Kriminalpolizei-Chef Holzer: Das Verbrechen wird wieder analoger
„Die klassischen Bankräuber sind so gut wie ausgestorben“, sagt Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamts (BK), bei einem Hintergrundgespräch in der Behördenzentrale in Wien. Es ist Zeit für eine Zwischenbilanz, vier Jahre nach seinem Amtsantritt. Der Salzburger, der seit 1993 bei der Polizei und seit 1996 im Kriminaldienst tätig ist, leitet die Behörde mit 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und acht Abteilungen.
2024 wurden in Österreich etwa 1400 Delikte täglich verübt, 36 Prozent davon in Wien. Die Aufklärungsquote lag bei knapp über 50 Prozent. Während die Gesamtkriminalität von 2023 auf 2024 leicht gestiegen ist, gab es bemerkenswerte Rückgänge in einigen Bereichen. Besonders auffällig: Erstmals seit einem Jahrzehnt gehen Internetverbrechen um sechs Prozent zurück.
Rückgang bei Cybercrime
Vor allem Online-Betrug, Erpressung und Delikte im Bereich der Kinderpornografie sind rückläufig. Eine Entwicklung, die Holzer positiv bewertet: „Wir sehen, dass die Sensibilisierungskampagnen Wirkung zeigen. Die Menschen fallen seltener auf Betrugsmaschen herein.“ Allerdings gab es 2024 immer noch 62.000 Fälle von Cybercrime.
Parallel dazu steigen Delikte der klassischen Straßenkriminalität. Leicht zugenommen hat die Suchtmittelkriminalität, besonders stark die Zahl der Autoeinbrüche. Dagegen verzeichnet das Bundeskriminalamt einen starken Rückgang bei der Schlepperkriminalität im Burgenland.
Polizei als Sprungbrett?
Ein Schwerpunkt bleibt dennoch die Bekämpfung der Cyberkriminalität. Trotz des Rückgangs wurden im Vorjahr satte 62.000 digitale Delikte registriert. Der Bereich wurde personell aufgestockt, die Abteilung C4 – das sogenannte Cybercrime-Competence-Center – wächst. Dass junge IT-Talente lieber in die Privatwirtschaft gehen und der öffentliche Dienst Rekrutierungsprobleme hat, verneint Holzer: Die Polizei sei für viele ein Sprungbrett: „Nach der Ausbildung wollen alle zu Google und den anderen großen Unternehmen. Dort kriegt man aber nicht so einfach einen Job. Eine Karriere bei der Kriminalpolizei macht sich gut im Lebenslauf. Viele bleiben ein paar Jahre, sammeln Erfahrung und wechseln dann weiter.“ Vielen Jungen würde es Spaß machen, online auf Verbrecherjagd zu gehen. Zwar seien die Gehälter nicht mit der Privatwirtschaft vergleichbar, doch es habe Anpassungen gegeben. Durch ein neues Gehaltsschema – die Richtverwendung IT – können Fachkräfte in diesem Bereich besser bezahlt werden.
Man habe, sagt Holzer, Experten fürs Dark Net und plane künftig auch, KI für die Ermittlungsarbeit einzusetzen – etwa für soziale Netzwerkanalysen.
Junge Straftäter und heikle Ermittlungen
Eine Herausforderung, die Polizei und Schulen gleichermaßen beschäftigt: Immer mehr unmündige Jugendliche werden straffällig. Nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich. Manche Stimmen fordern, die Strafmündigkeit zu senken. Innerhalb der Polizei ist das jedoch umstritten. Holzer hält sich aus der Debatte lieber heraus.
Holzers Amtszeit war von heiklen Ermittlungen geprägt. Die Soko Ibiza etwa – und der Konflikt mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Diese warf der Soko vor, sich stärker für die Hintermänner des Ibiza-Videos zu interessieren als für die mutmaßlichen Korruptionsdelikte, die darin thematisiert wurden. Holzer konzentriert sich in seiner Bilanz lieber auf die Erfolge. Er sagt: „Immer, wenn eine Spezialtruppe gebraucht wird, ist das Bundeskriminalamt gefragt. Unser Herzstück ist die Ermittlungsabteilung.“
Ein Punkt, auf den Holzer besonders stolz ist: In 25 Jahren Zeugenschutzprogramm sei kein einziger Zeuge „verloren“ gegangen.
Holzers fünfjähriger Vertrag läuft noch ein Jahr. Ob er bleibt, wird sich auch an der politischen Entwicklung entscheiden. Er selbst würde jedenfalls „gerne weitermachen“. Seinen Fokus will er auf internationale Kooperation, auf Rekrutierung und Digitalisierung legen. Andere Karrierepläne? Habe er nicht.