Österreich

Koalition: Vollbremsung im Pendlerland

Eigentlich wollte die Regierung die Pendlerförderung sozialer und ökologischer machen. Doch die ÖVP sagt die Reform nun ab. Im Wahljahr wird das ideologisch aufgeheizte Thema nicht angepackt.

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Knapp 20 Kilometer von Melk entfernt, mitten im niederösterreichischen Mostviertel, liegt die kleine Gemeinde Golling an der Erlauf. Schon im Jahr 1334 wurde sie als „bei den Goldwäschern“ urkundlich erwähnt, vor 130 Jahren entstand dort die „erste österreichische Seilwarenfabrik“. Diese stolze Industriegeschichte ist Vergangenheit, Golling ist kein Magnet mehr, sondern verliert an Bevölkerung. 1477 Kinder, Pensionisten und Erwerbstätige leben noch dort – und mit 683 davon pendelt ein Gros der Einwohner im erwerbsfähigen Alter aus und arbeitet woanders.

Golling ist ein Extrem-, aber kein Einzelfall. Österreich ist ein Land der Pendlerinnen und Pendler: Die Statistik Austria zählt zwischen Boden- und Neusiedler See die erkleckliche Zahl von 2,347.926 Menschen, die zum Arbeiten aus ihrer Gemeinde auspendeln. Das ist mehr als die Hälfte der vier Millionen Erwerbstätigen in Österreich. Und eine recht eindrucksvolle Macht an Wählerinnen und Wählern – mit der es sich tunlichst keine Partei anlegen will.

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin