Landbauer will nicht Landeshauptfrau-Stellvertreter heißen
Ihr neues Selbstbewusstsein demonstrierten die Spitzen der FPÖ in Niederösterreich bei einer Pressekonferenz am Montag dieser Woche. Sie zogen über die ersten 95 Tage ihrer Regierungsbeteiligung im Land Bilanz - und zwar ohne den Koalitionspartner, die ÖVP.
„Ich darf den Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter bitten, mit seinen Ausführungen zu beginnen”, kündigte ein FPÖ-Sprecher den blauen Parteichef Udo Landbauer an. Landeshauptmann-Stellvertreter? Tatsächlich ist Landbauer Stellvertreter von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Demnach kann Udo Landbauer auch keinen Landeshauptmann vertreten. Seine korrekte Funktionsbezeichnung laut Bestellungsdekret vom 23. März 2023: „Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Karl Landbauer, MA”.
Die Anrede des Pressesprechers war allerdings kein Versehen, sondern entspricht der blauen Parteilinie. „Danke lieber Landeshauptmann-Stellvertreter”, übernahm auch FPÖ-Klubobmann Reinhard Teufel das Wording bei der Pressekonferenz.
Landbauer dürfte mit dem Begriff „Frau” in seinem Titel hadern. Sogar auf der Webseite des Landes Niederösterreich wurde der Begriff heimlich entfernt. Und er führt auch in vielen Postings auf Facebook und Instagram eine falsche Bezeichnung an.
Eintrag auf Website korrigiert
Immer wieder deklariert sich Landbauer auf Social Media mit der Funktionsbezeichnung „Landeshauptmann-Stv.”. In einigen Postings nennt er sich auch abgekürzt „LH-Stellvertreter”. Die offizielle Bezeichnung hingegen verwendet er nicht.
Anders ist das auf der offiziellen Webseite des Landes. „Udo Landbauer, Landeshauptfrau-Stv.” war dort noch am Tag der Angelobung Landbauers im März zu lesen. Irgendjemanden muss das gestört haben. Denn am 28. März wurde die Website bearbeitet; seitdem steht dort „LH-Stellvertreter". Diese Abkürzung verwenden die Blauen auch in offiziellen Presseaussendungen. FPÖ-Kollegen aus anderen Bundesländern scheinen es mit der richtigen Bezeichnung nicht allzu genau zu nehmen. In Presseaussendungen oder Website-Einträgen der FPÖ wird Landbauer regelmäßig „Landeshauptmann-Stellvertreter” genannt, in einem Bundesland, in dem es keinen Landeshauptmann gibt.
Konflikt um ein “Genderverbot”
Das ist bemerkenswert, legt die FPÖ in Niederösterreich doch laut Eigenangaben besonders viel Wert auf eine korrekte Verwendung der Sprache. Gender-Stern, Binnen-I und Doppelpunkt sollen in den Behörden Niederösterreichs ab Sommer Geschichte sein. Mit dieser Ankündigung sorgten die Blauen erst diese Woche für Wirbel. Das wurde von vielen als „Genderverbot” interpretiert, auch von einigen Freiheitlichen. Die ÖVP war um Kalmierung bemüht: Es werde „kein Genderverbot” geben, die Verwendung von Paarformen wie etwa „Bürgerinnen und Bürger” werde weiter zur Anwendung kommen.
Ob Landbauer in Zukunft seine korrekte Funktionsbezeichnung verwenden wird? Laut Pressestelle des Landes Niederösterreichs lautet sie: „Landeshauptfrau-Stellvertreter für Infrastruktur und Sport Udo Landbauer, MA”. Das Büro Landbauers verwies auf profil-Anfrage auf die Geschäftsordnung des Landes Niederösterreichs. Udo Landbauer wird hier mit „LH-Stellvertreter” tituliert. Die Bezeichnung Landeshauptmann-Stellvertreter findet sich dort nicht.
Fest steht: Der blaue Eiertanz um die Verwendung des Begriffs „Frau” passt ins Bild: Frauen sind in den Führungsetagen der FPÖ eine Seltenheit, abgesehen von Ausnahmen wie der Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek: Bloß 13,3 Prozent FPÖ-Abgeordneten im Nationalrat sind Frauen, in Niederösterreich sind nur zwei der 14 Mandatare weiblich.
Landbauers eigenmächtige Bezeichnung als Landeshauptmann-Stellvertreter lässt sich auch als Spitze gegenüber Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner interpretieren. Schon im Wahlkampf und während der schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen waren die persönlichen Differenzen zwischen den beiden Parteispitzen offensichtlich geworden. Das klar kommunizierte Ziel Landbauers lautete: Mikl-Leitner stürzen und Landeshauptmann werden.
Mit der Bezeichnung „Landeshauptmann-Stellvertreter” kommt er diesem Ziel zumindest semantisch ein bisschen näher.