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Wann Babler als Bürgermeister zurücktreten muss

SPÖ-Chef Andreas Babler blieb im Wahlkampf trotz anderer Ansagen Traiskirchner Bürgermeister. Bald dürfte er das Amt aber zurücklegen müssen – wenn er sich an die Regeln seiner Partei hält.

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Es ist ein Samstagabend im September, als sich der SPÖ-Bundesparteivorsitzende Andreas Babler via Instagram an seine Follower richtet. In Niederösterreich regnet es – und zwar so stark, dass die Schwechat und Nebenflüsse über die Ufer treten. Seit mehr als zehn Jahren managed Babler die Gemeinde Traiskirchen als Stadtchef. An diesem Wochenende, an dem viele Teile Niederösterreichs aufgrund des Jahrhunderthochwassers unter Wasser stehen, informiert Babler, wo der mobile Hochwasserschutz aufgebaut wird, welche Ortsteile wie erreichbar sind und gibt in den Folgetagen Updates: etwa, welche Spielplätze wieder betretbar sind und wo Betroffene ihre vom Hochwasser kaputt gegangenen Möbel deponieren sollen. Mit Aufgaben wie diesen könnte es aber bald vorbei sein. Grund dafür sind rechtliche, aber auch parteiinterne Bestimmungen.

Am Donnerstag in einer Woche tritt der neue Nationalrat erstmals zusammen. Dabei wird nicht nur der Nationalratspräsident oder die Präsidentin gewählt, auch die neuen Abgeordneten werden angelobt. Bereits davor überlegen sich die Parteien, wer ihre Klubs als Obleute anführen soll – und damit künftig als Sprachrohr zwischen Nationalratspräsident und Plenum fungiert. Während Parteichefs in Regierungsverantwortung meist den Kanzler oder Vizekanzler geben, fungieren sie in Opposition meist als Klubobleute. Wie zuletzt etwa FPÖ-Parteichef Herbert Kickl oder auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

Andreas Babler füllt dieses Amt derzeit nicht aus, denn er hatte nach seiner Wahl zum SPÖ-Bundesparteivorsitzenden im Vorjahr keine Möglichkeit, in den Nationalrat zu wechseln. Welche Rolle wird Babler aber künftig spielen? Was darf er und was darf er nicht?

Rechtlich ist die Situation klar. „Die Mitglieder der Bundesregierung, die Staatssekretäre, die Mitglieder der Landesregierungen (in Wien der Bürgermeister und die amtsführenden Stadträte), der Präsident des Nationalrates, die Obmänner der Klubs im Nationalrat (im Falle der Bestellung eines geschäftsführenden Obmannes dieser) und der Präsident des Rechnungshofes dürfen während ihrer Amtstätigkeit keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben“, steht im Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz. Das Bürgermeisteramt als Beruf mit Erwerbsabsicht? Verfassungsjurist Heinz Mayer führt aus: „Ausdrücklich zugelassen sind Funktionen in politischen Parteien oder parteinahen Interessenvertretungen, nicht aber in einer Gemeinde.“ Babler müsste also nicht nur im Falle einer Vizekanzlerschaft oder eines Ministeramtes seine Tätigkeit in der Heimatgemeinde aufgeben. Sondern auch, wenn er künftig den SPÖ-Parlamentsklub anführen möchte.

Bürgermeister mit Nationalratsmandat vereinbar?

Doch auch als einfacher Abgeordneter könnte Babler unter Druck kommen: Im Organisationsstatut der SPÖ Niederösterreich steht unter Paragraf 34 „Unvereinbarkeit von Mandaten und Funktionen“, dass die Ausübung mehrerer politischer Funktionen grundsätzlich im Sinne einer effizienten Funktionsausübung zu vermeiden sei. Für Nationalratsabgeordnete sieht das Statut in Punkt drei noch strengere Regeln vor: „Das Nationalratsmandat ist mit dem Mandat eines/r Landtagsabgeordneten, der Funktion eines Mitgliedes einer Landesregierung, eines/r Bürgermeisters/in, Vizebürgermeisters/in oder Stadtrates/Stadträtin von Städten oder Gemeinden mit mehr als 15.000 EinwohnerInnen unvereinbar.“ Laut Gemeindewebsite hatte Traiskirchen im Vorjahr rund 19.000 Einwohner:innen.

Da Babler auf der Bundesliste der SPÖ kandidiert hat, dürfte für ihn das Statut der Bundespartei gelten. Auch dort findet sich ein Passus zur Unvereinbarkeit von Nationalratsmandaten mit anderen Funktionen, einziger Unterschied zu Niederösterreich: Die Bundes-SPÖ sieht eine Unvereinbarkeit grundsätzlich erst ab 25.000 Einwohner:innen. Fraglich bleibt, ob die SPÖ Niederösterreich auch der Meinung ist, dass der Traiskirchner Bürgermeister nicht unter das Statut der Landespartei fällt.

Was sagt die SPÖ dazu? Das Berufsverbot, das im Falle einer Vizekanzlerschaft sowie bei der Ausübung des Amtes als Klubobmann gilt, sei selbstverständlich bekannt. „Wir wollen den entsprechenden Entscheidungen der Gremien hier aber nicht vorgreifen“, heißt es aus dem Team von Andreas Babler. Mehr Klarheit dürften die kommenden Wochen bringen, wenn die Parteichefs der SPÖ und ÖVP ihr Ergebnis der derzeit laufenden Gespräche präsentieren. Und wenn klar ist, wie sich der neue SPÖ-Parlamentsklub formieren wird – und wer diesen künftig als Obmann oder Obfrau vertreten wird.

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.