten bei Protesten in Deutschland hieß es unter anderem: "Wir lernen nicht für eine zerstörte Zukunft" oder "Fehlstunden verkraften wir, Klimawandel nicht". Andere hatten Schilder dabei mit Aufschriften wie "Die Dinos dachten auch, sie hätten Zeit" und "Wäre die Welt eine Autofirma, hättet ihr sie längst gerettet".
Tatsächlich drängt die Zeit: Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC gegenüber der vorindustriellen Zeit um etwa ein Grad erwärmt, in Deutschland sogar noch etwas stärker. Die Jahre 2015 bis 2018 waren nach Analysen der Weltwetterorganisation die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl gut drei Grad wärmer. Zu den fatalen Folgen gehören mehr Hitzewellen, längere Dürren sowie mehr Stürme, Starkregen und Hochwasser. Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder aus der Tierhaltung stark reduziert werden.
Unterstützung bekommt die ursprünglich von jungen Leuten initiierte Bewegung auch aus anderen Generationen. So haben rund 20.000 Wissenschafter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Stellungnahme unterzeichnet, um dem Anliegen der Klimabewegung Nachdruck zu verleihen. Auch Eltern stellen sich mit "Parents for Future" an die Seite der Jugendlichen. Sie bitten unter anderem darum, auf Schulverweise oder andere disziplinarischen Maßnahmen zu verzichten, wenn Schüler für Proteste dem Unterricht fernbleiben.
In Neuseeland, wo die ersten Proteste weltweit anliefen, sagte Koordinatorin Sophie Handford (18): "Wir sind die, die diese Erde erben werden. Wir verdienen es, darüber mitreden zu dürfen, welche Art von Zukunft wir haben werden."
In Rom strömten Tausende Schüler zu den Kaiserforen und forderten lauthals einen Wechsel in der Klimapolitik. Dabei skandierten sie vor der historischen Kulisse und bei strahlendem Sonnenschein Sprüche wie "Wir haben nur einen Planeten" oder "Wir sind der Wandel". Auch in Indien beteiligten sich insgesamt einige hundert Schüler in der Hauptstadt Neu Delhi sowie weiteren Städten. In Gurugram, einem Vorort von Neu Delhi, trug ein Mädchen einen Kittel, auf dem "Ich will nicht ersticken" stand. Neu Delhi und Gurugram (früher Gurgaon) gehören laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO zu den 13 Städten mit der schlimmsten Feinstaubbelastung weltweit - alle 13 liegen in Nordindien.
Auch in Tschechien haben sich Hunderte Schüler an den weltweiten Protesten für mehr Klimaschutz beteiligt. Kundgebungen gab es am Freitag unter anderem in Prag, der Kohle- und Stahlstadt Ostrava (Ostrau) sowie in Liberec (Reichenberg). Der Anteil der Braunkohle an der Stromerzeugung liegt in dem EU-Mitgliedstaat immer noch bei rund 40 Prozent.
In Polen waren Demos in mindestens 29 Städten angekündigt. Vor dem Warschauer Energieministerium versammelten sich nach Medienangaben mehr als 1.000 junge Demonstranten. Zuvor waren die Jugendlichen von lauter Musik begleitet durch die Hauptstadt gezogen. Polens Regierung steht wegen zahlreicher Umweltsünden bei Aktivisten in der Kritik. Trotz schädlicher Auswirkungen für Umwelt und Klima halten die Nationalkonservativen beispielsweise an Kohle als Hauptenergielieferanten fest. Derzeit werden daraus etwa 80 Prozent des Stroms in Polen erzeugt.